So war es früher

Maria Ferdinand, Neroth

Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als es hier in Neroth noch keine Wasserleitung gab. Damals wie heute ist Wasser ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Alle Lebewesen und die Natur brauchen es für ihr Wachstum und zum täglichen Gebrauch. Aber die Menschen wussten sich immer zu helfen, um an dieses kostbare Gut zu kommen. So errichteten sie hier im Ort drei Brunnen an die drei Bäche, die hier durchs Dorf fließen und nutzen sie zur weiteren Wasserversorgung aus. Ein Brunnen stand auf dem Hof zur Neroburg in unserer Nachbarschaft. Er war überragt von zwei Linden, und das Ganze was ein idyllisches Dorfbild. Aus einer Gülle wurde das Wasser mit Bleirohren zum Brunnen geleitet. Er war mit einem großen Trog ausgestattet, worin sich dann das Wasser sammelte. Morgens war hier der meiste Betrieb. Mit Kannen und Eimern kamen die Leute hierher, um sich das nötige Nass für den täglichen Gebrauch zu nehmen. Oft wiederholte sich dieser Gang mehrmals am Tage. Es war schon eine schwierige Arbeit. Aber die Menschen kannten es nicht anders. Hier ruhte man sich auch mal aus und teilte sich gegenseitig seine Sorgen und Freuden; dadurch wuchsen die Menschen zusammen. Besonders geeignet war der Kump, wie er damals hieß, um die Wäsche auszuspülen. Die Bäche brachten ihren Anliegern auch viel Nutzen. Manche grenzten an eine Wiese. Dieser Vorteil wurde ausgenutzt zum Begießen der Wäsche, die zum Bleichen ausgelegt war. Ein Tümpel wurde dafür angelegt, der für uns Kinder auch ein viel begehrter Anziehungspunkt war. Hier verbrachten wir im Sommer so manche Stunde und planschten stundenlang im kühlen Wasser. Auch war er sehr nützlich für das Vieh der Landwirte. Hier im Ort hatte man drei Tränken angelegt. Morgens beim Austrieb oder abends,wenn die Rinder von der Weide kamen, löschten sie hier ihren Durst. Ferner wurde diese Anlage auch benutzt zum Waschen von Rüben und Kartoffeln. Dann hatten wir hier noch eine Wasserquelle. Unvergesslich bleibt mir die gute Quelle vom Krankenboor, die als Heilwasser bekannt war. Die hatte einen besonders guten Geschmack und die war sehr kühl. Mancher Kranke pochte auf dieses Wasser und mancher dort gefüllte Steinkrug spendete den Leidenden Hoffnung und neuen Lebensmut; es schaffte Abhilfe bei Schmerzen durch kühle Umschläge. Für die beiden Mühlen hier im Dorf waren die Bäche unentbehrlich. Diese wurden umgeleitet und füllten den Teich mit Wasser. Heute sind sie noch vorhanden und erinnern an alte Zeiten. Im Winter, wenn eine feste Eisdecke darauf war, benutzten wir Kinder sie als Rutschbahn. Das Lied „Es klappert die Mühle am rauschenden Bach" erinnert mich heute noch daran. Ende der 20iger Jahre bekamen wir die Wasserleitung. Einen Meter tiefe Gräben wurden ausgehoben und durchkreuzten das ganze Dorf. Dies wurde alles noch per Hand gemacht.

Die Wasserhähne wurden vorwiegend in der Fensternische der offenen Küche befestigt. Als dann endlich das Wasser daraus lief, war das für die ganze Familie ein magischer Moment. Ja, wie alles auf dieser Welt, hat das Wasser seine guten, aber auch schlechte Seiten. So erinnere ich mich an das schreckliche Unwetter, das Ende der 50iger Jahre über unserem Dorf wütete. Den ganzen Nachmittag brodelte es schon in der Luft und gegen Abend stießen viele Gewitter hier im Tal zusammen. Diese lösten wolkenbruchartige Regenfälle aus, die große Überschwemmungen verursachten. Die Kanäle fassten die Wassermassen nicht mehr. Die Straßen waren 40 - 50 cm überschwemmt und die Bäche waren weit über ihre Ufer getreten. Die Strömung brach sich ihren Weg und riss Scheunentore und Türen mit. Tiere und Gegenstände endeten in den Fluten. Die Feuerwehr und die meisten Einwohner waren in vollem Einsatz, denn die vielen Keller standen unter Wasser und mussten ausgepumpt werden. Zum Glück kam kein Mensch ums Leben. Es herrschte große Unruhe im Ort und es dauerte etliche Zeit, bis dieser Schaden beseitigt war.

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