Leben am alten Hillesheimer Bach

Hermann Meyer, Hillesheim

Den schönen Rhein, die Mosel mit ihren Weinbergen und die blaue Donau, die kennen doch alle. Aber einen kleinen Bach der durch den Heimatort fließt, den kennen nur wenige. Selbst alte Hillesheimer wissen nicht viel über ihn, wo er herkommt und wo er mündet. Und doch hat es dieser kleine Bach verdient auch einmal bekannter zu werden, hat er doch für Hillesheim eine nicht übersehbare Bedeutung gehabt. Begleiten wir einmal diesen Bach durch die letzten Jahrhunderte auf seinem kurzen Weg von etwa 8 km von Berndorf über Hillesheim und Bolsdorf zur Kyllmündung.

Wir suchen zunächst seinen Ursprung. Jedoch eine schön eingefasste sprudelnde Quelle finden wir nicht. Das breite etwas abfallende Wiesengelände im Berndorfer Flur nördlich von Hillesheim ist sein Ursprung. Viele kleine Rinnsale in den feuchtnassen Wiesen mit lehmigem Untergrund schließen sich zusammen zu einem kleinen Bächlein. Ein weiteres Rinnsal kommt aus dem sogen. Griespütz und verstärkt den Bach. Und so schleicht sich der neue Bach lautlos nach Süden gegen Hillesheim zu. Kleine Hecken und Sträucher umsäumen seinen Lauf und lassen in den Wiesen seine Spur erkennen.

Nach etwa zwei Kilometer erreicht er bewohntes Gebiet. Im Norden von Hillesheim füllte er einen großen Weiher, dessen Eis im Winter gebrochen wurde zur Kühlung in den Hillesheimer Bierbrauereien. Zuvor wird es im sogen. Eiskeller und im Bierkeller Valerius gelagert. Auf dem zugefrorenen Weiher ging es oft hektisch und lustig zu. Wir Kinder hatten unsere Schlittschuhe unter die genagelten Schuhe gebunden und drehten unsere Runden, bis die Absätze abbrachen und der Sport zu Ende war. Nicht weit von diesem Weiher erfüllte der Bach seinen weiteren Dienst, er traf auf eine Mühle, die erste der drei Hillesheimer Mühlen.

Sein Weg führt nun weiter vorbei an der alten Molkerei und dem Elektrizitätswerk Runge Hillesheim in die sogen. Kuhhol. Über eine breite Holzbrücke war man auf dem Schützenplatz, wo der Schützenverein seine großen Feste veranstaltete. Hier galt es ins Schwarze zu treffen und unbeschwert wieder über die Brücke zu kommen. Zur Linken des Kuhholweges stand das ehemalige „Klösterchen", ein kleines Krankenhaus der Franziskanerschwestern.

Die Abwässer dieses Hauses musste der kleine Bach nun aufnehmen und weiter mit sich führen. Dabei wurde er nach hundert Metern unterstützt durch das Wasser, das vom Alten Born an der Wiesbauemer Straße hier einfloss. Doch kaum vereinigt wartete weitere Arbeit auf das Wasser, denn hier bei der Schreinerei Meyer brachten die Bauern im Herbst ihre verschmutzten Rüben vom Feld in den aufgestauten Bach, um sie zu reinigen. Über die Straße ging es weiter vorbei am Augustinerkloster, wo die Mönche das Wasser in ihren Fischteich leiteten für ihre Forellenzucht. Sein klares Wasser sollte der Bach bald verlieren und zum weißen Bach werden. Denn die Hillesheimer Molkerei ließ ihre Molke und Abwässer in den Bach ableiten. Bisweilen wurde der Bach auch braun gefärbt. Eine Gerberei nebenan leerte von Zeit zu Zeit ihre Lohgruben ebenfalls in den Bach. Eine Kanalisation gab es ja noch nicht.

So war es nicht verwunderlich, dass sein Bachbett verschmutzt und ungepflegt war. Das Wasser musste sich oft seinen Weg durch überwuchernde Sträucher, enge Schlingpflanzen und Abfälle verschiedenster Art suchen, bisweilen auch heute noch. Nach diesen unschönen Wegerlebnissen wurde sein Wasser wieder abgeleitet über den Mühlendamm zur zweiten Hillesheimer Mühle am Eckturm der Stadtmauer. Nun sollte es etwas ruhiger weitergehen durch freies Gelände mit vielen kleinen Gärten. Gerne gab er hier den Gärtnern sein Wasser zum Bewässern und Tränken bei Trockenheit ab. Nun musste er unter dem großen Viadukt durch, das bei Kriegsende von deutschen Soldaten gesprengt wurde. Hier war er nun in der Bachwiese, vorbei am heutigen Biotopsee, den er mit versorgt. Zahlreiche Enten und Fischreiher beleben dieses Gewässer. Bevor der Bach nun in das sogen. Bolsdorfer Tälchen weiterfließt, muss er noch eine dritte Mühle unterhalb des ersten Felsens bedienen.

Von einem Esel der Mühle war bekannt, dass er ganz allein von der zweiten Mühle seine Getreidesäcke zur dritten Mühle trug und umgekehrt.

Hier im stillen ruhigen Tal, dem Erholungsgebiet der Stadt, fließt sein Wasser vorbei an markanten stolzen Felsen aus der Devonzeit vor 4oo Millionen Jahren Auf einem Barfußweg erfrischt er die müden und heißen Füße der Wanderer. Herrliche Orchideen, Natternkopf und Eisenhut und andere seltene Pflanzen, sowie bunte Schmetterlinge wie Admiral und Schwalbenschwanz oder der farbenprächtige Eisvogel und die stolzen Fischreiher und diebischen Kormorane begleiten und lieben diemunter dahinplätschernden Wasser des jetzt größer werdenden Baches. Am Ausgang des Tälchens grüßt nun die alte wertvolle Dorfkirche von Bolsdorf, vorbei am Alten Backes über die Straße zur Alten Schmiede, dem Treffpunkt der Jugend.

Still wie der Bach begonnen hat, strebt er langsam seinem Ziel zu, der großen Schwester, der Kyll. Hier ist er am Ziel, hier löst er sich auf und sein Wasser, das so viel gesehen und bewirkt hat unterwegs, vermischt sich mit dem sauberen Wasser des größten Eifelflusses: der romantischen fischreichen Kyll.

Der kleine unscheinbare unbekannte Bach hat auf seinem Weg einen Eisweiher, einen Fischteich und drei Mühlen bedient, hat viele Abwässer und Unrat mittransportiert, hat viele Pflanzen und Bäume und Gärten bewässert und hat der Landschaft ein harmonisches natürliches Bild gegeben, und das bis heute. Wahrlich ein Grund, einmal dieses kleinen Baches dankbar zu gedenken.