Eine kleine Quelle im Zitterwald

Felicitas Schulz, Hillesheim

Die Kyll durchfließt wie kein anderer Eifelbach in bunter Reihe verschiedene geologische Landstriche. Eine der Quellen entspringt im Unterdevon-Gebiet als kleines Rinnsal in einem Weinkeller in der Gemeinde Büllingen in Ostbelgien nahe einer ehemaligen Zollbaracke am Losheimer Graben in 660 m NN. Der Landgraben diente einst als Grenze zwischen dem kurtrierischem Gebiet und den luxemburgischen Besitzungen. Nach Durchfließen des Kronenburger Sees führt der Lauf der Kyll durch Gebiete der Blankenheimer, Dollendorfer, Hillesheimer und der Gerolsteiner Kalkmulden sowie der angrenzenden Salmwald-Mulde. An mehreren Stellen des Kylltales sind zu verschiedenen Zeiten des Quartärs Lavaströme in die Talsohlen geflossen. Dadurch ergeben sich wie an keinem anderen Eifeltal Möglichkeiten zur Datierung der vulkanischen und talbildenden Vorgänge. Was anfangs als schmaler Bach seinen Weg von Nord nach Süd ausrichtet, misst im Bereich von Hillesheim bei Crumps Mühle bereits 8-10 m Breite. Bei St. Thomas tritt der Fluss in das mesozoische Schichtstufenland der Trierer Bucht ein. Das Mesozoikum, das Erdmittelalter, umfasst die Perioden Trias, Jura und Kreide. Bis in die Region Speicher dehnt sich das Flussbett auf ca. 20 m aus und an der Mündung bei 130 m NN in die Mosel bei Ehrang sind es im Durchschnitt 25 m. An dem 142 km langen Flusslauf von den Ardennen bis zur Mündung säumten einst viele Mühlen die Ufer.

Es waren in der Regel Getreide-, Lohe-, Säge- und Ölmühlen, die für die Betreiber und Arbeiter ein bescheidenes Auskommen und für die Bevölkerung eine wichtige Anlaufstelle waren. Für Touristen bietet das Einzugsgebiet der Kyll mit ihren teilweisen forstwirtschaftlichen Hängen und noch landwirtschaftlich genutzten Flächen ein begehrtes Urlaubsgebiet. Gut ausgebaute Wanderwege und der streckenweise parallel verlaufende Eifelsteig offenbaren eine attraktive Landschaft. Der durchgängige, reizvolle Kylltal-Radweg ist einheitlich, gemäß den ADAC-Richtlinien, beschildert. Mit Anschluss an den Prümtal-, Ahrtal-, Kalkeifel-, Nimstal- und Moselradweg bietet er links und rechts des Ufers mit eingebauten Erlebnisschleifen Sehenswürdigkeiten. Dazu gehören Zeugnisse von römischer Kultur, denkmalgeschützte Stätten, Felsformationen, Wegekreuze, malerische Dörfer oftmals noch mit Streuobstwiesen, Kirchen, Burgen und Schlösser. Fahrradfreundliche Einkehr- und Übernachtungsbetriebe, Themenpfade, Tourist- Informationen und die mehrheitlich strecken begleitende Bahnlinie Köln - Trier ermöglichen eine breite Palette des Kennenlernens. Durch die kaum nennenswerten Verschmutzungen ist das Wasser der Kyll mäßig belastet, was auch die typischen charakteristischen Lebensgemeinschaften von Fischen des Mittelgebirgsflusses begründen. Der Wasserlauf weist mit seinem Fischreichtum nebst den bedeutsamen Nebenbächen wie Taubkyll, Wirft, Wiesbach, Tieferbach, Oosbach, Michelbach, Braunebach, Neidenbach, Aulbach, Keulenbach und Welschbilligerbach ein natürliches Artenspektrum auf. Dazu gehören die in Nord-Südrichtung vorkommende Obere und Untere Forellenregion, Äschen-, Barben- und Brassenregion. Das allgemein verbreitete Fliegenfischen in den verpachteten Strecken zeugt von großem Naturverständnis der Pächter und Angler. Im Jahre 1994 startete in Rheinland-Pfalz das Ministerium für Umwelt und Forsten die „Aktion Blau-Gewässerentwicklung", das die Verbesserung der Wasserqualität und die Wiederherstellung natürlicher oder naturnaher Gewässer landesweit verfolgt. Ein weiterer Maßnahmenkatalog (Wasserrechtsrahmenrichtlinie aus dem Jahre 2000) verzeichnet den vollständigen Rückbau von Begradigungen, Staustufen und Wehren mit dem Ziel, die natürliche Artenvielfalt und die Hochwasserschutzfunktionen der Auen wiederherzustellen. Ferner, dass Flüsse und Bäche von der Quelle bis zur Mündung durchgängig sind und die Fische ungehindert aufsteigen können. Privatpersonen, Firmen und Schulen übernahmen entlang der Kyll Bachpatenschaften und Gewässerwarte überprüfen regelmäßig die chemische und biologische Wassergüte. Im 4. Jahrhundert erwähnte der römische Dichter Ausonius in seinem Lobgedicht auf die Mosel auch die Kyll und fand lobende Worte „für ihre köstlichen Fische", was sich auch heute noch bewahrheitet.