Ohne Wasser kein Leben

Matthias Heinen, Bleckhausen

Dies war unseren Vorfahren, deren Existenz Ackerbau und Viehzucht war, stets bewusst. Entsprechend wertschätzend gingen sie mit diesem kostbaren Gut um.

Aus einem Schulbuch aus dem Jahre 1775 für die kurtrierischen Schulen erfahren wir, dass die Bedeutsamkeit des Wassers für die Menschen damals zum Unterricht der Bleckhausener Jugend gehörte. Unter dem Kapitel „Die vornehmsten Gesundheits- Sitten- und Klugheits-Regeln" lehrte man sie folgende Empfehlungen:

„In Ansehung der Wohnung und des Aufenthaltes: Man halte sich nicht auf in wüsten, zu niedrig liegenden sumpfigen und eingeschlossenen Oertern, sondern wohne in einer Gegend, wo freye und reine Luft, und wo möglich, fliessendes Wasser ist, suche daher, wenn man in einer solchen Gegend, wo stehendes und faulendes Wasser ist, wohnen muß, solches durch gezogene Gräben und andere Mittel weg zuschaffen, und dafür Aecker und Gärten anzulegen"

„In Ansehung der Speise und des Trankes: Man trinke während dem Essen, nur nicht auf Milchspeisen, und zwar nicht weniger, als man isset, man hüte sich aber sehr vor starkem Getränke, als Kaffee, Branntwein und dicken ungegorenen Bier. Das reine Wasser aus Quellen und Bächen ist das beste Getränke, man trinke aber nie aus stehenden Wässern oder verschlossenen Brunnen".

Bis zu dem zuvor geschilderten Idealfall Wasser und Mensch war es allerdings ein langer und hindernissreicher Weg für die Bleckhausener, von dem hier einige Stationen beschrieben werden sollen.

Kennt man die Eifel mit seinen Maaren und zahlreichen Bächen und Mineralquellen als eine wasserreiche Region, so war Wassermangel trotzdem für einen Ort wie Bleckhausen, welcher ca. 490 über NN zwischen Lieser und Kyll liegt, nachweisbar immer ein Thema. Bedingt durch seine Höhenlage, gab es für Bleckhausen Wasser direkt im Ort immer nur in begrenzter Menge. Außerorts, in den tieferen Lagen, verfügt Bleckhausen selbst nach allen Seiten über ausreichende Quellen und Bäche, welche jedoch wegen der Entfernung nur schwerlich genutzt werden konnten. Für die Bleckhausener war es also seit jeher wichtig, sicherlich wichtiger wie für die Orte mit einem Bachlauf, möglichst viel von dem vor Ort vorhandenem Grund- und Oberflächenwasser in Brunnen zu speichern, um möglichst unabhängig zu sein. So blieb das Brunnenbauen und -graben noch bis in die Jahre nach 1900 in Bleckhausen modern. Als um 1900 das Haus in der heutigen „Alten Poststraße 3"(damals Ortsrand) errichtet wurde, fand man nicht nur Spuren einer älteren Besiedlung, sondern auch einen verschütteten gemauerten Brunnen, den man nach dem Freilegen weiter nutzte. Selbst heute lassen sich im Ort noch über 40 solcher alten einfachen Wasserreservoire nachweisen und bei gezielter Nachforschung würde sich diese Zahl sicherlich noch um ein Vielfaches erhöhen. Sehr viele von ihnen hat man zugeschüttet oder ganz zerstört oder sind in Vergessenheit geraten, wenn sie nicht neuerdings eine neue, bessere Verwendung gefunden haben.

Die Wasserversorgung in Bleckhausen bestand also in den ältesten Zeiten nachweisbar nur aus Brunnen, die sich anfangs ausschließlich draußen im Hof befanden. Erst später, wahrscheinlich hatte man aus den Erfahrungen der Kriegszeiten gelernt, kamen die Brunnen der Sicherheit und wohl auch des Fortschritts wegen ins Haus. Aber dem insgesamt örtlichen Wassermangel konnte der „Hauspötz", allein schon wegen seiner jahreszeitlich bedingten Schwankungen an Niederschlägen, nicht abhelfen. Zu schnell war der Wasservorrat bei trockenen und heißen Sommern aufgebraucht und man musste Quellen und Bäche weit außerorts aufsuchen, um Wasser zu beschaffen. Was zu tun war, um dem Übel des Wassermangels entgegenzuwirken, wussten die Bleckhausener. Man schuf z.B. Viehtränken, die nahe genug am Ort lagen, so dass sie problemlos erreichbar waren und wo man das Vieh nach der Arbeit im Feld oder nach dem Weiden noch kurz vor der Heimkehr in ihre Ställe tränken konnte.

Eine dieser Viehtränken stand bis in die Vorkriegszeit noch oben am „Etzelbacherweg". Dieser muss aber schon sehr alt gewesen sein, denn der Volksmund unterstellte ihm, der Hunnenkönig Etzel hätte dort schon seine Pferde getränkt und deshalb würde er auch „Etzelbacherkump" genannt.

Eine weitere solche Wasserversorgungsmaßnahme ist im Beschlussbuch der Gemeinde Bleckhausen festgehalten

Verhandelt Bleckhausen, den 10. Nov. 1846: „Die Einsassen der Gemeinde Bleckhausen versammelten (sich), um in Betreff des da hier bestehenden Wassermangels, besonders des zu (für eine) einer angemessenen Viehtränke, beraten und Vorkehrungen zu treffen (und) haben nach reiflicher Beratung und Ermittelungen der in unserer Nähe liegenden Wasserquelle insgesamt und übereinstimmend beschlossen, daß:

1. Die Wasserquelle in dem Distrikt „Hausenbacherwiese" zu einer passenden Viehtränke eingerichtet werden soll.

2. Soll aus dem Ort aus bis zur Quelle über privat Grundstücke von Sachverständigen einen 20 Fuß breite Viehtrift abgestochen und dieselbe sowohl als auch die Wiese wo sich die Quelle ergießt von diesen Experten Sachverständigen abgeschätzt, den Eigentümern vergütet werden und zwar binnen acht Tagen nach der Aufmachung der Viehtrift.

3. Verbinden sich dieselben insgesamt, sich mit dem Abschätzwerte zu benügen.

4. Wählen dieselben aus ihrer Mitte zu Sachverständigen.

 a. den Vorsteher Johann Röhl

 b. den Meistbeerbten Hubert Zimmer und

 c. den Meistbeerbten Philipp Zimmer

5. Damit dem vorhandenem dringenden Bedürfnisse bald abgeholfen werde, wurde gleichzeitig beschlossen, diese Verhandlung höhern Amts zur Genehmigung vor zulegen mit dem schließlichen Antrage, die Kosten dieser gemeinnützigen Anlage aus Gemeide mitteln, etwa aus dem gewärtigem Erlös von Lohe genehmigen zu wollen.

Also verhandelt von den Einsassen der Gemeinde Bleckhausen resp. der Grundeigentümer welche hierbei interessiert sind und nach deutlicher Vorlesung allerseits genehmigt, so dann geschlossen und unterschrieben zu Bleckhausen am Eingangs genannten Tage".

Ein weiterer Eintrag im Gemeinderatsbeschlussbuch 1879, also ca. 25 Jahre später, besagt, dass der Mangel an Wasser noch immer nicht behoben war. In Bleckhausen machte man bereits wieder neue Pläne, um mehr Wasser direkt und an mehreren Stellen im Ort zu haben. Vielleicht half hier die Erkenntnis mit, bei dem allmählich aufkommenden Feuerwehrwesen, dass die zwei vorhandenen Dorfbrunnen (Baujahr unbekannt) und privaten Brunnen im Ort zu wenig Wasser im Ernstfall enthielten und die Viehtränken vorm Ort beim Brand zu weit entfernt lagen.

Verhandelt Bleckhausen, den 6. Jul. 1879 „Dem auf heut vorschriftsmäßigen zusammengetretenen Gemeinderat wurde nachstehendes zur Beratung und Beschlußfassung vorgetragen:

Anlegung einer Wasserleitung für die Gemeinde.

Der von jeher hier sehr fühlbare Wassermangel fordert dazu auf, alles zu versuchen, um dieses Übel zu heben. Das bereits früher besprochene Projekt, durch Einschachtung einer Zisterne (Reservoir) und Zuleitung des in der Umgebung etwa vorhandenen Wassers um stets einen genügenden Vorrat an Wasser für die Gemeinde zu sammeln, hat bei einer kürzlich vorgenommenen Lokalbesichtigung die Zustimmung des Herrn Bezirkswiesenbaumeisters Hector in Trier erhalten und ist es nunmehr geboten, einen Plan und Kostenanschlag aufnehmen zu lassen, wozu sich der genannte Herr Hector bereit erklärt hat.

Der Gemeinderat beschließt im Hinblick darauf, dass es für die Gemeinde eine Lebensfrage ist, dem Wassermangel abzuhelfen, zunächst durch den königlichen Bezirkswiesenbaumeister Herrn Hector einen Plan und Kostenanschlag anfertigen zu lassen, um ersehen zu können, ob die Gemeinde im Stande ist, die entstehenden Kosten zu bestreiten.

Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben". Am 20. Nov. 1879 war es so weit. Der vom Bezirkswiesenbaumeister erstellte Plan und Kostenanschlag wurde dem Gemeinderat zur Prüfung vorgelegt und vom Gemeinderat in allen Teilen als zweckmäßig anerkannt und angenommen. Man macht jedoch die Einschränkung, dass der Plan und das Projekt nur dann zur Ausführung kommen könnte, wenn der Gemeinde eine Beihilfe von 3000 Mark zugewendet würde und der Rest der Anschlagssumme über ein zinsfreies Darlehen, welches die Gemeinde in etwa 6 Jahren zurückerstatten wolle, gedeckt werden könne. Zur Deckung des Darlehens sollen alljährlich aus dem Gemeindewald im Distrikt „Heldenbüsch" die erforderlichen und auch vorhandenen Eichen gefällt werden. Einen Teil der Kosten durch Umlagen aufzubringen, war der Gemeinderat nicht bereit, weil „die Leistungsfähigkeit der armen Einwohner bereits durch sonstige Gemeindebedürfnisse zu sehr in Anspruch genommen würde".

Man ist sich einig, „falls der Beschluss nicht zur Ausführung gelangen könne, müsse das allerdings sehr notwendige Unternehmen unterbleiben".

Bis Januar 1882 ruhen die Pläne der Bleckhausener Wasserleitung dann doch wieder, offenbar wegen der ungelösten Finanzierung.

Im Januar 1882 trifft sich der Gemeinderat in Sachen Wasserleitung wieder und der Vorsitzende trägt vor, dass die Verhandlungen zum Bau der Wasserleitung nun so weit gediehen seinen, dass mit der Vergabe einzelner Arbeiten begonnen werden könne. Zur Bezahlung der Kosten wären aber gegenwärtig in der Kasse noch keine Mittel „disponibel". „Der bewilligte Zuschuss von 4000 Mark aus dem Provinzialfond käme erst nach planmäßiger Vollendung der Anlage zur Auszahlung, daher wolle man durch Aufnahme einer Anleihe die Mittel zur Befriedigung der Arbeiter beschaffen." Auf Beschluss des Gemeinderates nimmt man bei der Kreissparkasse Daun eine Anleihe auf (Kredithöhe und Dauer werden im Beschlussbuch nicht erwähnt) und plant, diese mit dem bewilligten Zuschuss von 4000 Mark abzulösen. Etwaige Mehrkosten sollen durch Verkauf von Nutzholz gedeckt werden. Ferner wurde mitgeteilt, dass Wiesenbaumeister Hector die Leitung des Projekts an den Wiesenbaumeister Herrn Stolz aus Trier übertragen habe. Herr Stolz verlangt als Entschädigung 4 Mark und 50 Pfennig pro Arbeitstag und an Sonn- und Feiertagen 2 Mark und 25 Pfennige. Der Landrat und die Gemeindevertretung finden diese Forderung für die ländlichen Verhältnisse zu hoch und man einigt sich auf eine Bezahlung von 4 Mark pro Arbeitstag und 2,50 Mark an Sonn- und Feiertagen.

Nachdem eine Einigung mit Herrn Stolz erzielt worden war, läuft das Projekt „Wasserleitung Bleckhausen" im Juli 1882 an.

„Mit dem Beschluss, an die Provinzial-Straßenbauverwaltung einen Antrag zu stellen, zwecks Genehmigung eines notwendigen Pumpenstock mit Tränkesarg an der Trier-Daun-Bonner Provinzialstraße bauen zu dürfen, enden die Eintragungen über diesen Bau im Beschlussbuch der Gemeinde."

Dass der Fortschritt sich nicht aufhalten lässt,musste man in Bleckhausen knapp 25 Jahre nach dem letzten Projekt erkennen. Als sich im Juni 1906 der Gemeinderat trifft, befasst man sich unter Punkt 4 mit dem Ergebnis der „gesundheits-polizeilichen" Ortsbesichtigung vom 28. Mai des Jahres und man beschließt: „Vorläufig können wir uns für den Bau der in Aussicht genommenen (neuen) Wasserleitung, die für die Gemeinde einen Kostenaufwand von 26000 Mark erfordern würde und voraussichtlich nur wenig Wasser liefern würde, nicht entschließen. Die beiden vorhandenen Ziehbrunnen sollen mit Lehm und Zement entsprechend abgedichtet werden. Die mit Staatsbeihilfe erbaute Cisterne (beim heutigen Feuerwehrhaus) mit Filtrieranlage besteht bereits über 20 Jahre. Krankheiten, die auf schlechtes Trinkwasser zurückzuführen wären, sind nicht vorgekommen".

Im Juni 1908 steht das Thema Gruppenwasserversorgung erneut beim Gemeinderat auf der Tagesordnung. Es wird ein neuer Plan und Kostenanschlag vorgestellt und grundsätzlich möchte man sich auch an einer neuen Wasserleitung beteiligen, wenn die Kosten nicht zu hoch wären. Weil die „Gemeindeeingesessenen" bereits jetzt durch die Gemeinde- und Kirchenabgaben schwer belastet sind und in recht dürftigen Verhältnissen leben, kann man sich bei dem berechneten Kostenanschlag von nunmehr 41000 Mark für die Ausführung des Entwurfs noch nicht entschließen.

Durch Verfügung des Regierungspräsidenten vom 17.07.1913 wird der Gemeinde ein Sonderholzhieb mit geschätztem Reinertrag von 10.554 Mark bewilligt.

Noch im Mai 1914 beschließt der Gemeinderat, zwecks Ausführung der für Bleckhausen mit 55.000 Mark veranschlagten Zentralwasserleitung mit Hausanschlüssen bei der Landesversicherungsanstalt der Rheinprovinz eine Anleihe bis zum Höchstbetrag von 40.000 Mark aufzunehmen. Die Schuld soll mit 5V2 % jährlich unter Zinszuwachs verzinst und abgetragen werden.

Unter Punkt 2 der Tagesordnung beschließt man: „Antrag um Bewilligung eines zweiten außerordendlichen Holzhiebes zur Deckung der Wasserleitungskosten. Weil die Gemeinde Schutz sich weigert, sich der Gruppenwasserleitung anzuschließen, ist die Gemeinde Bleckhausen gezwungen, den für Schutz berechneten Anteil der Kosten mit zu übernehmen, wodurch sich der Kostenanschlag um 10.000 Mark erhöht, so dass sich die Gesamtkosten aus diesem Grund auf etwa 55.000 Mark belaufen werden." Nochmals bittet man die Regierung um einen weiteren außerordendlichen Holzhieb in der Höhe von 10.000 Mark, „weil die Gemeindeeingesessenen durch den Wasserleitungsbau überbelastet würden".

Mit dem Ausbruch des Weltkrieges 1914 war das Thema „Wasserleitung Bleckhausen" für die folgenden 7- 8 Jahre vorerst vom Tisch.

Vor allem die „Älteren" in Bleckhausen konnten sich damals nicht vorstellen, wie das Wasser, welches von Salm aus der Hirschbornquelle kommen sollte, allein durch den natürlichen Druck unter Ausnutzung des natürlichen Gefälles den weiten Weg von Salm über Schutz den Berg hoch nach Bleckhausen schaffen sollte. Deshalb gab es nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch unter den Gemeinderatsmitglieder Bedenken gegenüber diesem Projekt und man legte in einem Gemeinderatsbeschluss fest, dass Zahlungen erst geleistet werden sollen, wenn die Leitung ordnungsgemäß und zur Zufriedenheit der Einwohner ausgeführt sei". Im Jahre 1921/22 war es dann endlich doch so weit. Auch in Bleckhausen brach eine neue Zeit an, die das Leben der Dorfbewohner sehr verändern sollte. Wahrscheinlich freuten sich die Kinder und Frauen in den Familien am meisten, als das wahr wurde, wovon man seit Jahrhunderten geträumt hatte: Das Wasser kam nun direkt ins Haus. Wenn auch anfangs nur ein Wasserhahn im Haus vorhanden war, so waren nun doch die Zeiten endgültig vorbei, wo man jeden Tropfen Wasser mit Eimern ins Haus schleppen musste. Für uns ist es heute selbstverständlich, gleich an mehreren Stellen im Haus einen Wasserhahn zu haben, der uns nach Wahl mit kaltem oder warmem Wasser versorgt. Jeder Haushalt verfügt über einen ordnungsgemäßen Wasseranschluss und versorgt uns, für jeden Zweck, bis hin zum Autowaschen mit genügend keimfreiem Trinkwasser.

Die Zeiten unserer Großeltern sind uns längst fremd, auch wenn sie gerade erst 90 Jahre vorbei sind und niemand will oder kann sich vorstellen, wie es wäre ohne fließendes Wasser im Haus.