Brooch

Helmut Schäfer, Strohn

Dieses Wort bedeutet keinen Bruch, wie man vermuten könnte. Der „Brooch" ist lediglich die Eifeler Bezeichnung für nasse Wiesen, unfruchtbares feuchtes Land, auf dem sich nichts anbauen lässt, auf dem nichts Nützliches wächst.

Sehr viele dieser feuchten Wiesen wurden Anfang der 1960er Jahre im Zuge der Gewinnung neuer Ackerflächen bearbeitet. „Zusammenlegung" nannte man das damals. Durch Drainagen trockengelegt. Tonrohre legte man in zuvor von Hand gegrabene Gräben, um dem Boden das Wasser zu entziehen. Die Drainage sammelte sich in Vorflutern, in am Reißbrett erdachten Gräben, die dem Wasser seinen Weg in den nächsten Bach zuführten. Dass das so abgeleitete Wasser zwangsläufig an den Mündungen der Bäche in den Fluss für Probleme sorgen musste, wurde scheinbar nicht bedacht. Die zunehmenden Hochwässer der Mosel sind das Ergebnis.

In Strohn legte man zwei Feuchtgebiete im Tal der Alf trocken, die beide seit alters her „Brooch" genannt wurden. Die nördliche Hälfte der Fläche lag in der Gillenfelder Gemarkung. Damals waren meine Freunde Gerd, Vetter Manni, Smart und auch ich etwa sechs bis sieben Jahre alt. Wir hatten unsere liebste Spielwiese, die Strohner Schweiz, noch nicht so richtig entdeckt. Die offenen Gräben im Brooch waren interessanter, und zwar die auf der Gillenfelder Seite. Der Brooch direkt bei Strohn war eher langweilig und uninteressant. Zu nah am Dorf. Wir gingen lieber zu dem Tal vorm Hohnerbescheltjen, um hier den Leuten bei der Arbeit zuzuschauen. Wie sie die Gräben machten, die Tonrohre reinlegten und alles wieder schlossen. Die Tonrohre führten das Wasser zentral zu den ausgehobenen Vorflutern, die zu der Zeit noch nicht befestigt waren. Genau diesen einen Nebenbach der Alf, der von Etzerath herunterkommt, hatten wir Kinder schnell als den ausgemacht, der uns den meisten Spaß versprach, denn da quoll stets ein Wasserstrahl aus dem Lehm über der wasserführenden Schicht hervor.

Und gerade dieser Lehm bot uns an dieser Stelle ungeahnte Möglichkeiten. In jeder freien Minute waren wir in der Brooch. Burgen wurden aus dem Lehm gebaut, Kanäle und Terrassen. Der Lehm, den wir „Knetsch" nannten, ließ uns eigene Kreativität entwickeln. Da wurde geformt, gebaut, wieder zerstört und neu aufgebaut, was das Zeug hielt. Jeder versuchte, den anderen zu übertrumpfen. Immer mehr Dorfkinder kamen hinzu, wollten mitspielen und bauen. Das führte zu heftigen Diskussionen. Die Kleinen ließen sich von den Großen damals noch etwas sagen - und blieben fort. Allerdings erst nach einem Bombardement aus Knetsch, mit dem wir unsere Spielwiese verteidigten mussten. Und wir, die Großen, waren stolz, uns durchgesetzt zu haben. Dafür weniger unsere Mütter. Wir waren ganz einfach so richtig dreckig, von Kopf bis Fuß! Und ausgiebiges Arbeiten mit Ton verursacht schwer zu reinigende Verschmutzungen der Kleidung. Manchmal gab es dafür auch einen guten auf den Hintern. Waschmaschinen waren zu der Zeit noch Luxus.

Leider nahm die Vollendung der ganzen Trockenlegungsmaßnahme uns das, was uns ans Herz gewachsen war: den Knetsch! Und Mama grinste, als ich sehr enttäuscht nach Hause kam und erzählte, dass „Die" den Graben in Betonschalen gesetzt hatten und die Quelle jetzt vergittert sei.

Content-Disposition: form-data; name="hjb2012.52.htm"; filename="hjb2012-121.htm" Content-Type: text/html Foto: Holzmaar