Kindertagesstätten

Sophia Eich, Daun

„Zukunftschance Kinder - Bildung von Anfang an" und „Offensive frühe Chance" - so oder so ähnlich lauten derzeit Programme der Bundesund Landesregierung, um die Bildung, Erziehung und Betreuung von Klein- und Kleinstkindern in den Kindertagesstätten quantitativ und qualitativ weiter zu entwickeln. Es gibt wohl wenige Bereiche, in denen die Entwicklungen und damit auch die Anforderungen an alle Beteiligten in den letzten 10 Jahren so gravierend und schnell vorangeschritten sind, wie im Bereich der Kindertagesstätten. Im Jahre 1996 wurde der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für alle Kinder ab drei Jahren bundesweit eingeführt. Vielerorts - so auch im Landkreis Vulkaneifel -war es in den 90er Jahren üblich, dass die Kinder im Alter von vier Jahren den Kindergarten

besuchten und bis dahin in den Familien betreut wurden. In den überwiegenden Fällen war nur ein Elternteil berufstätig und der andere Elternteil hat sich um die Betreuung der Kinder gekümmert.

Dem Kindergartenbesuch von Kindern ab drei Jahren standen zu Beginn viele Menschen sehr skeptisch gegenüber. Schlussendlich konnte dieses Angebot jedoch - nicht zuletzt durch die gute Betreuungsleistung der Erzieherinnen in den Kindergärten vor Ort - sehr gut etabliert werden, so dass im Landkreis Vulkaneifel seit vielen Jahren nahezu alle Kinder zwischen drei und sechs Jahren den Kindergarten besuchen. Seit Einführung dieses ersten Rechtsanspruches ist die Diskussion und das Bewusstsein über die Notwendigkeit der Förderung und Betreuung von Klein- und Kleinstkindern in Gang gekommen.







Dies geschah nicht zuletzt vor allem durch die gesellschaftliche Entwicklung, dass immer mehr Frauen bewusst ihren beruflichen Werdegang nicht mehr zu Gunsten der Kinderbetreuung - vor allem aus finanziellen Aspekten - zurückstellen konnten und wollten. Bereits 1999/2000 wurden in der Kindertagesstätte „Lindenanlage" in Gerolstein sowie in der integrativen Kindertagesstätte in Daun - ausgehend von Elterninitiativen - Plätze für Kinder von null bis drei Jahren eingerichtet. Hier wurde dem Bedarf der Eltern an Betreuung von Kindern unter drei Jahren bereits vor mehr als 10 Jahren Rechnung getragen. Mit dieser Entwicklung waren die beiden Einrichtungen ihrer Zeit um einiges voraus. Seit Mitte des letzten Jahrzehntes gab es auf Bundes- wie auch auf Landesebene Bestrebungen, das Betreuungsangebot für Kinder in Kindertagesstätten weiter auszudehnen und gleichermaßen auch den Aspekt „Kindertagesstätte als Erziehungs- und Bildungsstätte" weiter auszuarbeiten und zu vertiefen. Das Land Rheinland-Pfalz hat seit dem 01.08.2010 einen Rechtsanspruch für Kinder ab zwei Jahren eingeführt. Auf Bundesebene wird der Rechtsanspruch für alle Kinder ab einem Jahr ab 2013 durch das Kinderförderungsgesetz (KiFöG) festgeschrieben. Das Kinderförderungsgesetz ist ein zentraler Baustein beim Ausbau der Kindertagesbetreuung, es soll den Ausbau eines qualitativ hochwertigen Betreuungsangebotes beschleunigen und den Eltern Wahlmöglichkeiten eröffnen.

Durch die Festsetzung der beiden Rechtsansprüche haben sich die Struktur und die Anforderungen an die Institution „Kindertagesstätte" sehr verändert. Die Tendenz, dass die Kinder, die eine Kindertagesstätte besuchen immer jünger werden und immer mehr Zeit in der Kindertagesstätte verbringen, führt auch dazu, dass der Betreuungsumfang um ein Vielfaches steigt und die Kindertagesstätte immer mehr zu einem „zweiten zu Hause" wird. Hier soll den Kindern Bildung und Erziehung von den allerersten Lebensjahren an bis zum

Schuleintritt vermittelt werden, denn nur durch Bildung und bestmögliche Förderung aller Kinder kann eine Chancengerechtigkeit geschaffen werden.

Die Realisierung der beiden Rechtsansprüche binden bei den Trägern der Einrichtungen, den Kindertagesstätten selbst sowie bei den zuständigen Jugendämtern nicht nur viel Personal, sondern auch hohe finanzielle Mittel. Denn zur Betreuung von Kindern unter drei Jahren sind aus pädagogischer Sicht spezielle Raumkonzepte notwendig. Wichtig ist z.B., dass jeder Gruppenraum, in dem Kinder ab zwei Jahren betreut werden, auch über einen Nebenraum verfügt, in dem die Kinder eine Rückzugsmöglichkeit (z.B. zum Schlafen) haben. Des Weiteren werden Wickelbereiche sowie spezielle sanitäre Einrichtungen für die Kinder unter drei Jahren erforderlich. Auf Grund dessen, dass viele Einrichtungen im Landkreis älteren Baujahres sind und in einigen Einrichtungen in den vergangenen Jahren eher zurückhaltend mit Umbaumaßnahmen und Erneuerungen umgegangen wurde, ist es nicht in allen Einrichtungen möglich, Angebotserweiterungen und Schaffung von Plätzen für Kinder unter drei Jahren ohne bauliche Veränderungen zu verwirklichen. Es gibt zusätzlich auch kaum eine Kindertagesstätte im Landkreis Vulkan-eifel, die von ihrem Raumangebot sowie von ihrer Ausstattung so ausgerichtet war, dass Kinder unter drei Jahren ohne vorherige Um- bzw. Anbaumaßnahmen betreut werden konnten. Dadurch sind vielerorts umfangreiche Umbau-und Erweiterungsmaßnahmen erforderlich geworden. Die Kindertagesstätte „Lindenanlage" in Gerolstein muss sogar ganz aufgegeben und an anderer Stelle ein Neubau errichtet werden. Dies zeigt, dass der Rechtsanspruch der Kinder ab zwei Jahren und der bundesgesetzlich geregelte Rechtsanspruch aller Kinder ab einem Jahr ab 2013 ein hohes Maß an finanziellen Mitteln sowie an Flexibilität und Veränderungswillen - vor allem bei den Trägern, den Kindertagesstätten und nicht zuletzt bei der Bedarfsplanungsbehörde (dem Kreisjugendamt) selbst - erfordert.

Vorgaben für Raumkonzepte zur Betreuung von Kindern unter drei Jahren gibt es weder von Landes- noch von Bundesseite. Es muss für jeden umzubauenden Kindergarten individuell - in Zusammenarbeit zwischen Kindertagesstätte, Träger, Kreisbauamt, Gesundheitsamt, Landesjugendamt sowie Kreisjugendamt ermittelt werden, welche Maßnahmen in welchem Umfang erforderlich sind.


1) Kinder aus der OG Duppach - die KiTa in Schwirzheim wird im Bedarfsplan des Eifelkreises Bitburg-Prüm geführt
2) incl. der Kinder aus dem Landkreis Bad Neuenahr-Ahrweiler, den OG Dankerath, Hoffeld, Senscheid und Trierscheid
3) Kinder aus den OG Brücktal, Drees, Kirsbach, Nitz, Reimerath, Welcherath - die KiTa in Müllenbach wird im Bedarfsplan des Landkreises Bad Neuenahr-Ahrweiler geführt


Stand: 01.04.2011 (Einwohnermeldezahlen vom 31.07.2010)

Problematisch ist dabei oft, dass - auf Grund der Umgebung der jeweiligen Kindertagesstätte - z.B. ein Anbau platztechnisch gar nicht umsetzbar oder eine Aufstockung z.B. statisch nicht möglich ist. Im Landkreis Vulkaneifel gibt es derzeit 29 Kindertagesstätten. Von diesen 29 Kindertagesstätten mussten in allen Einrichtungen Umbaumaßnahmen erfolgen, damit Kinder unter drei Jahren in den Einrichtungen betreut werden können. Die Gesamtkosten dieser Projekte belaufen sich auf annähernd 5 Mio. Euro. Den größten Teil dieser Kosten tragen die jeweiligen Betriebs- bzw. Bauträger der Kindertagesstätten. Von Seiten des Bundes werden im Rahmen des Investitionsprogramms „Kinderbetreuung 2008-2013" Zuschüsse pro zusätzlich geschaffenem Platz für Kinder unter drei Jahren (4.000 €) sowie für jede neu geschaffene Gruppe, in der Kinder unter drei Jahren betreut werden können (55.000 €), zur Verfügung gestellt. Der Landkreis Vulkaneifel beteiligt sich an den Kosten der Baumaßnahmen im Rahmen der „Richtlinien des Landkreises Vulkaneifel über die Gewährung von Kreiszuschüssen zur Förderung der Einrichtungen und Maßnahmen der Jugendhilfe". Die bisher bewilligten Zuschüsse des Landkreises Vulkaneifel belaufen sich derzeit auf ca. 600.000 €. Neben diesen hohen finanziellen Anstrengungen ist die Belastung in der betroffenen Kindertagesstätte während der Bauphase ebenfalls sehr hoch.

Im Zusammenhang mit der Betreuung von Kindern unter drei Jahren in Kindertagesstätten verändert sich auch das Anforderungsprofil an die Erzieher und Erzieherinnen vor Ort. Um diesen veränderten Anforderungen der Kinder unter drei Jahren gerecht werden zu können, werden in allen Einrichtungen im Landkreis Vulkaneifel viele Fortbildungen einzelner Mitarbeiter, aber auch Teamfortbildungen und Hospitationen durchgeführt. Auch die Konzeptionen der Kindertagesstätten müssen auf die veränderten Anforderungen abgestimmt und erweitert werden. Hierbei unterstützt das Land Rheinland-Pfalz die Träger durch Zuschüsse zu den Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen.

Die Spitzenverbände der Kindertagesstättenträger haben auf Landesebene eine Vereinbarung zur Qualität von Bildung, Erziehung und Betreuung in Rheinland-Pfälzischen Kindertagesstätten abgeschlossen (sog. „Qualitätsvereinbarung").

Neben diesen baulichen und pädagogischen Veränderungen stellen die Rechtsansprüche - hier im Besonderen der Rechtsanspruch der Kinder ab einem Jahr - eine ganz neue Anforderung an das Kreisjugendamt als zuständige Bedarfsplanungsbehörde. Hier finden gerade unter Berücksichtigung des demografischen Wandels, insbesondere im ländlicheren Bereich des Landkreises, schwierige Planungsprozesse statt. Die Geburtenzahlen sind zwar in einigen Ortschaften leicht rückgängig, jedoch steht dem entgegen, dass zur Betreuung von Kindern unter drei Jahren Gruppenstrukturen landesrechtlich vorgesehen sind, die eine geringere Gesamtkinderzahl vorsehen. Dadurch, dass immer jüngere Kinder einen Betreuungsplatz in den Einrichtungen finden sollen, stehen konkrete Planungsdaten maximal ein Jahr vor dem Eintreten des jeweiligen Rechtsanspruches der Kinder zur Verfügung. Die Planungsbehörde ist zurzeit darauf angewiesen - aufgrund vorliegender Daten - Prognosen für zukünftige Bedarfe zu erstellen. Gerade im Hinblick auf den Rechtsanspruch der einjährigen Kinder im Jahre 2013 ist es heute unmöglich, deren Anzahl zu bestimmen, da diese Kinder heute noch gar nicht geboren sind! Dennoch müssen die Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen auf möglichst belastbarem Zahlenmaterial beruhen, damit auch vor Ort für die kommenden Kindergartenjahre geplant und vorbereitet werden kann. Hierzu stehen Träger, Kindertagesstätte und Kreisjugendamt in ständigem Kontakt.

Von den 29 Kindertagesstätten im Landkreis Vulkaneifel werden sieben Einrichtungen von der KiTa gGmbH Trier, zwei Einrichtungen von den jeweiligen katholischen Kirchengemeinden, die beiden integrativen Einrichtungen von der Lebenshilfe Kreisvereinigung Daun e.V. sowie 18 Einrichtungen von kommunalen Trägern betrieben.

Die anfallenden Personalkosten werden von Seiten des Landkreises Vulkaneifel, den Elternbeiträgen, dem jeweiligen Träger der Einrichtung sowie dem Land Rheinland-Pfalz getragen. Der Träger übernimmt darüber hinaus die anfallenden Sachkosten in der jeweiligen Kindertagesstätte. Die prozentuale Beteiligung ist gesetzlich festgelegt und ist abhängig von der Betriebsstruktur in der Kindertagesstätte. Eine Ausnahme dieser gesetzlichen Regelung stellen die Einrichtungen der KiTa gGmbH sowie der katholischen Kirchengemeinden dar, da hier die sog. „Bistumssparbeschlüsse" greifen. Die katholische Kirche betreibt - vertreten durch KiTa gGmbH sowie die beiden kath. Kirchengemeinden - die Einrichtungen zwar, allerdings beteiligt sie sich kostenmäßig nicht an Strukturerweiterungen und Veränderungen. Die durch Strukturveränderungen entstehenden Mehrkosten werden von den im Einzugsbereich der Kindertagesstätte befindlichen Ortsgemeinden getragen.

Dies ist dahingehend problematisch, da die Gruppenstrukturen sich in den letzten Jahren - bedingt durch die Rechtsansprüche - stark verändert haben und viele Einrichtungen im Landkreis zusätzliche Gruppen eröffnet haben, deren Trägeranteil - anstelle der Kirche - durch die Kommunen gezahlt wird. Die Gruppenstrukturen sind gesetzlich festgeschrieben, so dass es feste Regelungen gibt, wie viele Kinder welcher Altersklasse in einer Gruppe aufgenommen werden können. So können z.B. in einer „großen geöffneten Gruppe" 19 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren und sechs Kinder im Alter von zwei bis drei Jahren aufgenommen werden, in einer sog. „kleinen Altersmischung" können bis zu acht Kinder im Alter von drei bis sechs Jahre und bis zu sieben Kinder im Alter 0 bis drei Jahren aufgenommen werden.

Auf Grund des Rechtsanspruches der Kinder ab zwei Jahren seit 2010 und des Rechtsanspruches der Kinder ab 2013 müssen die Gruppenstrukturen so verändert werden, dass alle Kinder mit Rechtsanspruch einen Kindergartenplatz erhalten können. Durch diese Umstrukturierung und die kleinen Gruppengrößen mussten und müssen viele Einrichtungen um Gruppen erweitert werden, da sonst nicht alle Kinder mit Rechtsanspruch einen Kindergartenplatz zur Verfügung gestellt bekommen können.

Die Aufstockung der Gruppen sowie die Einrichtung von Plätzen für Kinder unter drei Jahren erfordert außerdem mehr Personal in den Einrichtungen. Zum einen gibt es landesrechtliche Vorgaben darüber, wie viel Personal bei welcher Gruppenstruktur vorzuhalten ist und zum anderen wird - je breiter das Angebotspektrum ist, das ein Kindergarten anbietet - der Personalbedarf (über die gesetzlichen Vorgaben hinaus) immer höher, da gerade die kleinen Kinder und Babys einen erhöhten Betreuungsbedarf haben.

Auf Grund dessen sind die Personalkosten der Kindertagesstätten im Landkreis Vulkan-eifel von 2004 (8.062.485,25 €) bis 2009 (9.364.114,00 €) um ca. 16 v.H. gestiegen -Tendenz weiterhin steigend. Seit 2006 hat das Land Rheinland-Pfalz Zug um Zug die Beitragsfreiheit für Kindergartenkinder eingeführt. Seit dem 01.08.2010 können alle Kinder ab dem zweiten Lebensjahr die Kindertagesstätten beitragsfrei besuchen. Die Kosten für den Ausfall der Beiträge übernimmt zum großen Teil das Land Rheinland-Pfalz sowie der Landkreis Vulkaneifel.

Auf Grund dieser Beitragsfreiheit, des Rechtsanspruches der Kinder ab 2 Jahren sowie der gesellschaftlichen Entwicklung dahingehend, dass in immer mehr Familien beide Elternteile einer Erwerbstätigkeit nachgehen, steigt die Nachfrage nach Ganztagsplätzen und Plätzen für Kindern unter drei Jahren stark an. Derzeit werden in den Kindertagesstätten im Landkreis Vulkaneifel 289 Plätze für Kinder unter drei Jahren angeboten. Dies entspricht 61,6 v.H. aller zweijährigen Kinder im Landkreis Vulkaneifel. Zu Beginn der Einführung des Rechtsanspruches der Zweijährigen 2005/2006 wurde von Seiten des Landes Rheinland-Pfalz davon ausgegangen, dass 55 v.H. aller Kinder ab zwei Jahren die Kindertagesstätten besuchen würden. Im Landkreis Vulkaneifel geht das Kreisjugendamt derzeit jedoch bereits von 80 v.H. aller Zweijährigen aus, die von dem Rechtsanspruch Gebrauch machen werden -auf lange Sicht könnte sich dies auf fast 100 v.H. annähern. Diese Entwicklung zeigt deutlich, wie schwierig es ist, bereits heute abschätzen zu müssen, wie viele einjährige Kinder 2013 eine Kindertagesstätte besuchen werden.