Streit um's Wasser

Karl Servatius, Gerolstein

Eine halbwegs funktionierende Wasserversorgung gibt es in Birresborn seit etwa 1896. Schon immer war die Versorgung mit ausreichendem und vor allem „sauberem" Trinkwasser in Birresborn mit Problemen behaftet. Immer wieder wurde über Wassermangel geklagt. Aber auch die Qualität des Wassers war selten einwandfrei und wurde zunehmend zu einem Problem. Heute soll über einen Streit mit dem ehemaligen Birresborner Phönix-Sprudel berichtet werden. Im wesentlichen geht es dabei um den Wasserpreis.

Bis 1915 wurde das Wasser kostenlos an alle angeschlossenen Haushalte geliefert. Der Was-seranschluss kostete damals einmalig 20 Mark, wobei bei weitem nicht alle Haushalte angeschlossen waren. Es gab keinen Hochbehälter. Da das Wasser nur im freien Gefälle (ohne Pumpen) von der Brunnenstube ins Dorf lief, konnten nur die Häuser angeschlossen und mit Wasser versorgt werden, die tiefer als die Brunnenstube lagen und ohne lange Leitungswege angeschlossen werden konnten. Ein Jahr zuvor, im Jahre 1912 wurde von den Gebrüdern Viehof aus Satzvey der Birresborner Sprudel, später Birresborner Phönix-Sprudel gegründet. Da nach Ansicht des Gemeinderates der Wasser-Verbrauch des Sprudels über das „normale Maß der Haushalte und sonstigen Gewerbetreibenden weit herausgeht", beschloss man am 12. Juni 1915, vom Sprudel einen jährlichen Wasserzins von 60 Mark zu erheben. Die übrigen Verbraucher blieben weiterhin kostenfrei. Dieser Wasserpreis wurde vom Sprudelbetrieb akzeptiert. Ab 1927 gab es dann aber Probleme und Spannungen zwischen der Gemeinde und dem Phönix-Sprudel. In Zusammenhang mit einem Grundstücksverkauf (es ging um 30 m2) der Gemeinde an den Phönix, an der Salmer Straße, forderte der Gemeinderat, dass am Betriebsgebäude „ein Wasserkrahnen" angebracht wird, der den Eingesessenen die jederzeitige Entnahme von Mineralwasser ermöglicht. Seit Jahrzehnten gab es bereits eine mündliche Absprache mit dem Birresborner Mineralbrunnen, dass dort täglich „zwei Eimer Mineralwasser" unentgeltlich an die Be-völkerung abgegeben wurde. Der Gemeinderat wollte dies auch der Bevölkerung durch den Phönix gesichert sehen, da dieser ja sozusagen mitten im Dorf produzierte, während der Mineralbrunnen in einiger Entfernung zum Dorf lag. Diesem Ansinnen stimmte der Phönix aber wegen der „entstehenden Lohnkosten" nicht zu. So verzögerte sich der Abschluss des notariellen Kaufvertrages bis 1931. Die Forderung der Gemeinde ließ sich allerdings nicht im Vertrag fixieren. In den Jahren 1926 bis 1928 gab es erhebliche Probleme mit der Qualität des gelieferten Trinkwassers. In fast allen Wasserproben wurde in amtlichen Untersuchungen Keime und Coli-Bakterien nachgewiesen. Besichtigungen der Trinkwasserquellen und Brunnenstube durch den Kreisarzt und einen Beauftragten des Regierungspräsidenten stellten fest:

Dieser Zustand wird als „restlos unhygienisch" dargestellt und, so der Regierungspräsident, unter „keinen Umständen geduldet". Es wird eine Neufassung der Quellen und der Neubau einer ordnungsgemäßen Brunnenstube gefordert. Mit Verfügung vom 9. Juli 1929 ordnet der damalige Landrat Dr. Schlemmer aus Prüm an, dass ab sofort das Wasser nur noch in gekochtem Zustand benutzt werden darf, bis die „geforderten ordnungsgemäßen Zustände" hergestellt sind. Diese Forderungen des Landrates sind offensichtlich vom Bürgermeister dem Phönix mit der Bitte um eine Kostenbeteiligung vorgelegt worden, denn am 11. Januar 1930 teilt der Phönix dem Bürgermeister mit, „dass man sehr überrascht sei zu erfahren, dass die Quellen nicht ordnungsgemäß gefasst sind". Man sehe sich aber derzeit gänzlich außerstande, sich an den Kosten zu beteiligen, durch einen „stark fühlbaren Mangel an flüssigen Mitteln". Offensichtlich als Folge dieser ablehnenden Kostenbeteiligung hat der Ortsgemeinderat dann beschlossen, dem Phönix das „überschüssige, nicht zum Ortsgebrauch benötigte Wasser", zum Preis von 10 Pfennig pro cbm abzugeben. Der einzubauende Wassermesser soll von der Gemeinde beschafft werden. Gleichzeitig wurde dem Phönix mitgeteilt, dass man eine Garantie für die „ausreichende, dauernde Lieferung des im Betrieb erforderlichen Wassers" nicht übernehme. Erst nach Neufassung der Quellen so der Gemeinderat, kann festgestellt werden, welche Wassermengen diese Quellen ergeben. (In der Folgezeit wird mehrfach von defekten Wasserzählern im Betrieb berichtet. Über mögliche Ursachen dieser Defekte kann nur spekuliert werden). Über diese Information ist der Phönix „nicht wenig erstaunt", so der Antwortbrief vom 23.4.1930. Es wird form- und fristgerecht Einspruch gegen die festgesetzte Wassergebühr erhoben, die „extravagant hoch und nicht tragbar" ist. Nach weiteren Briefen und Gesprächen, in der auch vom Phönix eine eigene Wasserversorgung ins Spiel gebracht wurde, teilt die Betriebsleitung in einem Brief vom 5.10.1930 an die Gemeinde mit, dass man bereit sei, einen Anteil an den Quellfassungskosten zu übernehmen. Der Phönix schätzt die Gesamtkosten auf 2 - 3.000 Mark und den Wasserverbrauch des Phönix auf 1/10 der Ortsentnahme. Infolgedessen wolle man mit einen Betrag von 2 - 300 Mark zu den Kosten beitragen. Auch wolle man für die Instandhaltung einen jährlichen Betrag von 40 - 50 Mark leisten. Ein entsprechender Vertrag soll abgeschlossen werden. In diesem Brief wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Phönix mehrfach Spenden an die Kirche, den Turnverein, den Kriegerverein, die Feuerwehr usw. getätigt habe und auch in Zukunft in dieser Hinsicht „freigebig" sei.

Erst mit Brief vom 21.2.1931 geht der PhönixSprudel auf die Forderung der Gemeinde aus dem Jahre 1927 (s.o.), kostenlos Wasser an die Einwohner von Birresborn Wasser zu liefern, ein und erklärt sich bereit, „auf Widerruf und mit dreimonatiger Kündigungsfrist", eine Anlage erstellen zu lassen, wonach sich die Einwohner von Birresborn kostenlos Wasser abfüllen dürfen. Die Kosten wurden auf 500 - 800 RM geschätzt. Es wird an den Gemeinderat angefragt, ob die Gemeinde gewillt ist:

1 sich mit 4 - 500 RM an den Kosten zu beteiligen,

2 eine jährliche Anerkennungsgebühr von 1 RM bezahlen will,

3 die installierten Wassermesser zu entfernen und jederzeit gebührenfrei Wasser gegen eine Anerkennungsgebühr von 1 RM zu liefern und

4 die Zapfzeiten durch den Polizeidiener bekannt zu geben und dieser die Aufsicht führt. Das Mineralwasser darf aber nur in offenen Gefäßen (keine Flaschen und Krüge) abgefüllt werden. Das freie Mineralwasser wird nur für den Hausbedarf und nur an Einwohner von Birresborn abgegeben. Der Gemeinderat hat sich am 10.4.1931 mit dem Thema beschäftigt und sieht sich „gezwungen", den Antrag unter den gemachten Bedingungen nicht anzunehmen und bittet um persönliches Erscheinen des Eigentümers Fischer bei einer der nächsten Sitzungen.

Mit Brief vom 25.5.1932 ändert der PhönixSprudel seine Forderungen und teilt nunmehr mit, dass man bereit sei, den Wünschen der Einwohner zu entsprechen und eventuell auf Betriebskosten eine Anlage zu schaffen, welche es ermöglichen soll, außerhalb der Betriebshalle am Salmer Wege mittels Krahnen Mineralwasser zu entnehmen. Die Zapfstunden, so der Phönix, sollten durch den Polizeidiener bekannt gegeben werden. Die Gemeinde soll einen Mann zur Beaufsichtigung der Abfüllung beistellen. Für dieses „Entgegenkommen" wird eine Entfernung der Wassermesser erwartet. Hierauf wird in der Gemeinderatssitzung am 30.5.1932 entschieden, dass für die unentgeltliche Verabreichung des Mineralwassers ein Nachlass von 2 Pfg pro cbm an Wassergeld bewilligt wird. Die Wassermesser werden aber nicht entfernt. Die Firma (Phönix) hat stattdessen für die ordnungsgemäße Instandhaltung der Messer zu sorgen. Es wird vorgeschlagen, die Verabreichung des kostenlosen Mineralwassers an Birresborner Bürger an den drei Nachmittagen des Montag, Mittwoch und Samstag zwischen 1 und 6 Uhr stattfinden zu lassen. Es wird sogar die Drohung ausgesprochen, andernfalls das Wassergeld zu verdoppeln. Unter dem 23. 8. 1932 wendet sich der Phönix dann an das Landratsamt in Prüm und berichtet über die Probleme mit der Gemeinde seit 1915. Es wird von „Quertreibereien gegen das Unternehmen" berichtet. Eine Entscheidung über den Einspruch gegen die Wassergebühr wird vom Landrat erwartet, zumal von den übrigen Betrieben im Dorf nach wie vor keine Wassergebühr erhoben wird. Der Landrat fordert dann am 5. 10. 1932 von der Gemeinde die Vorlage der Wassergebührenordnung (die es bekanntlich nicht gab) und weist darauf hin, dass die Ungleichbehandlung des Phönix mit den anderen Gewerbetreibenden mit den gesetzlichen Bestimmungen nicht in Einklang zu bringen ist. Es dauerte aber zwei Jahre, nämlich bis zum 10.12.1934, ehe der Gemeinderat eine entsprechende Satzung beschloss. Danach wird eine Grundgebühr von 2 RMk für Haushalte und für gewerbliche Betriebe sowie „Besitzer von Klosetts" je 4 RMk festgesetzt. Die Satzung wird am 13.2.1935 vom Landrat genehmigt und ist zum 1.4.1935 in Kraft getreten. Offensichtlich war damit der Streit um den Wasserpreis zwischen der Gemeinde und dem Phönix-Sprudel beendet, denn am 12.7.1935 teilte der Phönix dem „Sehr geehrten Herrn Schmidt" (damaliger Amts-Bürgermeister Hermann Schmidt) mit, dass man „sich gestatte, zu dem am nächsten Sonntag stattfindenden Jugendwettstreit einen Preis zu überreichen". Gleichzeitig wird der Veranstaltung ein guter Verlauf und ein gesegneter Erfolg gewünscht. In diesem Brief wird zum ersten Male seit acht Jahren vom Phönix-Sprudel wieder eine persönliche Anrede gewählt. Möglicherweise waren die Spannungen über die Jahre auch durch handelnde Personen mit verursacht. Augenscheinlich verbesserte sich das Verhältnis zwischen Gemeinde und Phönix-Sprudel, nachdem Bürgermeister Hermann Schmidt 1934 als Nachfolger von Bürgermeister Hoss ins Amt kam.

Anmerkungen:

1 Es gibt keine ordnungsgemäßen Quellfassungen

2 Frösche und tote Ratten liegen in der Brunnenstube