„Auf diesem Felsen will ich meine Kirche bauen"

350 Jahre Pfarrgemeinde St. Michael Steffeln*

Werner Grasediek, Steffeln

Steffeln feierte am 21. November 2010 das 350-jahrige Jubiläum der Erhebung zur selbständigen Pfarrei.

Mit einem Alter von 350 Jahren gehört Steffeln nicht zu den wirklich alten Pfarreien: Nachbarpfarreien wie Lissendorf, Niederbettingen, Stadtkyll, Olzheim und Duppach bestehen schon seit dem 14. Jahrhundert; dagegen wird Steffeln 1501 als Filiale der Pfarrei Lissendorf aufgeführt. In unserem Raum trafen die Grenzen der seit der Spätantike bestehenden Erzdiözesen Köln und Trier aufeinander: Die Pfarrei Lissendorf wie auch Niederbettingen, Hillesheim und Stadtkyll gehörten bis zum Ende der Feudalzeit (1794) zum Eifeldekanat des Erzbistums Köln, während Duppach, Büdesheim und Olzheim die nördlichen Vorposten der Erzdiözese Trier waren. Steffeln lag also hart an der Südgrenze des Kölner Sprengels.

Zwar wird das Dorf Steffeln bereits im Jahre 943 erwähnt in einem Vertrag mit der bedeutenden Abtei Prüm, die schriftlichen Quellen berichten jedoch erstmals 1556 von einer Kirche. Allerdings weisen das noch heute bestehende Micha-elspatrozinium wie auch die Lage der Kirche auf dem Tufffelsen auf eine spätrömische Kultstätte hin, die bei der Annahme des Christentums zu einer christlichen Gebetsstätte umgewandelt wurde.

Die in den Filialen lebenden Gläubigen hatten gegenüber der Pfarrkirche Verpflichtungen: Besuch des Sonntagsgottesdienstes, Empfang der Osterkommunion, jährliche Beichtpflicht und sie hatten dort die Ehe zu erklären. Weiterhin hatten sie Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem Pfarrer und der Pfarrkirche. Diese Verpflichtungen, als Pfarrbann bezeichnet, waren häufig Ursache für Streitigkeiten und lösten Selbständigkeitsbestrebungen der Filialen aus. In den flächenmäßig umfangreichen Mutterpfarreien waren die weiter abgelegenen und größeren Filialen bestrebt, einen eigenen Priester, einen Vikar oder Frühmesser zu bekommen. Dieser war von den Pfarrangehörigen zu unterhalten und ihm musste eine Wohnung bereitgestellt werden. Da von einem Pfarrhaus berichtet wird, dürfte in Steffeln bereits seit Mitte des 16. Jahrhunderts ein Priester gewohnt haben. Nachgewiesen ist 1632 ein Vikar in Steffeln, der über eigene Einkünfte („Kompetenz") verfügte. Von einem Streit zwischen dem Lissendorfer Pfarrer und den Steffelern erfahren wir aus dem Jahre 1655, als sich der Pfarrer bei Graf Ferdinand Ludwig von Manderscheid-Gerolstein über die Steffeler beschwerte, sie würden ihre Pflicht, beim Bau des Pfarrhofes in Lissendorf zu helfen, nicht erfüllen.

Hier wird man sich jetzt fragen, was denn der Graf von Manderscheid-Blankenheim-Gerolstein mit innerkirchlichen Streitigkeiten zu tun hat? Lissendorf gehörte zur Grafschaft ManderscheidGerolstein; er war der Zehnt- und Patronatsherr der Kirche in Lissendorf: Ihm stand der Kirchenzehnt zu, der zehnte Teil der Erträge von Früchten, Korn und Tieren, also eine Art Kirchensteuer in Naturalien. In Steffeln war der Graf von Manderscheid-Gerolstein der Grundherr: er hatte die Herrschaft über Land und Leute (landeshoheitlich gehörte Steffeln jedoch zu Luxemburg!). Auf dem nach drei Seiten steil abfallenden Tufffelsen über dem Dorf war von einem seiner Vorgänger eine Burg errichtet worden, die in einem Kaufvertrag aus dem Jahre 1282 genannt wird. An deren Stelle und damit auf dem Boden des Grundherren wurde die Kirche errichtet. Die heutige Sakristei geht wahrscheinlich auf die frühere Burgkapelle zurück (dies vermutet Pfarrer Brühl). Der Grundherr hatte als Besitzer der Kirche das Patronatsrecht mit Rechten und Pflichten. Zu den Pflichten zählten die Baulast und die Pfarrerbesoldung, andererseits hatte er das Privileg des Vorschlagsrechtes für den Priester. Für das Streben nach Selbständigkeit erlangten die Steffeler die Unterstützung des Grundherren, des Gerolsteiner Grafen. Dafür könnte es mehrere Gründe gegeben haben: Der Graf konnte damit den ständigen Streit zwischen Steffeln und Lissendorf um die Unterhaltung der Mutterkirche beenden. Weiter sicherte er sich mit der Pfarrerhebung weitere Einkünfte und das Präsentationsrecht für den Pfarrer. Ein weiterer Grund wird die erhebliche Zunahme der Bevölkerungszahl von Steffeln nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) gewesen sein: Die Zahl der Haushaltungen hatte sich von 19 im Jahre 1649 - im ersten Friedensjahr - auf 38 im Jahr 1687 verdoppelt - ein Indiz für einen wirtschaftlichen Aufschwung. Die Erhebung einer entlegenen und bevölkerungsreichen Filiale zur Pfarrkirche entsprach den Beschlüssen des Trienter Konzils. Damit konnte sich der Graf als treukatholischer Herrscher zeigen. Wir haben nun das besondere Glück, dass der Akt der Pfarrerhebung von Steffeln in einer Urkunde überliefert ist: Vor Graf Ferdinand Ludwig erschienen am 16. Februar 1660 auf Schloss Gerolstein der Repräsentant der Herrschaft, der Steffeler Schultheiß Johann Blameuser, und die Laienrichter des Gerichts Steffeln, die Schöffen Johann Hoffmann, Johann Schmitz, Peter Neven, Peter Sünnen und Blömges Kirst und auch Angehörige des Dorfes Auel. Sie begehrten die Erhebung der Kirche von Steffeln mit der Filiale Auel zu einer Pfarrkirche. Sie versprachen den dritten Teil von Korn, Hafer, Flachs und Erbsen; an Ackerland 16 Morgen, 3 Wagen Heu, 24 Schafe, 4 Rind"biester", 4 Schweine. Bei jeder Eheschließung sollten ein Goldtaler, bei jedem Begräbnis 1 Reichstaler gezahlt werden. Zudem wollten Steffeler und Aueler ein „gutes" Pfarrhaus und einen „Gaden" bauen bzw. in Stand setzen. Grundsätzlich war der Lebensunterhalt des Pfarrgeistlichen durch „Pfründe" (von lat. praebenda) aus Land- und Geldvermögen gesichert. Ergänzt wurde das Pfründeneinkommen durch den Zehnten oder Anteile davon. In Steffeln standen dem Pfarrer vom Zehnten ein Drittel zu, die anderen zwei Drittel dem Grundherrn, dem Grafen von Manderscheid-Blankenheim-Gerolstein. Der Graf hatte das Recht, den Pfarrer zu präsentieren, d.h. auszuwählen, und dem Bischof zur Ernennung vorzuschlagen. Der Pfarrer musste dem Grafen die Jagdhunde füttern und ebenso die Jäger bewirten, wenn sie in der dortigen Gegendjagen.

Bedeutsam für den Unterhalt des Pfarrers, der eine kleine Landwirtschaft betrieb, war das ihm von der Gemeinde eingeräumte Holzrecht und das Mastrecht: Damit wurde ihm erlaubt, sein Vieh, Rinder, Schafe und Schweine auf die Gemeindewiesen zu treiben. Mit den Unterschriften des Grafen und des Lissendorfer Pfarrers Philipp Gisen wurde die Trennung von der Mutterkirche Lissendorf und die Erhebung von St. Michael zu einer Pfarrkirche im Erzbistum Köln, Archidiakonat Bonn, Landkapitel Eifel vollzogen.

Nach der Abtrennung blieb dem Steffeler Pfarrer noch die Pflicht, sieben Mal im Jahr in Lissendorf Gottesdienst zu halten. Erster Pfarrer von Steffeln war Theodor Grevenrad, der nur kurze Zeit von 1660 bis 1663 amtierte, ihm folgte Thomas Leinen (1663-1678). Genauer wird 1744 die als „Kompetenz" bezeichnete Gesamtheit der für den Lebensunterhalt des Pfarrgeistlichen zur Verfügung stehenden Einkünfte umschrieben: ein Drittel des Zehnt in Steffeln und Auel. Das waren 60 Fass Korn und Spelz und 80 Fass Hafer in Steffeln und 50 Fass in Auel, ferner die Pacht für den Wittumshof in Auel, der für je 8 Fass Korn und Hafer verpachtet war, 2 Maß Butter, paar junge Hähne und einen Wagen Heu; sodann soll der Pfarrer bei jeder Eheschließung 2 Fass Sanghafer und von jedem Haus ein Brot erhalten. Auch hat der Pfarrer den Ferkelzehnt; er muss dafür aber auch den Eber halten; in Auel steht ihm ein Drittel des Lämmerzehnt zu; schließlich Holzlieferung und ein Beichtei von jedem Haus. Die Kirchenfabrik zur Erhaltung der Kirche hatte Einnahmen von dem Zoll am Küllenberg und aus dem Backsteinbruch am Küllenberg 4 Pfg. für jeden Wagen. Auel war zusammen mit Steffeln aus der Pfarrei Lissendorf ausgeschieden. Da Auel eine eigene Kapelle hatte, verlangten die Aueler an Sonn- und Feiertagen eine Messe - ein Privileg, das der Pfarrkirche zustand. Die Steffeler erwiderten erbost, das Bauholz zur Erbauung des Pfarrhofes sei ausschließlich im Steffeler Gemeindewald geschlagen worden und sie allein müssten das Vieh des Pfarrers versorgen. Schließlich kam es zum Kompromiss (12.7.1660): Jeden dritten Sonntag und an allen Marienfesten sowie Ostermontag ist Gottesdienst in Auel. An allen anderen Sonntagen müssen die Aueler nach Steffeln zur Messe kommen und die Kinder zur Taufe bringen.

1687 einigen sich Steffeler und Aueler darauf, dass jeder für sich selber für seine Kirche zu sorgen habe, doch müsse Auel 1/3 der Reparatur der sehr baufälligen Pfarrkirche aufbringen. Die Gottesdienste in Auel hielt bis zum Ende des 18. Jahrhunderts ein Vikar. Der Bedeutendste war der aus Auel gebürtige Johann Michael Baur (+ 3.5.1779), der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf eigene Kosten die Aueler Kirche erweitern und neu ausstatten ließ und sich dort ein Wohnhaus erbaute.

Eine Vorstellung vom Zustand und der Ausstattung der Pfarrkirche wenige Jahre nach der Pfarrerhebung erhalten wir durch einen Bericht des dritten Steffeler Pfarrers Johannes Blum aus dem Jahre 1687 an den Weihbischof von Anethan: Der Hauptaltar ist dem hl. Erzengel Michael geweiht, der Nebenaltar auf der Evangelienseite dem hl. Apostel Thomas und den Heiligen Rochus und Hieronymus, der dritte zu Ehren des hl. Bernhard.

Pfarrer Blum klagte, die Pfarrkirche sei gänzlich zerfallen, die Pfarrgenossen und der Zehntherr würden sich jedoch weigern, die Reparatur der Kirche vorzunehmen. Dennoch ließen sich die Steffeler noch über zwanzig Jahre Zeit: 1711 endlich war der Neubau des Kirchenschiffes vollendet. Das mit dreiseitigem Chor geschlossene Kirchenschiff ist ein einfacher geputzter Bruchsteinbau mit gotisierendem Kreuzrippengewölbe und mit vier rund geschlossenen Fenstern auf jeder Seite, dazu zwei im Chor. Die Art der Fenstergestaltung und der Einwölbung sind typisch für die Nachwirkungen der Gotik noch im 17. und 18. Jahrhundert im Kirchenbau im Erzbistum Köln. Der alte Kirchturm aus dem Jahre 1556 mit einer schlanken, achtseitigen Schieferpyramide als Dach sollte noch über zweihundert Jahre stehen bleiben.

Der an der Ostseite angebauten Sakristei wurde vermutlich in dieser Zeit die geschweifte Barockhaube aufgesetzt. Das heute als Pfarrhaus bezeichnete stattliche Barockgebäude ist wohl das 1702 erwähnte Haus, das der Schultheiss von Steffeln - also der gräfliche Verwalter - Paulus Maass neben dem Schultheißen-Haus, der heute so genannten Burg, bauen ließ. Das Portal trägt ein bürgerliches Abtswappen und den Kronenburger Adler. Das erste Pfarrhaus ist in dem Haus Ennen vermutet worden.

Die Französische Revolution 1789 hatte unmittelbare Auswirkungen auf unsere Region, als französische Truppen im Oktober 1794 endgültig das gesamte linksrheinische Gebiet besetzten. Die österreichischen Besitzungen westlich des Rheins wurden bereits am 21.9.1795 der französischen Republik einverleibt. Dazu gehörte das Herzogtum Luxemburg, dem Steffeln landeshoheitlich unterstand. Steffeln bildete nun zusammen mit Schüller eine französische Gemeinde (Mairie) im Canton Cronenbourg im Ourthe-Departement mit der Hauptstadt Lüttich. Die Einführung der französischen Verfassung führte zu tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen, die besonders auch die Kirche betrafen: Der kirchliche Grundbesitz wurde verstaatlicht und vielfach versteigert, Klöster aufgehoben - darunter auch die altehrwürdige Benediktinerabtei Prüm. Der Friedhof wurde Eigentum der Zivilgemeinde - und blieb es bis heute. Der Pfarrer wurde vom Staat besoldet. Nachdem Napoleon und Papst Pius VII. ein Konkordat abgeschlossen hatten, erfolgte eine Neuumschreibung der Diözesen entsprechend den Grenzen der Departements. So wurde die Pfarrei Steffeln 1802 dem Bistum Lüttich zugewiesen und erhielt den Status einer Sukkursale (Unterpfarrei) der Oberpfarrei Kronenburg. Anders verhielt es sich mit Auel, das als gerolsteinischer Besitz erst 1801 von Frankreich annektiert wurde und dem Saardepartement mit der Hauptstadt Trier zugeteilt wurde. Auel gehörte von da an zum Bistum Trier und wurde der Pfarrei Duppach angegliedert. Mehrfach versuchte Auel während der folgenden hundert Jahre von Duppach weg und wieder nach Steffeln zu kommen oder selbständig zu werden. Die französische Herrschaft endete 1813 mit der Niederlage Napoleons. Bei der Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress 1815 wurde dem Königreich Preußen das Rheinland zugesprochen: Steffeln kam zum Kreis Prüm im Regierungsbezirk Trier, Auel dagegen zum Kreis Daun. Die neuen politischen Grenzen sollten wieder maßgebend werden für die kirchlichen Grenzen. Aufgrund der früheren Zugehörigkeit zum Bistum Lüttich kam Steffeln wie die andere Kronenburger Sukkursale Hallschlag (mit Ormont) am 21.8.1824 wieder zurück zum wieder gegründeten Erzbistum Köln, Dekanat Blankenheim, später Kronenburg. Damit bildete Steffeln zusammen mit der Filiale Schüller eine regelrechte kölnische Insel innerhalb trierischen Gebietes. Fast das halbe 19. Jahrhundert prägte Pfarrer Christian Mertens das kirchliche Leben in Steffeln. Er amtierte von 1822 bis 1868. Er war sehr engagiert. Da Steffeln keinen Frühmesser mehr hatte, las er hier auch die Frühmesse - seine Begründung: „Die Viehhirten bekämen sonst keine Messe." Begabte Bauernjungen bereitete er mit Unterricht auf das Gymnasium vor, damit sie in die Quinta oder Quarta (sechstes und siebtes Schuljahr) aufgenommen werden konnten. Das arg heruntergekommene Pfarrhaus wurde repariert; hier wurde auch Schule gehalten. In Schüller weihte er 1846 die neue Kirche ein (diese ist heute in ein Gasthaus umgewandelt). Unter Pfarrer Mertens kam es zu zahlreichen Neuanschaffungen für die Pfarrkirche: 1856 wurde in Waldlaubersheim eine neue Orgel gekauft, 1861 wurde die große, 12 Zentner schwere St. Michaelsglocke, die seit 1556 im Kirchturm hing, in Brockscheid umgegossen, weil sie gerissen war. Zusätzlich wurde eine neue Marienglocke gekauft. Das Geläute bestand nun aus drei Glocken, davon ist die kleinste die 1650 von Johann Blameuser zum Andenken an seinen von den Schweden ermordeten Vater. Die RenaissanceAltäre wurden aufgearbeitet und das Kirchendach erneuert. Eine völlige Neugestaltung des Kirchenraumes nach dem damaligen Geschmack im neugotischen Stil erfolgte unter Pfarrer Josef Frühling zwischen 1890 und 1900: Ebenso wie die Seitenaltäre wurde auch der heute noch vorhandene Hochaltar angeschafft, gefertigt 1890 von Kunstschreiner Haag aus Euskirchen.

Auch die Kommunionbank und die Kanzel wurden erneuert. 1910 bekam Steffeln mit Friedrich Wilhelm Bartholome wieder einen Pfarrer, der über lange Zeit - 30 Jahre - prägend wirkte, nicht nur als Seelenhirt, sondern auch als Heilpraktiker. Er musste miterleben, wie im Ersten Weltkrieg die beiden großen Kirchenglocken abgeholt wurden, um daraus Kanonen und Granaten zu gießen. Nur die kleine Glocke von 1650 blieb im Turm hängen. Wenige Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, in einer wirtschaftlichen Notsituation mit extremer Geldentwertung, musste die Pfarrei ein großes Bauprojekt angehen: Da der alte Kirchturm aus dem 16. Jahrhundert baufällig geworden war, zudem war 1904 der Blitz eingeschlagen, wurde 1923/24 „unter unsagbaren Opfern und Mühen" - so schreibt später Pastor Brühl - ein neuer Kirchturm gebaut, nach Plänen der bekannten Trierer Architekten Gracher und Peter Marx. Mit dem neuen mächtigen Westturm und einem großen „Ducksaal" hatte man erheblich mehr Platz für die Gläubigen gewonnen. Nachdem die Pfarrei Steffeln mehr als einhundert Jahren eine kölnische Insel inmitten des Bistums Trier gebildet hatte, änderte sich dieser Zustand, als im Konkordat des preußischen Staates mit Papst Pius XI. die Bistumsgrenzen neu festgelegt wurden: Am 30.8.1930 kamen Steffeln wie auch Schüller, Hallschlag und Ormont zum Dekanat Hillesheim im Bistum Trier. Pfarrer Bartholome starb 1940; die Gemeinde Steffeln hatte ihn, den erklärten Nazigegner 1936 - mitten in der NS-Zeit - zum Ehrenbürger ernannt: eine bemerkenswerte Geste - und stiftete ihm nach seinem Tod ein Basaltgrabkreuz. Der Nachfolger Bartholomes wurde 1940 Franz Brühl, erst 33 Jahre alt; er kümmerte sich sehr um die Jugend, hielt Kontakt mit den im Felde stehenden Soldaten, war historisch und volkskundlich interessiert. Nach seinem Entwurf wurde die Weihnachtskrippe gefertigt. Er führte 1947 den Martinsbrauch in Steffeln ein. Ihm ist auch der neue Kreuzweg nach Wahlhausen zu verdanken, den er am Gründonnerstag 1943 (22.4.) einweihte, „zum Gedenken an die Gefallenen des Krieges".

Auf seine Initiative geht das hoch über dem Dorf thronende Kapellchen auf Wahlhausen zurück. Mitten im Krieg, als die Front immer näher kam und tagtäglich die alliierten Bomberverbände dröhnend über Steffeln hinweg flogen, stellte er am 2. Juli 1944 das Dorf unter den besonderen Schutz der Gottesmutter. Die Steffeler gelobten eine Kapelle auf Wahlhausen zu erbauen, wenn das Dorf vom Krieg verschont werde. Mehrere Bombenteppiche gingen um das Dorf herum nieder, die Jagdbomber waren eine ständige Bedrohung, amerikanische Artillerie beschoss den Ort und die Haus- und Scheunendächer waren von Granateinschlägen durchlöchert, aber fast alle Häuser blieben bewohnbar; lediglich zwei Ziviltote waren zu beklagen. Am 6. März 1945 rückten die Amerikaner kampflos in das Dorf ein. Voller Dankbarkeit legte man bereits am 5. August 1946 den Grundstein für die Kapelle und kaum ein Jahr später, am 2. Juli 1947 konnte Franz Brühl das Kapellchen einweihen. Da auch im Zweiten Weltkrieg im dritten Kriegsjahr 1942 die erst 1926 neu angeschafften Glocken für Kriegszwecke abgeholt worden waren, bemühte sich Brühl bald um Ersatz. Dabei war er sehr kreativ: Metall war knapp und Glocken waren ja nicht gerade lebensnotwendig. Deshalb erbat er sich bei den Amerikanern zwei alte Panzer für einen Stahlglockenguss. Im Tausch gegen dieses so gewonnene Metall war 1949 die Glockengießerei Mark in Brockscheid in der Lage, neue Stahlglocken zu liefern. Neue bunte Glasfenster mit biblischen Motiven, entworfen von Franz Melchior (Köln), und von dem aus Steffeln gebürtigen Pfarrer Johann Matthias Finken (im Chor und im Turm) schmücken seit 1952 den Kirchenraum. Der Umfang der Pfarrei verkleinerte sich 1947 durch die Loslösung von Schüller, das zur Pfarrvikarie erhoben wurde. Als neue Filiale kam am 1.5.1954 Lehnerath von Lissendorf zu Steffeln: 9 von 10 Lehnerather hatten sich in einer Abstimmung für Steffeln entschieden. Ende der 1950er Jahre erfolgte unter Pastor Calmes eine durchgreifende Modernisierung des Kircheninnern: Die Seitenaltäre und die alte Kommunionbank wurden entfernt, ein Beichtstuhl eingebaut und eine Ölheizung in Betrieb genommen. Mitte der sechziger Jahre machte der neue Pfarrer Rudolf Krämer Furore.

Schon kurz nach seinem Amtsantritt am 30.5.1965 verwandelte er die „Burg" in ein „Jugendparadies", wie die Zeitung „Trierischer Volksfreund" im Januar 1966 titelte. Pfarrer Krämer, ein „technisches Universalgenie", hatte für die Jugendlichen in der Burg ein Bastelheim eingerichtet, das in seiner technischen Ausstattung und Perfektion seinesgleichen im Kreis Prüm und weit darüber hinaus suchte. Amateurfunk, Fotografie, Filmtechnik, ein komplett eingerichtetes Filmatelier, Flugzeugmodellbau betrieb er mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Der Saal im obersten Geschoss der Burg wurde zum Spielraum, ausgestattet mit Kicker, Billard und vielen andern Spielen, Dingen, von denen Jugendliche und Kinder damals in den Eifeldörfern nur träumen konnten. Er veranstaltete Kurse in Krankenpflege und Erster Hilfe. Den Sportverein Blau-Weiß Don Bosco Steffeln rief er im Juni 1965 zusammen mit Lehrer Bruno Gorges ins Leben. Leider war Pastor Krämer nur eine kurze Zeit in Steffeln beschieden; er starb bereits am 30.8.1966.

Der letzte in Steffeln residierende Pfarrer war Karl Hardt, ein Jesuit und Ruhestandsgeistlicher, der von 1967 bis 1970 das Pfarrhaus bewohnte. Pfarrer Dahm aus Duppach verwaltete zwischenzeitlich mehrmals die Pfarrei; nach 1970 hatten Pfarrer der Nachbargemeinden das Amt inne. Unter Pfarrer Klaus Dieter Scherer (Niederbettingen) (1970 bis 1977) erfolgte 1974/5 eine umfangreiche Innen- und Außenrenovierung zusammen mit einer Neugestaltung der Empore; neue Kreuzwegbilder wurden angeschafft, der Innenputz erneuert. Aus einem Teil der neogotischen Kommunionbank vom Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Zelebrationsaltar gestaltet. Von 1977 bis 1998 amtierte Pfarrer Hermann Gummich aus Lissendorf und seit dem 1. Juli 1998 Pfarrer Wieslaw Stepka (Duppach) - als der 22. Pfarrer von Steffeln. Immer wichtiger sind für das kirchliche Leben die Mitarbeit und Initiative der Laien, des Pfarrgemeinderates und des Verwaltungsrates geworden: Herausragendes Beispiel dafür ist die am 4.2.1999 angegangene umfassende und grundlegende Innenrenovierung des Kirchenraumes. Die gestalterische Leitung hatten Vera Finken und Peter Bongards. Die Empore, in Steffeln Ducksaal genannt, wurde neu gestaltet, der Aufbauentfernt, der Boden wurde terrassenförmig neu angelegt.

Insgesamt kamen 3450 Arbeitsstunden zusammen, eine unglaubliche Leistung der Pfarrangehörigen - ein ebenso bemerkenswertes Ergebnis erbrachten die Haussammlungen und Spenden. Die Ausstattung der Kirche ergänzte eine neue elektronische Orgel, die am 7.12.2003 eingeweiht wurde. Nach fast genau zweihundert Jahren, am 3. Juli 2007, kam die frühere Filiale Auel im Zuge einer „Umpfarrung" wieder zu Steffeln zurück, wodurch sich der Umfang der Pfarrei deutlich vergrößerte.

Auf das Jubiläumsjahr 2010 folgt ein Jahr mit gravierenden Veränderungen: Die Steffeler haben für die Pfarreiengemeinschaft Stadtkyll votiert, so dass die seelsorgerische Versorgung ab dem 1. September 2011 wieder von Norden her erfolgen wird - wie es vor 350 Jahren einmal gewesen war. Als Wunsch für die Zukunft der kleinen Eifel-pfarrei sei an dieser Stelle der Segensspruch aus der Umpfarrungsurkunde zitiert: „Möge die neue Zuordnung für die Gläubigen ein Segen sein!"

Literatur- und Quellennachweis:

Becker, Johannes: Geschichte der Pfarreien des Dekanates Blankenheim. Köln 1893 (Geschichte der Pfarreien der Erzdiözese Köln IV, hrsg. von Karl Theodor Dumont) Bistumsarchiv Trier. Bestand 71, Nr. 203: Pfarrakten Steffeln Brühl, Franz: Chronik von Steffeln. Allerlei über Orts- und Pfarrgeschichte und allgemeine Eifelgeschichte. ca. 1943 (unveröff. Manuskript im Bistumsarchiv Trier, Bestand 71, Nr. 203 Nr. 29a) Franz, Gunther: Reformatorische Bestrebungen, Reformation und Rekatholisierung im Kurfürstentum und im Erzbistum Trier. In: Kirchenreform und Konfessionsstaat 1500-1801, hrsg. v. Bernhard Schneider. Trier 2010 (Geschichte des Bistums Trier 3) (Veröffentlichungen des Bistumsarchivs Trier 37)

Hegel, Eduard: Das Erzbistum Köln zwischen der Restauration des 19. Jahrhunderts und der Restauration des 20. Jahrhunderts 18151962. Köln 1987 (Geschichte des Erzbistums Köln 5) Molitor, Hans-Georg: Das Erzbistum Köln im Zeitalter der Glaubenskämpfe 1515-1688. Köln 2008 (Geschichte des Erzbistums Köln 3).

Oster, Peter: Geschichte der Pfarreien der Dekanate Prüm-Waxweiler. Trier 1927 (Geschichte der Pfarreien der Diözese Trier III, hrsg. v. Matthias Schuler)

Schug, Peter (Bearb.): Geschichte der zum ehemaligen Eifeldekanat gehörenden Pfarreien der Dekanate Adenau, Daun, Gerolstein, Hillesheim und Kelberg. Trier 1956 (Geschichte der Pfarreien der Diözese Trier V, hrsg. v. Matthias Schuler) * Überarbeitete und erweiterte Fassung meines Vortrages auf der 350-Jahr-Feier der Pfarrei Steffeln am 21. November 2010.