Arnold Bernstein und seine Schifffahrtsgesellschaft

Helmut Schäfer, Gerolstein

Im Heimatjahrbuch 2006 schrieb Wilma Herzog unter dem Titel „ Ein genialer Reeder und sein Schiff namens Gerolstein" über den Reeder Arnold Bernstein (geb. 1888 in Breslau-verst. 1971 in Palm Beach) und seine Atlantikschiffe. Selbst das Jüdische Museum (Liebeskind - Bau) in Berlin widmete Arnold Bernstein im Jahr 2008 eine Sonderausstellung unter dem Titel: „Im Wechsel der Gezeiten - Der Reeder Arnold Bernstein". Hier war zu erfahren, dass der Nachlass dem Jüdischen Museum von den Erben des Reeders, Herrn Ronald Barnes und seiner Tochter Susan Barnes, gestiftet wurde. Die Ausstellung folgte chronologisch der Lebensgeschichte des Reeders.

Herausragende Exponate waren ein Schiffsmodell des ersten Schiffes von Arnold Bernstein von 1929 sowie ein Gemälde des Schiffes „Tel Aviv" - dem Schiffseiner für die jüdische Auswanderung auf der Linie Triest - Haifa gegründeten Reederei. 1933, nach seinem Einstieg in das Passagiergeschäft schaffte es Bernstein nach schwierigen Verhandlungen mit den Nazis und in Kooperation mit den Zionisten* , die unter jüdischer Flagge verkehrende Palestine Shipping Company ins Leben zu rufen. Fast zwei Jahre lang, von 1935 bis 1937, reisten jüdische Emigranten auf Bernsteins Schiffen nach Israel aus. Zu sehen waren zudem Urkunden, Briefe, Menükarten und Passagierlisten. Auch der Deckplan zweier Passagierschiffe, ein Mützenband von einem der Schiffe sowie zahlreiche Fotografien aus seinem Nachlass konnte man sich ansehen. Viele seiner registrierten bzw. von ihm bereederten maschinengetriebenen Seeschiffe endeten auf -stein:

Falkenstein - Eberstein - Hohenstein - Königstein - Lichtenstein - Ilsenstein - Lahnstein - Traunstein - Drachenstein - Gravenstein - Gerolstein. Ob dies mit der Endung seines eigenen Namens zu tun hatte, oder welchen Grund es hatte, war nicht herauszufinden. Für den interessierten Leser: 1963, mit 75 Jahren schrieb A. Bernstein seine Lebenserinnerungen: „Von Breslau über Hamburg nach New York 'Arnold Bernstein - ein jüdischer Reeder'" - (Convent Verlag GmbH - Hamburg). Bernstein war einer der kreativsten und erfolgreichsten deutschen Reeder. Auf dem Höhepunkt seines Erfolges wurde er 1937 von den Nazis inhaftiert und enteignet, fast das gesamte Firmenarchiv wurde vernichtet. Seiner Frau Lilli gelang es schließlich, ihn 1939 mit Hilfe befreundeter Industrieller freizukaufen und so die Übersiedlung nach Amerika zu ermöglichen. In seiner neuen Heimat kämpfte der Reeder um die Wiedereröffnung einer Passagier-Linie nach Europa. Als Bernstein sein Vorhaben 1957 umsetzen wollte, war die Idee der Touristen - klassenschiffe - mit kleiner 1. Klasse - längst Allgemeingut geworden. Noch entscheidender aber war, dass ab 1958 mit Fluggesellschaften mehr Passagiere über den Atlantik flogen als mit Schiffen fuhren. Die Ära der Linienpassa-gierschifffahrt stand damals kurz vor dem Ende, tagelange Atlantiküberquerungen wurden kaum noch gebucht, die Reedereien erfuhren erst wieder einen Aufwind durch die modernen Kreuzfahrtschiffe. Geschäftsmentalitäten wie sie Arnold Bernstein verkörperte waren kaum noch gefragt, die Globalisierung der Unternehmen verdrängte die Patriarchen alten Stils. (Bildmaterial Archiv Helmut Schäfer, Gerolstein)

* Erklärung aus dem Brockhaus - Zionismus : jüdisch — national - religiöse Bewegung, von Theodor Herzl (1860 - 1904) neu belebt. Der 1. zionistische Weltkongress forderte 1897 forderte für das jüdische Volk die Schaffung einer gesicherten Heimstätte in Palästina. Mit der Balfour-Erklärung von 1917 begann die Verwirklichung dieser Forderung, die 1948 mit dem Abzug der britischen Truppen nach Erlöschen des britischen Palästinamandats und durch die Proklamation des Staates Israel ihren Abschluss fand. Der Zionismus war auch um die Neubelebung der hebräischen Sprache und Kultur bemüht.