Heitere Episoden aus unserem Dorf

Martin Hens, Müllenbach

Anekdoten aus früherer Zeit

Wahre und witzige Geschichten von Müllenbacher Originalen

Überliefert sind viele heitere Histörchen aus vergangenen Tagen, die ich und die Ältere Generation aus Müllenbach erlebt hat und die es wert ist, der Nachwelt zu erhalten.

Mathias Hansen, von Beruf Zimmermann,

war durch seine ulkigen Sprüche im ganzen Dorf als Spaßvogel und Faxenmacher wohl bekannt. Genannt wurde er nach seinem Hausnamen: „ Jüppjes Mattes". Seine Frau „Amme" stammte aus einem jungfrauenreichen Hause in Rothenbach. Eine der „Reliquien", wie er die unverheirateten Frauen des Hauses nannte, nahm er sich als Ehefrau. Als seine Frau verstorben war, zog er zu seiner einzigen Tochter, die auf einen Bauernhof in Westfalen eingeheiratet hatte. Jedes Jahr an Allerheiligen kam Mattes nach Müllenbach, um das Grab seiner Frau aufzusuchen. Er hing sehr an Müllenbach, war im Dorf beliebt und suchte stets Gespräche mit der Dorfbevölkerung. Wenn man ihn fragte: „Na Mattes, böste och wier ömm Land ?", kam die Antwort: „ Eijoh, ech sein bie jiddes Johr mött de Holejänse kunn". Damit hatte Mattes nicht die Unwahrheit gesagt, denn er kam mit den Haushaltswarenverkäufern, die in Landscheid/Eifel beheimatet waren in seine alte Heimat. Weil diese Hausierer mit ihren Planfahrzeugen im Frühjahr Richtung Norden fuhren, und im Herbst die Heimfahrt nach Süden erfolgte, nannte man sie „Holejänse". Diese Fahrensleute, die auch in Westfalen ihre Waren anboten, nahmen Mattes auf der Heimfahrt mit, weil sie ohnehin die Strecke über Müllenbach - Daun bevorzugten. Auf die Frage: „ Mattes, bo wonnst Dau dann önn Westfalen?", antwortete er: „wenn dau önn Westfalen erönn küss, wonne ech direkt links ömm ieschte Haus." In den 1960er Jahren war Mattes an Allerheiligen wieder in seiner alten Heimat Müllenbach. Auf dem Heimweg vom alten Friedhof begegnete Mattes seinem früheren Nachbarn, Johann Willems, Posthalter in Müllenbach. Johann Willems war von Geburt an behindert und außergewöhnlich klein geblieben. Meines Wissens war Johann Willems damals etwa 65 Jahre alt, also war seine Wachstumszeit längst Vergangenheit. Mattes begrüßte seinen ehemaligen Nachbarn mit den Worten:

„Joden Dach, Juhann, dau häß äwwer diesjo-ohr noch ees ön joode Schoß jemach". Das soll heißen: „ Johann, du bist in diesem Jahr aber gut gewachsen." Mathias Hansen betrieb bis 1950 im Nebenerwerb ein Zweigstellen-Warenlager der Raiff-eisenkasse Kelberg. In seinen landwirtschaftlichen Gebäuden lagerten Düngemittel und Saatgut.

Im Frühjahr eines Jahres kam der Lehrer der Volksschule Müllenbach Anton Stein zum Warenlager um Pflanzkartoffeln und Kunstdünger zu kaufen. Der Lehrer bewirtschaftete auf dem Schulgelände einen umfangreichen Nutzgarten.

Anton Stein stellte an Mattes die Frage:, welchen Kunstdünger empfehls du mir, Mattes antwortete spontan, „ all Bauerschleut doon 9 x 9 bei de Schrompere". (9 x 9 war die Bezeichnung für Schwefelsaures Ammoniak 9 % + 9 % Anteile an Stickstoff.

Mattes sagte weiter, „mött 9 x 9 greiste och je-nau su en Zentimeter decke Schrompere". Während Mattes den Dünger in eine Tüte füllte, merkte der Lehrer nicht, dass er eine Priese Runkelrübensamen mit beigemischt hatte.

Während der Wachstumszeit stellte Stein fest, dass außer den Kartoffeln auch die Runkelrüben prächtig gedeihten und zur Erntezeit eine Größe von 9 x 9 cm erreichten. Die Kartoffeln wurden aber unterdrückt und blieben winzig klein.

Lehrer Stein hatte sich in seiner Jugend das Veredeln von Obstbäumen angeeignet. In Nachbarsgarten von Mathias Hansen stand ein Eierpflaumenbaum, von diesem Baum wollte Mattes die Edelreiser zum „possen" haben. Im folgenden Frühjahr führte Anton Stein den erforderlichen Baumschnitt durch um einige dicke Äste zu veredeln. An einem Hauptast pfropfte er aber so genannte Wildreiser, die er sich bereits im Januar besorgt hatte. Nachdem die veredelten Äste des Pflaumenbaumes eiergroße Früchte brachten, war Mattes sehr enttäuscht, als ein großer Ast nur schlehengroße Pflaumen („Bräumchen") trug. Die beiden hatten gegenseitig aufgerechnet und waren damit quitt. Die gute Freundschaft hatte keinen Bruch erlitten.

Franz Xaver Weber, Beruf Schustermeister

Ein Mann mit besonders sinnigem Humor und ein Original Erster Güte . Xaver Weber besaß in Müllenbach eine urige, unterhaltsame Schusterwerkstatt, die gerne und oft von den Männern des Dorfes aufgesucht wurde. Dort wurden viele Streiche und spaßige Ideen geboren. Neben seinem Handwerk betrieb „ de Weber", so wurde er genannt, in der Nachkriegszeit, der so genannten Maggel-und Hamsterzeit, einen kleinen Handel mit geschmuggelten und gehamsterten Waren.

Außer Zigaretten und Schnaps war echter Bohnenkaffee heiß begehrt. Insbesondere, da er selbst den Kaffeegenuß zu schätzen wusste. Abnehmer für seine Waren hatte er als Schumachermeister zu genüge, da er einen großen Kunden- und Freundeskreis hatte. Als Zahlungsmittel kamen natürlich nur Butter und Speck (Fettiges) in Frage. Bei diesem Tauschhandel galt eine spezielle NaturalienPreisliste. Weber kannte seine Hausgäste zur Genüge, auch die, welche Spaß vertragen konnten. So entleerte er die Original Kaffeeverpackungen, füllte sie mit Erbsen und verschloss sie wieder fachgerecht.

„Schull Hennes" wollte seiner Frau Gret eine große Freude bereiten und kaufte bei Weber ein Pfund Bohnenkaffee. Bei der Übergabe sagte de Weber zu Hennes: „nau maach die Tütt nett fröher obb, iescht wenn dau de Heem böss, soß verfleecht datt joot Aroma."

Die Enttäuschung und die dicke Luft zu Hause bei Gret kann man sich vorstellen. Eine große Leidenschaft bei Weber war das Kartenspiel. Xaver Weber traf sich öfters mit Skatbrüdern aus Kelberg, um in der Privatwohnung der Metzgerei Gyr einen Skatabend zu verbringen. An einem Abend gegen Ende der Runde suchte Weber unter einem Vorwand Frau Gyr in der Küche auf und sagte zu ihr: „heut oewend homme nett ümm Jeld jespillt, sondern ümm Wuuscht, gank önn de Lade unn holl poor Ring." Nichts ahnend händigte Frau Gyr Xaver Weber die Würste aus, in der Annahme, dass er sie zu den Skatbrüdern bringen würde. Stattdessen schwang Xaver Weber sich auf sein Fahrrad und fuhr seelenruhig nach Hause zu seiner Frau "Lenchen". Franz Xaver Weber war keiner, der seine Mitmenschen betrogen oder ums Ohr gehauen hätte, sondern die Wiedergutmachung war für ihn eine Selbstverständlichkeit.

Michael Schumacher,

Hausname: Slamme Mechel. Michael Schumacher war überwiegend als Garten- und Feldsaatenverkäufer der Samenhandlung P. Jung aus Nürburg beschäftigt. Mechel war weit und breit, über die heimatlichen Grenzen hinaus, als schlagfertiger, humorvoller Spaßvogel bekannt. Ob in Müllenbach, auf seinen Arbeitsstellen oder bei seiner Samenkundschaft galt er als Stimmungskanone.

Mechel besaß ein leichtes Moped, auf dessen Gepäckträger er verbotenerweise ab und zu mal seine Frau „Trainche" mitnahm. An einem schönen Sommertag befanden sich beide mit dem Moped auf der Heimfahrt von Kelberg nach Müllenbach, wie gewöhnlich Trainche auf dem Gepäckträger und die Beine weit gespreizt, da keine Fußrasten vorhanden waren. Dem Polizeihauptwachmeister Köllen aus Kelberg war Mechel kein Unbekannter. Er kannte ihn als lustigen, schlagfertigen Müllenbacher. An der Straßengabelung in der Ortsmitte, Ecke ehem. Tankstelle Kreusch, war allgemeine Verkehrskontrolle. PHW Köllen stand mit erhobenem rechten Arm mitten auf der Straße, um auch Mechel wegen seiner verkehrswidrigen Personenbeförderung anzuhalten. Statt anzuhalten fuhr Mechel mit erhöhtem Tempo um Köllen herum weiter, lachte ihn an und rief dem Polizisten zu: „dau seist doch datt ech voll honn, unn dech nett möttholle kann."

Michael Schumacher benutzte ganz selten die Eisenbahn als Beförderungsmittel, ihm war das „Zuchforre" nicht geläufig. Eines Tages wollte Mechel mit der Bahn nach Frechen, um seine beiden Geschwister dort zu besuchen.

In Remagen musste er umsteigen und stieg in Unkenntnis in einen Schnellzug. Nach kurzer Zeit erschien ein Schaffner, um die Fahrkarten zu kontrollieren. Der Schaffner machte Me-chel darauf aufmerksam, dass er sich in einem Eilzug befände und nachlösen müsste, also nachzahlen. Mechel hatte sofort ein Gegenargument parat und sagte dem Schaffner: „Ech kann doch nett dofür, datt der Zuch su flott fiehrt, jank saach demm Chaufuer dovür, er künnt wejen meiner jett langsamer forre."

Noch eine wahre Geschichte

In früherer Zeit, etwa bis in die 1950er Jahre, gab es in den Eifeldörfern Kaufleute, die landwirtschaftliche Erzeugnisse, insbesondere Butter, Geflügel und Eier den Bauersleuten abkauften, um sie dann in Kelberg, Adenau oder an der Ahr an Haushalte ohne Viehbesitz weiter zu verkaufen. Hierzulande gab es, um nur einige zu nennen „d' Hohnerhück", „d' Heringsmechel", „d' Eier-mechel" oder „die Bottertriehn". Letztgenannte kam aus Nitz und musste ihre Tätigkeit als Kauffrau zu Fuß bewältigen.

Eines Tages suchte die Bottertriehn die Arztpraxis von Dr. Esten in Kelberg auf. Zu dieser Zeit trugen Frauen ausschließlich selbst gestrickte Wollstrümpfe, „Hosse" genannt. Diese Hosse wurden von der älteren Generation statt mit einem Strumpfhalter, oberhalb vom Knie mit einem Gummiband, einem Einmachgummi, gehalten. Der Einmachgummi war eigentlich der wichtigste Bestandteil der Weck-Einmachgläser und war erforderlich für die Haltbarkeit des InhaltesAuch Michael Schumacher musste zu Dr. Esten nach Kelberg. Im Wartezimmer des Arztes war für Mechel nur noch ein Platz gegenüber der Bottertriehn frei. Plötzlich sah Mechel wie der korpulenten Bot-tertriehn ein Einmachgummi, „Hossbennel", auf den Boden zu ihren Füßen fiel. Vermutlich war der Gummi altersbedingt brüchig geworden oder aufgrund ihrer dicken Beine auseinander gerissen. Bottertriehn erschrak natürlich und bekam einen feuerroten Kopf. Mechel sagte seelenruhig und schlagfertig: „Triehn, öß Dir e Jelaas obbjange?"

Den Hausfrauen passierte es ab und zu, dass ein Weck-Glas aufging und das Einmachgut ungenießbar wurde, weil der Einmachgummi schadhaft war. War ein Einmachglas aufgegangen, entstand im Spind oder im Keller ein unwiderstehlicher fauler Geruch. Verständlicherweise gab es im Wartezimmer ein großes Gelächter, dass auch von Dr. Esten im Sprechzimmer gehört wurde. Der Arzt begab sich ins Wartezimmer, um der Sache auf den Grund zu gehen. Dort sah Dr. Esten Mechel sitzen und er sagte: „Das Spektakel kann nur der Mülleme Mechel angestellt haben". Diese kurzen Begebenheiten, an die ich mich noch gerne erinnere, sind ein kleiner Auszug aus dem früheren Dorfleben in Müllenbach, wo es viele dieser Originale und Spaßvögel gab.