Lebendig verbrannt

Gedenkstein in Jünkerath erinnert an grausigen Unfall

Rainer Helfen, Jünkerath

Am 13. April 2012 übergab die Gemeinde Jünkerath im Beisein von Vertretern der Gemeinde Lammersdorf bei Simmerath in einem kleinen Festakt der Öffentlichkeit einen neuen Gedenkstein. Zu sehen ist er in einer Stützmauer am Ortseingang von Jünkerath in der Straße «Am Herrenkopf».

Er ersetzt einen ehemaligen, aber mittlerweile unbrauchbaren Stein und erinnert fortan wieder an einen tragischen Unfall, bei dem ein 17-jähriger Lammersdorfer auf schreckliche Weise ums Leben kam. Ausgangs des 19. Jahrhunderts war in Lammersdorf der Straßenbau-Unternehmer Michael Wilden (Dorfname «Walzemejchel» * 14.04.1862 + 02.03.1934) ansässig. Seine Dampfwalzen wurden von der Preußischen Eisenbahnlinie durch ganz Deutschland befördert. Das schwere Arbeitsgerät samt Werkstattwagen und Zubehör kam so auch nach Jünkerath, wo 1896 die Provinzialstraße erneuert wurde. Am Mittwoch, 17. Juni 1896, war Michael Wildens 17-jähriger Bruder Joachim (* 17.02.1879 in Lammersdorf) zum Arbeitseinsatz mit der Dampfwalze eingeteilt. Diese wurde mit Kohle und Holz gefeuert. Die Mechanik musste regelmäßig geölt und gefettet werden. Aus einem nicht bekannten Grunde fing die rauchspeiende Maschine Feuer. Da Joachim Wildens Kleider mit Öl durchtränkt waren, stand er wenig später lichterloh in Flammen. Er sprang brennend von der Walze und wollte von der Provinzialstraße aus an die Kyll laufen, um seine brennenden Kleider zu löschen. Allerdings schaffte er es nicht mehr zum rettenden Gewässer und verbrannte auf der anliegenden Wiese.

Dieser tragische Unfall hatte die Menschen in Jünkerath tief schockiert und sehr bewegt. Wenig später wurde an der Unglücksstelle ein Denkmal aus rotem Sandstein errichtet, das an das Unglück erinnern sollte. Man kann davon ausgehen, dass der Firmeninhaber des Straßenbauunternehmens, Michael Wilden, dieses Denkmal für seinen Bruder erbauen ließ. Lange Zeit war das Denkmal an der Straßenführung für die Menschen ein Grund innezuhalten und sich zu besinnen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war der poröse Stein vermodert und mit Flechten, Moosen und Gestrüpp überwachsen. 1976 wurde er wieder ans Tageslicht befördert und aufgestellt. In den Jahren danach hat die Natur den Stein wieder überwuchert und versteckt. Er konnte nicht mehr wahrgenommen werden. Erst im Jahre 2011 tauchte der Stein in Folge umfangreicher Straßenbaumaßnahmen wieder auf. Da die Schriftzüge auf ihm kaum noch lesbar waren, wurde auf Initiative der Orts-

gemeinde Jünkerath ein neuer Gedenkstein, ebenfalls aus rotem Sandstein, angefertigt. Da es kaum mehr Informationen zu diesem Gedenkstein gab, waren aufwändige Recherchen notwendig. Ein ehemaliger Mitarbeiter der Straßenmeisterei Gerolstein erinnerte sich an ein Schreiben des Opel-Händlers Johann Bohnen aus Jünkerath aus dem Jahre 1975. In diesem bedankte er sich bei der Straßenmeisterei Gerolstein für die Wiederaufstellung des Steines und gab die Geschichte von dem Unglücksfall wieder, die sein Vater (* 1857) ihm immer wieder erzählte.

Ebenso der in Lammersdorf/ Simmerath ansässige Geschichtsverein half sehr bei weiteren Recherchen, die es ermöglichten, das tragische Geschehen von 1896, das einem jungen Menschen das Leben kostete, lückenlos zu erforschen. Mit der Erneuerung dieses Gedenksteins für den verbrannten Joachim Wilden sowie mit einer dazugehörigen Informationstafel, kann Jünkerath ein weiteres sichtbares Dokument seiner reichhaltigen Geschichte aufweisen, das dank einiger Sponsoren erhalten beziehungsweise wieder neu geschaffen werden konnte.

Foto: Geschichtsverein Lammersdorf