Die Turnemühle bei Desserath

Gerd Stolz, Landscheid / Matthias Heinen, Bleckhausen

Die erste Urkunde, die eindeutig der Turnemühle zugeordnet werden kann, obwohl die Mühle älter ist1, stammt aus dem Jahr 1715: Am 12. Oktober dieses Jahres erhält Jakob Thulen von Deudesfeld die Mühle unter Desserath auf St. Thomaser Klostergrund zum Wiederaufbau von der Äbtissin. Bereits 1723 schreibt die Äbtissin Mohr vom Wald zu St. Thomas, dass Hubertus Müsch und Dionysus Heinskyll den Mühlenbrief an sich gebracht hätten.

Hierbei handelt es sich auf den ersten Blick um einen bemerkenswerten Vorgang. Wie sollen zwei Männer eine Pachturkunde an sich bringen? Die Feudalherren, in diesem Fall das Kloster St. Thomas an der Kyll, belehnten Untertanen mit verschiedenen Gütern und empfingen dafür Abgaben, die vorher festgehalten wurden. Bei Verstößen wurde das Lehen wieder eingezogen und neu vergeben. Und nur über diesen Weg konnten die beiden Männer den Brief erhalten haben. Dies wird dann auch zu einem späteren Zeitpunkt ersichtlich, denn der Deudesfelder Schultheis Matthias Schmit bestätigt 1732, dass „diess Brieff ist abkaufft word durch den Ersamen Hubertus Müsch so wie auch Dionisus Heinskyl im jahr 1723 den 1 December."

Dionysus Heinskyll war verheiratet mit Elisabeth, der Tochter von Hubert Mostert, von der Äbtissin Müsch genannt. Heinskyll stammte gebürtig von der Heinzkyllsmühle in der Pfarrei Auw, er lebte und arbeitete bis zu seinem Tode 1729 auf der Messericher Mühle. Bei Hubert Mostert handelt es sich um den Schwiegervater von Dionysus Heinskyll. Er ist 1724 in Messerich verstorben. In zweiter Ehe ehelichte er die Witwe Elisabeth Endres, sie war die Mutter des auf der Bleckhausener Mühle ansässigen Müllers Simon Endres. Sein gleichnamiger Sohn Hubert Mostert betrieb zu dieser Zeit die Meerfelder Mühle. Nach dem Tod dieser Beiden ging die Mühle an einen Johann Jakob Seinsfeld über. Er lebte und arbeitete als Müller in Bickendorf und ist 1744 in Alter von 45 Jahren dort verstorben, wie aus dem Jahrgeding Deudesfeld hervorgeht:

„Hierauf erschien Haubricht Morten [Hubert Mostert] Müller von der Meerfelder Mühle namens seiner Schwester Tochter Margaretha Elisabeth Witwe [von] Hans Jakob Seinsfeld, Müller zu Bickendorf und gab derselb sich an wegen auswendigen des Churmuhts, so durch den Sterbefall gesagtes Hans Jakob Seinsfeld als Eigentümer der Thulenmühle binnen dem Bezirck Deudesfeld fällig [ge]worden, begehrte allsolches Churmuth der Billigkeit gemäß zu taxieren...

Das [Die] wegen Sterbefall des Hans Jakob Seinsfeld, Eigentümer der Thulenmühle fällige Churmuth wird hiermit für jetzt und als auch ins künftige in Ansehung der Mühlenpacht bis auf 4 Sester nachgelassen worden :/ also moderirt das gesagte des Hans Jakob Seinsfeld hinterlassene Witwe oder Erben einer hochwürdigen gnädigen Frau Äbtissin zu St. Thomas ad ein Reichstahler, so viel auch ihr chur-fürstliche Gnaden von Trier vermögen einem Vertrag wegen der auswendigen Churmuth de Anno 1742 zahlen und entrichten soll..."

Hier kann man sehen, dass zwar der Name ein anderer war, es sich aber um dieselbe Familie handelt. Die Schwester Katharina des Meerfelder Müllers Hubert Mostert war in Bickendorf verheiratet mit Christoph Müller und beider Tochter heiratete einen Johann Jakob. Dieser wurde bei der Taufe seiner ersten Tochter mit dem Namen Weber aus Seinsfeld genannt, bei den weiteren Taufen heißt er Johann Jakob Seinsfeld. Diese Familie lebte auf der Bickendorfer Mühle. Nun stellt sich die Frage: Alle genannten Pächter betrieben Mühlen im heutigen Ei-felkreis Bitburg, wer wohnte und arbeitete eigentlich auf der Turnemühle? Hier tritt ein außergewöhnlicher Fall auf, denn die Mühle wurde wohl, im heutigen Sprachgebrauch würde man sagen, untervermietet. Um 1740 lebte ein Johann Molitor mit seiner Frau Johanna Weber auf der Mühle. Auch diese beiden gehörten zu dem Müllerclan dazu. In den Kirchenbüchern Seinsfeld finden wir nicht nur den Johann Jakob Weber aus dem Conen Haus, der eine Witwe Margarethe Elisabeth Müller in Bickendorf heiratet und dort Seinsfeld genannt wird, sondern auch seine Schwester Johanna, die den Bickendorfer Lehrer und Küster Johann Molitor ehelicht. Sie werden später bei Taufen von Kindern ihrer Geschwister in den Pfarreien Seinsfeld und Eisenschmitt als Paten von der Thullenmühl erwähnt. Johann und Johanna werden dann vor 1750 auf der ungefähr zwei Kilometer entfernten Mausenmühle als Eigentümer sesshaft. Ihre Tochter Susanna heiratete 1755 den Johann Peter Scherer und ist nach Bickendorf verzogen.

Die Turnemühle wechselte um diese Zeit auch den Besitzer, denn 1750 verkauft Peter Crisour von Deudesfeld dem Thoulen Müller Christian Bootz eine Wiese. Kurz darauf ist wieder ein anderer Müller auf der Mühle, derjenige, der zum Namensgeber wurde: Andreas Dornau. 1755, den 03. Januar, leiht sich der Andreas Toma von der Tollenmühle beim Pastor in Niederöfflingen Geld, als Unterpfand setzt er seine gekaufte Mühle. Der Geldleiher war Johann Medard (Medardus) de Bohse aus Kyllburg, von 1730-56 Pfarrer in Niederöfflingen. Andreas Dornau stammte aus Woerth an der Sauer 20 Kilometer westlich von Weissemburg im Unterelsass (im heutigen Frankreich), zum ersten Mal erwähnt wurde er in Wittlich: Am 20.04.1748 lassen Andreas Dornan und seine Ehefrau Anna Maria Hoen Tochter Anna Eva dort taufen, anschließend versuchte er in Niederkail eine Mühle aufzubauen, allerdings ließ der Erfolg auf sich warten, denn er geriet dort zwischen die Interessen der geistlichen und der weltlichen Herren. Seine Frau kann später ebenfalls an der Salm nachgewiesen werden: 1757 war sie Patin in Meisburg als Anna Maria Durna von der Thulenmühle. 1766 tritt ein Bartholomäus Durna von der Deisdesfelter Mühle in die Bettenfelder Bruderschaft ein. Einen Hinweis auf seine Ehefrau findet sich in Oberkail, dort wird Maria Reuland am 13.06.1766 getauft. Als Taufpatin tritt eine Maria Kort, Frau von Bartollomäi Kort Müller in Deudesfeld, auf. War Kort der Hausname des Bartholomäus, weil er in die alte Deudesfelder Familie eingeheiratet hatte? Oder trug er den Hausnamen Durna, weil er auf dieser Mühle lebte? Dieser Umstand wird wohl nicht mehr endgültig geklärt werden können, da die Deudesfelder Kirchenbücher vor 1789 verschollen sind.

Vielleicht war er auch Mitbesitzer der Mühle, dass würde erklären, warum Bernhard Dornau später geschrieben hat, dass er die Mühle zur Hälfte geerbt und zur Hälfte gekauft hat, s.u. Bartholomäus war 1761 Pate in Neroth und 1763 in Meisburg als Cordjen Bartholomaeus aus der Thulenmühle.

Am 16.03.1781 lassen Bernhard Dornau, Betreiber der Turnemühle, verheiratet mit Anna Lengen, Sohn Johann in Deudesfeld taufen. Ein weiteres Kind war Gertrud, geboren um 1770, die mit Johann Müller verheiratet war. Sie wurde von Bernhard Dornau anlässlich ihrer Heirat als leibliches Kind anerkannt, s.u. Im Bruderschaftsbuch Bettenfeld steht auf Seite 84 folgendes geschrieben: „den 27ten Jan. 1782 hatt Bernardus Tone von der Thulmühl an der bruderschaft gelehnet 10 RT Trierisch, welche er verspricht mit interesse zu erlegen oder die gebührende pension zu zahlen biß erlegung des Capitals zu urkund dessen hatt er des schreibens unerfahren sich verhandzeichnet an jahr undt tag wie oben Bernardus Torne [Handzeichen +]

O.M. [Otto Matthias] Bisenius [Anmerkung: damals Pfarrer von Bettenfeld)] Am 12.12.1785 beantragt Bernhard Dornau über ein Schreiben des Amtsverwalters Linz in Manderscheid an die kurfürstliche Regierung in Koblenz eine Ölmühle anbauen zu dürfen, was noch im selben Jahr genehmigt wurde. Bernhard Dornau gibt 1794 im Ehevertrag der von seiner in die Ehe eingebrachten Tochter Gertrud selbst an, dass er die Mühle halb ererbt hat und die andere Hälfte mit seiner Frau gekauft hat: „Kund und zu wissen sei, dass Bernhard Durnau von der Thullen Mühle bei Deudesfeld die von dessen Ehefrau Anna geborene Länger in die Ehe beigebrachte Tochter

Gertrud für sein Kind erklären und nun annehmen tue, an den Johann Müller von Deudesfeld zu verehelichen und dem jungen Brautpaar die von Bernhard Dornau zu der einen Halbscheid ererbten zu der anderen Halbscheid hingegen mit seiner Ehefrau Anna angekauften so genannten Tholenmühle samt zugehörigem Garten und besitzenden [unleserliches Wort] als ein Heiratsgut zu beschreiben und bezugweiß als eine Schenkung unter den Lebendigen zu übertragen. Willens und entschlossen seien 1) Das junge Brautpaar nach vollbrachter Eheverbindung als bald in das Eigentum und zugehörigen Garten eintreten, dagegen müssen dieselben 2) Den Bernhard Dornau und dessen Ehefrau bei gesunden sowohl als kranken Tagen in standesmäßiger Kost und notwendigen Kleidern halten und nach ihrem Tod christlich zur Erde bringen sollen und auch die gewöhnlichen Requiem halten lassen." Die Familie Dornau bleibt noch bis um 1800 auf der Mühle, (1795 wird ein Johann Dornau als Müller erwähnt und Gertrud Dornau, verheiratet mit Johann Müller), anschließend wohnt Peter Foegen dort. Peter war gebürtig aus der Mausenmühle und ein Enkelsohn von Johann und Johanna Molitor, er heiratete Magdalena Niederprüm aus Wissmannsdorf.

Dann folgte ein halbes Jahrhundert lang ein dauernder Besitzerwechsel. 1815 bis 1820 hieß der Turnemüller (von der Turnee) Johann Pau-ly, gebürtig aus Speicher, er war verheiratet mit Barbara Thelen. Beider Tochter Anna Maria wanderte nach Algerien aus und ist 1868 in La Stidia verstorben.

Anschließend war die Familie Krämers bis um 1824 dort. Nikolaus Krämers heiratete Anna Margaretha Pollig, auch Ballig, Tochter Anna Margarethe wurde 1821 auf der Turnemühle, Schwester Anna 1824 in Salm geboren. Ein Michael Krämers, gebürtig aus Elenz, heiratete 1823 als Müller der Turnemühle und nach dem Tod seiner Frau 1824 ein zweites Mal als Knecht auf der Binsenmühle. Leonard Schabo aus Orenhofen war verheiratet mit Christina Bauer aus Beilingen. Zwischen 1822 und 1826 kamen drei Kinder auf der Turnemühle zur Welt. Ab ca. 1827 ist dann Wilhelm Stoffels der

Müller der Turnemühle. Er stammte aus Nie-dermerzig und ist 1839 auf der Mühle verstorben. Sein Sohn Johann übernahm die Mühle und bewirtschaftete sie bis 1842. Der häufige Besitzerwechsel hing wahrscheinlich mit dem schlechten baulichen Zustand der Mühle zusammen, denn im Mühlenkataster von 1827 wird erwähnt, dass sie ganz verfallen war.

Am 22. November 1842 übernahm die Familie Berscheid von der Uschermühle den Betrieb. Beim Notar in Manderscheid wurde ein Kaufakt aufgesetzt, als Käufer fungierte Johann Berscheid von der Uschermühle, Verkäufer war Nikolaus Stoffel aus Speicherer Mühle, ehemals auf Leihmühle bei Speicher, Müllersknecht.

Johann Berscheid war geboren um 1790 auf der Uscher Mühle als Sohn von Franz Berscheid und Anna Katharina Thelen aus Nasingen, er war verheiratet mit Katharina Hansen, geboren um 1790 in Heilenbach als Tochter von Peter Hansen und Margarethe Kalkes eigentlich Anthony, der Name Kalkes ist der Name der Mutter, wurde vom Vater angenommen, als er in das Bickendorfer Stockgut einheiratete.2 Ihre Kinder gehen teilweise aus einer Akte des Notariats Manderscheid vom 14.05.1866 hervor: Matthias Berscheid, Ackerer in Zendscheid, Nikolaus Berscheid, Müller in Turnemühle, Valentin Berscheid, Müller in Uschermühle, Peter Berscheid, Ackerer in Usch und Margarethe Berscheid, verheiratet mit Heinrich Schalz, Ackerer in Usch.

Nach dem Tode des Ehepaares Johann (1853) und Katharina (1857) Berscheid wurde die Mühle von Sohn Nikolaus übernommen. Er heiratete 1865 Anna Heber aus Weidenbach, 1868 wird Sohn Jakob geboren. Bereits ein knappes Jahr später, im Mai 1869 verstirbt Nikolaus Berscheid auf der Turnemühle, fünf Monate vor der Geburt seines zweiten Sohnes Nikolaus. Im Februar 1870 heiratet seine Witwe Anna dann den Witwer Simon Suhr, doch innerhalb eines halbes halben Jahres ist sie erneut verwitwet, denn Simon Suhr stirbt im August 1870 auf der Mühle. Ein Jahr später kam Müller Heinrich Pauly aus Fliessem als dritter Ehemann von Anna Heber in den Betrieb.