Segelfliegen in Ellscheid

Manfred Mayer, Mehren

Ein fast in Vergessenheit geratenes Kapitel der Luftfahrt in der Eifel spielte sich in den 1930-er Jahren und während der Kriegszeit in Ellscheid ab. Dort wurde von einem Verein aus dem Raum Trier Segelflugsport betrieben. Man benutzte damals sogenannte Schulgleiter wie zum Beispiel den SG 38. Mit diesen recht spartanisch ausgestatteten Fluggeräten wurden die angehenden Segelflugpiloten mit dem Fliegen vertraut gemacht. Es gab diese Gleitflugzeuge in einer offenen Form, in der der Pilot lediglich auf einem Sitz festgeschnallt war, und einer geschlossenen Form, bei welcher der vordere Rumpf zwecks besserer Aerodynamik samt Pilot von einer Verkleidung aus Holz, genannt „Boot" umgeben war.

Der Start der Flugzeuge erfolgte normalerweise vom „Sauberg" aus, einem zwischen Ellscheid und Winkel gelegenen Bergrücken in südlicher Richtung ins Tal des Ellscheider Maares hinein. Diese Startrichtung ergab sich daraus, dass der Start eines solchen Fluggerätes gegen den Wind erfolgen muss und hier Süd- und Südwestwind die vorherrschende Windrichtung ist. Bei entgegengesetzter Windrichtung erfolgte der Start dann manchmal auch vom gegenüberliegendem Berghang oberhalb des Pulvermaares von der Gillenfelder Gemarkung aus.

Die hier verwendete Startart war der sogenannte Gummiseilstart. Dieser wurde wie folgt durchgeführt. Damit ein Segelflugzeug fliegen kann, muss es erst einmal auf Fluggeschwindigkeit gebracht werden. Dies geschah mit Hilfe von zwei elastischen Gummiseilen von etwa 40 - 50 Meter Länge, die am Ausklinkhaken des Flugzeuges angebracht und dann in V-Form vor dem Flugzeug ausgelegt wurden.

An beiden Seilenden verteilten sich jeweils mindestens vier Männer, welche die Startmannschaft (auch „Gummihunde" genannt) bildeten. Am Heck des Seglers befand sich ein kleines Seil, welches durch mehrere Männer, die sogenannte Haltemannschaft festgehalten wurde.

Nun kam die Anweisung „Seil anziehen und laufen". Die Startmannschaft lief los und straffte so die Gummiseile. Nachdem diese genügend Spannung hatten, wurde der Haltemannschaft das Kommando „Los!" gegeben und das Flugzeug preschte los. Durch den dabei entstehenden Schwung wurde es nach vorne und einige Meter in die Höhe geschleudert und konnte so seinen Gleitflug ins Tal hinein beginnen. Die erschlafften Gummiseile fielen zu Boden und konnten für den nächsten Start vorbereitet werden. Sobald das Flugzeug im Tal gelandet war, musste es wieder den Berg hinaufgeschleppt werden. Alles in allem war diese Art des Flugsports ein oft mühsames Unterfangen. Während den Anfängern meistens nur kleinere Flüge von etwa einer Minute Dauer gelangen, konnten die Fortgeschrittenen Flugschüler und im besonderen die Fluglehrer durch geschicktes Ausnutzen des Hangaufwindes bereits beachtliche Flugzeiten von bis zu 30 Minuten erzielen.

Ganz ungefährlich war die Sache natürlich nicht. Vor allem dann, wenn Fluganfänger am Steuer eines solchen Schulgleiters saßen. So kam es des öfteren zu leichten und auch schweren Unfällen mit oft üblen Verletzungen. So mancher Flug endete nicht auf der vorhergesehenen Landewiese im Tal, sondern in den Hecken und Bäumen, die sich ringsherum befanden.

Noch bis in die Kriegsjahre hinein, wurde in Ellscheid auf diese Weise Segelflug betrieben. Vor allem für die zuschauenden Kinder war diese Art des Luftsports natürlich ein tolles Erlebnis, welches ihnen noch lange in Erinnerung blieb.