Übergänge in Kunst und Sprache in Dockweiler

Dr. Herbert Schneider, Dockweiler

Der Einfluss von Kunst und Sprache in ihren verschiedenen Ausprägungen im Bereich des Ortes Dockweiler kann hier nur kurz dargestellt werden. Seit der Auslöschung der auch in der Mitte der Eitel wohnenden keltischen Eburonen durch den römischen Kriegsherrn Julius Cäsar im Jahre 51 vor Christus wird die Eifel faktisch aufgeteilt in den südlichen Teil mit der Hauptstadt Trier und den nördlichen Teil mit der Hauptstadt Köln. Das ohnehin dünn besiedelte Gebiet wird vom 2. Jahrhundert nach Christus wieder mehr besiedelt, wie der römische Gutshof „On Bodem" bei Dockweiler ausweist, und wird nun zu einem Bereich der Übergänge und Einflussnahmen beider Teile.1

1. Kunstgeschichtlich

Die Pfarrei Dockweiler gehört heute zum Bistum Trier. Kunstgeschichtlich steht die Pfarrkirche Dockweiler in ihren Anfängen unter dem Einfluss des Trierer Raumes, wiewohl die Pfarrei zum kölnischen Taufkirchensprengel Sarresdorf (bei Gerolstein) und zum kölnischen Eifeldekanat gehörte.2 Schon der sehr alte fränkische Friedhof und die Einrichtung seelsorglichen Zentren im 7. Jahrhundert, darunter die Pfarrei Dockweiler, zeigen das hohe Alter an.3 Die spätromanische Pfarrkirche St. Laurentius in Dockweiler ist ein Kleinod des Kirchenbaues. Vermutlich bestand bis zum 11. Jahrhundert ein einschiffiger Bau, der bis Ende des 12. Jahrhunderts zu einem dreischiffigen Bau im gotischen Stil erweitert wurde, wie es heute noch erkennbar ist.4 Dies ist eine Besonderheit für ein kleines Eifeldorf bzw. eine Eifelpfarre mit kleinen Dörfern. Das Chor ist mit seinen fünfseitigen Apsiden eine Besonderheit; er ist bis heute unverändert. Diese dreischiffige Basilika ist der nördliche Einfluss der Trierer Architektur.5

Dockweiler gehört mithin kunstgeschichtlich zum Trierer Raum, der sich bis nach Burgund in Südfrankreich ausdehnte. Nach Norden lag Dockweiler wie auch Niederehe mit vergleichsweisem Baustil an der nicht genau zu definierenden Grenze zum niederheinisch-kölnischen Raum.6 Jedenfalls beginnen sich im Bereich von Dockweiler der mittelrheinisch-trierische mit dem niederheinisch-köl-nischen Raum zu durchdringen.7 Das Gebiet war im Mittelalter ein Anlass zum Streit zwischen Kur-Köln und Kur-Trier. Die Kirchenprovinzen Köln und Trier gliederten sich gemäß den römischen Provinzen Germania Inferior mit Köln und Belgica Prima mit Trier. Die Grenze zwischen beiden Provinzen wurde um 100 nach Christus gezogen und soll der Vinxtbach (Finisbach = Grenzbach) gewesen sein.8 Doch von Köln aus gibt es in der Zeit vor dem Jahr 1000 eine Einbuchung in den Trierer Raum, in dem der ganze aus der Zeit der Merowinger (500-700 nach Christus) stammende Eifelgau9, der sich fast mit dem Eifeldekanat Daun deckte, mit Dockweiler dem Erzbistum Köln zugeordnet wurde. Erst wesentlich später kam der südliche Teil des Dekanates mit Dockweiler zum Bistum Trier.

2. Sprachgeschichtlich.

Nicht nur die Durchdringung in kunstgeschichtlicher Hinsicht, sondern auch in sprachgeschichtlicher Hinsicht ist für Dockweiler erkennbar. Wir können im Dockweiler Dialekt drei alteuropäische Schichten erkennen: die keltische, die römische (lateinische) und die fränkische (germanische). Die keltische (oder eburonische) Schicht als erste kommt stärker vom Trierer Raum her.

Als Beispiel sei der Bach an der ehemaligen Dockweiler Mühle und dem anschließenden Campingplatz genannt. Er heißt Ahbach. Der Bestandteil Ah heißt Bach. Als die Franken kamen, verstanden sie nicht mehr das Wort Ah. Sie nahmen es für einen Namen und sagten Ahbach, in Wirklichkeit also: Bach-Bach. Oder auch das Wort der Gemarkung „On Bodem". Es heißt Fluss, Wasser. Das Wort „Eifel" ist der Forschung nach wohl ein keltisches Wort „afa" (Wasser), also Wasser-land.10 Nicht nur die Zahl Eins, auch die Zahl Zwei hat zwei Geschlechter: „zwo Frauen" und „zwien Männer". Es sei auch als Beispiel „Klunder" genannt, d.h. unordentlich angezogen.

Die römische Schicht aus der fast 500 Jahre währenden Römerzeit im Rheinland ist noch im Dialekt zu erkennen, zum Beispiel „Päsch" ist römisch und kommt von pascua = die Weide. Oder das Wort Pütz für Brunnen, heißt im römischen „puteus". Dockweiler lag übrigens an einem römischen Straßennetz vom Rhein nach Belgien, worauf heute die Römerstraße auf „Op Stööck" und vorbei am Döhmberg hinweist.

Die germanisch (deutsche) Schicht ist die heute vorherrschende. Die fränkische Landnahme hatte allerdings im Mittelbereich der Eifel schneller sprachlichen Einfluss gewinnen können als an der Mosel.11 Es bleiben aber noch bis heute römische Sprachelemente, wie z.B. Ziegel (tegula), Pfeil (pilum) ,Tafel (tabula) oder Spiegel (speculum). Das Germanische wurde einmal noch beeinflusst vom Französischen in der Zeit der Besetzung durch Kaiser Napoleon in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts. Erkennbar an Wörtern wie Trottoar (trottoir = Bürgersteig), sich kuschen (se coucher = schlafen legen) oder Scheselong (Chaiselongue = Liegestuhl).

Im Dialekt durchdringen sich bis heute Kölner und Trierer Sprachraum. Hier ist einerseits der Trierer Einfluss stärker, wie sich an der Verschiebung von p zu f in den Wörtern zeigt, also von kölnisch Dorp zu trierisch Dorf oder helpen/helfen, werpen/werfen. In Dockweiler heißt es Dorf, helfen, werfen. Andererseits ist es nicht das moselfränkische wie „Givv mir äpes" (Gib mir etwas), vielmehr lautet es mittelfränkisch (ripuarisch/kölnisch ) nach Norden zu Köln hin: „Jevv mer jet" (Gib mir etwas). Charakteristisch ist, dass im Kölnischen im Anlaut „j" gegenüber „g" steht12 So reden auch die Leute in Dockweiler. Es gibt also keine eindeutige Grenzlinie, sondern ineinander gehende Übergänge. Dies macht deutlich, dass Dockweiler im Bereich der sogenannten Eifel-Ahr-Linie oder des Eifelkammes Ernstberg-Nürburg-Hohe Acht liegt, wo die beiden Sprachbewegungen vom Kölnischen und vom Trierischen aufeinander treffen und sich durchdringen, man aber doch wohl nicht von einer „Eifeler Sprachbarriere" reden kann. Heute rollt eine neue Welle sprachlichen Einflusses nicht nur durch Dockweiler, sondern durch das ganze Rheinland und Deutschland. Es sind oft englische Fachbegriffe und künstlich gebildete Begriffe.

Literatur:
1 Eifelverein Monschau (Schramm ): Die Eifel, Monschau 1956
2 Kyll, Nikolaus: Siedlung Christianisierung und kirchliche Organisation der Westeifel, in: Rheinische Vierteljahresblätter 26 /1961, S. 179 und S. 239
3 Kyll, Nikolaus, a.a.O., S. 197
4 Schneider, Herbert: Dockweiler in Geschichte und Gegenwart, Daun 1993; Schneider, Herbert: Dockweiler: Kirche und Kultur, Düsseldorf 2003
5 Bunjes, Hermann: Romanische und gotische Baukunst im Trierer Raum, in: Rheinische Vierteljahresblätter 9 /1939, S. 8 und S. 12. Caspary, Hans u.a.: Dockweiler, in: Rheinland-Pfalz, Saarland, Sonderausgabe für die Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, 1985; Dehio, Georg: Dockweiler, in: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, München Berlin 1949
6 Zimmermann, Walther: Einige kunstgeschichtliche Bemerkungen zum Trierer Raum, in: Rheinische Vierteljahresblätter 9 /1939
7 Bunjes, Hermann, a.a.O., S. 8. Wackenroder, Ernst: Die Kunstdenkmäler des Kreises Daun, 12. Band
8 Kurth, Karl-Heinz: Der Vinxtbach am Fuße der Eifel, in: Eifel-Jahrbuch 2000
9 Janssen, Wilhelm: Kleine rheinische Geschichte, Düsseldorf
1997
10 Signon, Helmut: Die Römer zwischen Köln, Bonn und Trier, Frankfurt 1970
11 Post, Rudolf: Zur Geschichte und Erforschung des Moselromanischen, in: Rheinische Vierteljahresblätter 68 / 2004
12 Langensiepen, Fritz: Moselfränkisch in der Südeifel, in: Naturfreunde Internationale ( Hrsg.): Eifel-Ardennen, Köln
1993