Großbrand in Berndorf 1930

Florian Schulten, Gerolstein

In der Schulchronik der ehemaligen Volksschule Berndorf fand ich einen Eintrag des damaligen Junglehrers Johann Schandry, über den wohl größten Brand in der Geschichte von Berndorf. Lehrer Schandry war in Berndorf von 1927 - 1937. Große Aufregung und Beunruhigung riefen drei aufeinander folgende Brände am 9., 10. und 11. Mai 1930 in unserem Dorfe hervor. Am Freitag den 9. Mai, morgens um 8 Uhr, ließen die seit langer Zeit nicht mehr gehörten Sturmglocken ihren Schreckensruf ertönen. Mächtige Flammen schlugen aus dem Anwesen des Christian Pfeil. Mit Entsetzen mussten die Berndorfer Einwohner feststellen, dass ein Großfeuer im Werden begriffen war; fast zu gleicher Zeit standen die aneinander-liegenden Stallgebäude von Christian Pfeil und Christian Leyendecker in Flammen. Ein mittelstarker Ostwind begünstigte die Ausbreitung des Feuers und bald waren auch die z. T. noch gefüllten Scheunen ein Raub der Flammen. Die beiden Wohnhäuser standen in größter Gefahr. Nur der raschen und umsichtigen Arbeit der Berndorfer Feuerwehr und der tatkräftigen Mithilfe aller Bewohner des Ortes war die Rettung der gefährdeten Häuser zu verdanken. Sehr erschwert wurden die Löscharbeiten durch den Mangel an Wasser. (Welche katastrophale Auswirkung das Fehlen der Wasserleitung in einem solchen Falle haben könnte, hat sich in diesen Schreckenstagen deutlich gezeigt; und auch bald in unserem Dorfe diese so überaus notwendige Einrichtung zu besitzen, war gerade in diesen Schreckenstagen der Wunsch vieler Bern-dorfer.) Das Wasser musste von dem „Narrenpütz" zur Brandstelle gepumpt werden, wo es weiter „verarbeitet" wurde. Leider war der „Narrenpütz" nicht unerschöpflich.

Mit Wasserfässern, Eimern und allen möglichen Gefäßen schleppten Frauen, Mädchen und Kinder aus den anderen großen Dorfbrunnen, Brandweihern, Hausbrunnen unermüdlich Wasser zum genannten Brunnen, der nun nicht mehr leer zu werden schien. Es verdient ganz besonders hervorgehoben zu werden, wie in diesen Brandtagen die gesamte Berndorfer Einwohnerschaft, Männer und Frauen, Greise und Kinder uneigennützig ihre Kräfte in den Dienst der guten Sache stellten und fast bis zur Erschlaffung „alle für einen", jeder auf seinem Platze an dem Rettungswerk arbeiteten. - Auch die Nachbarfeuerwehren (Hillesheim und Kerpen) taten das Ihrige. So war es möglich, dass der oben angeführte Brand schon nach 1-1,5 Stunden harter Arbeit eingedämmt wurde. Wohl war die Arbeit damit noch nicht beendet; den ganzen Tag über glimmten unter den Trümmern, Stroh- und Heuhaufen und ständig musste der Wasserstrahl die immer neu aufflackernden Flämm-chen bezwingen. Erst, nachdem alle, noch vielleicht brennen könnende Gegenstände auf ein freies Feld gefahren und damit alle erneuten Brandgefahren beseitigt waren, konnten sich die wackeren Männer der wohlverdienten Ruhe hingeben. Ein Wachkommando weilte trotzdem während der Nacht an der Brandstelle. Die Ursache der Brandentstehung lag an diesem Tage noch vollkommen im Dunkeln. Rätselhaft war es, als am folgenden Morgen um 10 Uhr, nachdem doch alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen waren, plötzlich die Flammen aus dem Dachstuhl des Wohnhauses des Christian Leyendecker, das am Tage vorher mit viel Mühe gerettet wurde, schlugen. Die nichts ahnenden Hausbewohner wurden erst durch Nachbarsleute auf das schon wieder Verderben speiende Flammenmeer aufmerksam gemacht. Noch eine Viertelstunde vorher war der derzeitige Vorsteher, Herr Anton Bell, auf dem Speicher des Hauses gewesen um festzustellen, ob das Gebäude keinen Schaden erlitten, ohne auch nur das Geringste eines neuen Brandgeruchs oder -ausbruchs zu bemerken. Vortreffliche Arbeit wurde auch hier wieder geleistet. Bald hatten die mutigen Feuerwehrmänner dem Feuer die Nahrung genommen und mitten in den Flammen stehend das Dachgebälk in Stücke gehauen und beseitigt. Schon entstand nach diesem zweiten unerklärlichen Brand eine Unruhe unter den Dorfbewohnern. Wie war nun trotz aller Vorsicht der Ausbruch des neuen Brandes zu erklären? Es schien ausgeschlossen, dass ein versteckter Funke dieses Unheil verursachte. Als am 3. Tage, Sonntag, den 11. Mai, abends 8.14 Uhr wieder die Brandglocken ertönten und auch schon die Scheune des Josef Leyendecker in hellen Flammen loderte, wurde die Aufregung bis zum höchsten Grade gesteigert. „Das geht nicht mehr mit rechten Dingen zu", konnte man aus jedem Munde hören. Wiederum waren alle Dorfbewohnen auf ihrem Platze. An eine Rettung des dicht neben der Scheune liegenden Wohnhauses war kaum zu denken. Doch das Unglaubliche wurde geschafft. Das Wohnhaus blieb erhalten. Die Wehren von Hillesheim und Kerpen beteiligten sich auch wieder an den Löscharbeiten. Da man jetzt eine Brandstiftung annehmen musste, wurde von dem Herrn Bürgermeister von Hillesheim sofort ein Kriminalbeamter von Köln zur Aufklärung der Brandursache angefordert, der auch am folgenden Morgen eintraf. Bei der Vernehmung der Angehörigen und Bediensteten der Brandgeschädigten richtete sich der Verdacht auf ein 16 Jahre altes, aus Rockeskyll stammendes Dienstmädchen bei Christian Leyendecker. Dieses war nach seinen Aussagen immer kurz vor der Entstehung der Brände an den Brandstellen gewesen. Nach dreistündigem Leugnen gab es zu, an dem letzten Brand Schuld zu sein. Auf der Suche nach einem Topf in der Scheune des Josef Leyendecker sei ihr ein brennendes Streichholz in das Stroh gefallen. Es wurde vorläufig in das Kloster nach Hillesheim gebracht. Hier gestand es noch am selben Tage die vorsätzliche Brandstiftung in allen drei Fällen. Einen bestimmten, glaubwürdigen Beweggrund zu diesen Untaten gab es nicht an. Den Schaden, den die jugendliche Brandstifterin angerichtet hat, ist groß. Teilweise waren die Geschädigten durch Versicherungen gedeckt. Es sei noch vermerkt, dass das Mädchen während der Brände sich nie verdächtig zeigte. Es half noch eifrig Wasser schleppen. Ihre Familie in Rockeskyll genießt keinen guten Leumund. Das Wüten des „Roten Hahnes" wird wegen seiner Schrecklichkeit (im Wonnemonat 1930) noch lange im Gedächtnis der Berndor-fer erhalten bleiben.

Für die Aufarbeitung und Hilfestellung zu diesem Beitrag danke ich Herrn Andreas Meier aus Berndorf.