„Deiner Fürsprache begehren wir" oder Der Gang zum „Heiligen Komm'-hol'-mich", 1761 - 2011

250 Jahre Wallfahrt der Pfarrei St. Matthias Mehren nach Klausen

Roland Thelen, Mehren

Um das Jahr 1440 hatte der spätere Einsiedler Eberhard in den Moselbergen südlich von Wittlich, an damals noch unbewohnter Stelle im Pfarrsprengel Piesport, ein Marienbild in einen Bildstock gestellt, dem 1442 ein weiteres Marienbildnis in einem Häuschen folgte. In der Frömmigkeitsbewegung des Spätmittelalters, der damit aufblühenden Marienverehrung und der den Gnadenbildern zugesprochenen Wunderkraft, wurzelt die Entstehung und der Aufschwung des Wallfahrtsortes Klausen, nach Trier, dem zweitbedeutensten im gesamten Bistum.

Es ist naheliegend, dass man damals alsbald auch aus der alten und räumlich weit ausgedehnten Pfarrei Mehren in das einen Tagesmarsch entfernte Eberhards-Klausen pilgerte. Dechant Friedrich Müller (1872-1910 Pfarrer von Mehren), geht in seiner 1887 niedergeschriebenen Geschichte der Pfarrei Mehren davon aus, dass diese Wallfahrt ursprünglich wahrscheinlich wegen einer Viehseuche versprochen wurde.

Mehrener Pilger bei Greimerath / 2003

Seit dem Spätmittelalter Ziel unzähliger Wallfahrer: Das Bild der schmerzhaften Muttergottes in der Gnadenkapelle der Eberhards-Klausener Wallfahrtskirche.

Die älteste, zur Zeit faßbare urkundliche Erwähnung der jährlichen Pilgerfahrt von Angehörigen der Pfarrei St. Matthias von Mehren nach Eberhards-Klausen datiert im Jahr 1761. Sinngemäß heißt es im alten Lagerbuch der Pfarrei : „Heute, am 31. Mai 1761 hat Maria Gertrud Kemmers in Mehren, eine fromme und gottesfürchtige Jungfer, zu Ehren der aller-heiligsten Jungfrau Maria für die jährliche Prozession nach Klausen, ein Kapital von 21 Reichstaler, 18 Albus gespendet, unter der Bedingung, dass alljährlich aus dem Kapitalertrag 27 Albus für die Kerze und 9 Albus für das Lesen einer Heiligen Messe in Klausen verwendet werden...."

Angenommen werden darf jedoch, dass die Ursprünge der Wallfahrt weitaus älter sind und dieser Pilgergang im Jahr 1761 bereits Tradition war (vermutlich seit dem Dreißigjährigen Krieg / vergl. Gillenfeld seit 1646). Jedenfalls fand die alljährliche Wallfahrt, nicht nur in der Pfarrei Mehren, sondern auch in weiten Teilen der Eifel sehr großen Zuspruch. Denn der Gang nach Klausen bot der Landbevölkerung neben dem religiösen Anliegen eine willkommene Abwechslung vom Alltag. Die sich dabei zwangsläufig ergebenden Begleitumstände lösten allerdings auch Widerspruch aus. Unter dem Trierer Erzbischof und Kurfürst Klemens Wenzelslaus (1768-94) verbot das Generalvikariat 1782 und 1784 „alle Prozessionen, die über die Dauer einer Stunde hinausgingen" mit der Begründung, „daß die an sich guten und von alters her gehaltenen Wallfahrten durch Mißbräuche verschiedener Art nicht selten profanisiert seien, bei Nichtkatholiken Ärgernis erregten und zu einer Beleidigung Gottes verfälscht würden...". Denn in der Tat ging es bei diesen Wallfahrten nicht immer gesittet zu. So berichtet um 1830 der Pfarrer von Wittlich, Dechant Johann Adam Mager „daß die Pilger auf dem Heimweg von Eberhardsklausen in ungehörigem Maße dem Alkohol zusprächen". Daher versuchte auch der dem Gedankengut der Aufklärung nahestehende Trierer Bischof Josef von Hommer (1824-36) die Wallfahrten zu unterbinden und so schreibt der Bischof 1830 an den Mehrener Pastor Johann Schneider (1829-32) „dass die Prozession nach Clausen eingestellt ist, damit ist sehr wohl geschehen".

Doch 1831 trat erneut eine schreckliche Viehseuche auf, welche die Pfarrkinder offensichtlich an das früher gegebene Versprechen erinnerte und so pilgerte man wieder am Sonntag nach Fronleichnam nach EberhardsKlausen. Ursprünglich ging man an diesem Sonntag nach der Frühmesse los, übernachtete in Klausen und kehrte am Montagabend nach Mehren zurück. Es war Sitte, dass aus jedem Haus mindestens ein Mitglied an der Wallfahrt teilnahm. Im Jahr 1876 zählte man 302 Pilger.

Bis in die ersten Jahre nach dem 2. Weltkrieg war dieser Pilgergang überwiegend eine Fußwallfahrt. Doch bereits im Jahr 1910, kurz nach der Eröffnung der Bahnstrecke Daun - Wittlich meldet das Königliche Eisenbahnbetriebsamt Trier „wiederholt Störungen im Zugverkehr dadurch, daß sich plötzlich zu einem Zuge eine vorher nicht angemeldete große Anzahl von Eberhardsklausener Wallfahrern einfand."

Ab Mitte der 1950er Jahre bedienten sich die Mehrener nahezu ausschließlich der Eisenbahn und fuhren so mit dem Zug von Schalkenmehren bis Wittlich, später sogar bis Salmrohr, um von dort aus die letzte Wegstrecke zu Fuß zu bewältigen. War die Zahl der Pilger anfangs noch so groß, dass man einen Sonderzug einsetzen konnte, lies die Beteiligung in den 1960er Jahren so stark nach, dass man schließlich mit Bussen von Mehren bis vor das unterhalb von Klausen gelegene Dorf Pohlbach fuhr und nur noch die letzten 3 Kilometer zu Fuß bis zum Wallfahrtsort pilgerte. Der zunehmende Wandel dieser traditionsreichen Wallfahrt zu einer „Kaffeefahrt" ließ bereits Ende der 1960er Jahre in der örtlichen Jugendgruppe die Idee entstehen, die Fußwallfahrt über die gesamte Strecke wieder aufleben zu lassen. Auf Initiative von Mitgliedern des Musikvereins machten sich im Jahr 1976 am Sonntag nach Fronleichnam 17 Pilger von Mehren aus auf den ca. 40 km langen Weg in die Wittlicher Senke. Seither ist die Fußwallfahrt ab Mehren wieder fester Bestandteil der jährlichen Pilgerfahrt nach Eberhards-Klausen, die im Jubiläumsjahr 2011, 250 Jahre nach der ersten urkundlichen Nennung, 26 Pilger absolvierten.

Ledige, vornehmlich weibliche Pfarrkinder pilgerten zur Eberhards-Klausener Madonna um endlich den ersehnten Partner fürs Leben zu finden, also geheiratet zu werden. Aus diesem Volksglauben heraus ist dann irgendwann der „Heilige Komm-hol'-mich" in Konkurenz zu dem Marienbildnis getreten. Der „Heilige Komm-hol'-mich" ist der als Halbrelief auf seiner Grabplatte in Landsknechtstracht dargestellte Philipp von Ottenesch (+ 1535). Die Grabplatte ist in die Seitenwand der Turmhalle am Haupteingang der Wallfahrtskirche eingelassen. Nach dem Volksglauben wird der Ritter von Unverheirateten aufgesucht und berührt, in der Hoffnung, bald einen Ehepartner zu finden.

Quellennachweise :
Peter Dohms Eberhardsklausen Kloster-Kirche-Wallfahrt Paulinus-Verlag Trier / 1985
Peter Schug Geschichte deer Pfarreien der Diözese Trier V. Band / Eifeldekanate Kommissionsverlag des Bistumsarchivs / Trier 1956
Friedrich Müller Chronik der Pfarrei Mehren Pfarrarchiv Mehren / 1887