„Tennisarm" vom Fußball spielen!?

Uli Diederichs, Daun

Die Schulferien waren Ende der 1960er Jahre für uns Kinder die beliebtesten Gelegenheiten, um draußen zu spielen. In den - kalten - Weihnachtsferien wurde Schlitten oder Gleitschuh gefahren, Iglus und Schneemänner gebaut, Schneeballschlachten und 'Einseifen' veranstaltet. In den wärmeren Ferien - um Ostern, im Sommer oder Herbst - wurden 'Häuschen' gebaut, die Lieser gestaut (und „jestrippt", d.h. Fische - meist Elritze - gefangen), Verstecken oder Abtreffen gespielt. Und Fußball! Damals gab es in Daun überall unbebaute Grundstücke oder Wiesen, die als Fußballplatz geeignet waren. Jeder Stadtteil hatte seine eigene „Elf". Der Leyen, dessen Spiele auf 'Zimmers Wies' am Firmerich stattfanden. Unterdaun hatte sein Spielfeld am 'Hotzendrees'. Das Daufeld auf der Wiese am Dauner Sprudel. Die Mannschaft Innenstadt spielte auf dem abschüssigen Gelände in der Lindenstraße, auf dem nachher das Schuhhaus Stritzke (heute Zoo4You) errichtet wurde. Und der Platz der Mannschaft Oberdaun war dort, wo heute die neue Turnhalle der Grundschule und das Dialyse-Zentrum stehen. Es wurden sogar Stadtmeisterschaften ausgetragen! Meine Mannschaft - Unterdaun - hatte aus dicken "Buhnelatze" (Bohnenstangen) zwei Tore gezimmert. Die Netze hatten wir aus leeren Zwiebelsäcken gefertigt, die wir von Hamachers Heinz, der damals ein Lebensmittelgeschäft an der Lieserbrücke in der Bahnhofstraße betrieb, bekommen hatten. Die Spielfeldabgrenzung machten wir aus Abfällen von abgebrannten, weißen Karbidsteinen, die wir uns bei 'Thomase Willem', der eine Schlosserei in der Mehrener Straße hatte, holen durften; diese zerstampften wir zu Mehl, das wir dann zu Linien verstreuten. Wenn wir nicht gegen eine Mannschaft aus einem anderen Stadtteil kickten, spielten wir untereinander. Gewählt wurde immer nach der Methode „tip-top", indem zwei Spieler sich aus einem Abstand von ca. 2 Metern aufeinander zu bewegten, wobei abwechselnd immer ein Fuß vor den anderen gesetzt wurde. Wer seinen Fuß als letztes ganz in die immer kleiner werdende Lücke setzen konnte, hatte das Recht der ersten Wahl. Ein unschätzbarer Vorteil, konnte man doch aus allen zur Verfügung stehenden Spielern den besten auswählen. Das Wählen ging dann solange hin und her, bis schließlich alle Spieler gewählt waren. So kam sogar die allerletzte „Niete" - meist der Jüngste - auch in eine der beiden Mannschaften. (Der Jüngste war aber stets gut genug dafür, den Ball aus der Lieser zu holen, wenn dieser mal ins Wasser geflogen war!). Wir hatten keine Trikots. Und lang nicht jeder hatte Fußballschuhe. Oftmals wurde mit normalen Halbschuhen (die dann auch schon mal vorne aufplatzten) gespielt oder mit Turnschuhen aus Segeltuch. Die hatten den Nachteil, dass man bei festen Schüssen manchmal seine Zehen vor Schmerz eine zeitlang nicht mehr spürte. Es wurde immer ohne Unparteiischen gespielt. Das funktionierte. Weil wir unsere Regeln einhielten („3 Ecken ein Elfer") und es immer fair zuging (ein blauer Knöchel kam schon mal vor). Denn Spaß und Sport waren die Hauptsache. So war das damals. 30 Jahre später - also Ende der 1990er Jahre - kam der 13-jährige Schulfreund meines Sohnes in den Ferien zu uns ins Haus. Mit eingegipstem rechten Arm. Ich fragte ihn, ob er einen Unfall gehabt hatte. „Nö, 'nen Tennisarm" war seine Antwort. Woraufhin ich erwiderte, ich hätte gar nicht gewusst, dass er Tennis spielt. „Den hab ich vom Fußballspielen", sagte er ganz trocken. Auf meine Nachfrage, wie das den geschehen kann, antwortete er, dass er solange und so intensiv mit seiner Spielkonsole vor dem Fernsehbildschirm sitzend Fußball gespielt habe, bis er vom Bedienen der Steuerhebel eine Sehnenscheidenentzündung im Arm bekommen hatte.

Das ist der Unterschied. Damals und heute. Alles im Wandel!