Die große Überraschung

Wilma Herzog, Gerolstein

„Neuer Blick auf Fritz von Wille und Kollegen", so stand es im Dezember 2012 im Trierischen Volksfreund. Im Kunstkabinett der Dr. Axe-Stiftung, in Kronenburg sollten bis zum 7. April 2013 etwa 50 Winterbilder von Künstlern der Düsseldorfer Malerschule gezeigt werden. Werke aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert, mit „zum Teil noch nie öffentlich präsentierten Werken..." (Fritz Peter Linden).

„Künstler der Düsseldorfer Malerschule" war für uns Gerolsteiner stets ein fester Begriff, denn einer von ihnen, Willi Bloos, lebte und malte in Gerolstein, während sein Bruder Richard erst noch als Kunstmaler in Paris arbeitete, später aber auch wieder nach Gerolstein zog.

Bis zum Beginn der Bombardierung Gerolsteins im Herbst 1944 trafen wir Kinder oft Maler in den herrlichen Hecks Anlagen, direkt am Burgfelsen, beim Waldcafe Heiligenstein oder oben im Gelände der Burgruine Löwenburg und schauten ihnen fasziniert über die Schulter, wie mit feinen oder breiteren Strichen, Schattierungen hier und dort, das Bild aus dem vorher leeren Papier langsam heraus stieg.

Als im Jahr 1872 die Eisenbahn Gerolstein an ihr großes Schienennetz anschloss, war damit den Malern ein bequemer Weg zu bislang schwer erreichbaren wunderbaren Eifelmo-tiven geebnet. Die Gerolsteiner Hotels boten ihren Gäste den modernsten Komfort jener Zeit, elektrisches Licht und fließendes Wasser in den Zimmern sowie Hausdiener an jedem Zuge. Die Künstler kamen, besonders die der Düsseldorfer Malerschule. Es zog sie vor allem zu dem beliebten Künstlertreffpunkt, dem Hotel Heck. Dort weilte bereits 1889 der Maler und Fotograf Wilhelm Degode, er traf sich bei seinen dreizehn dokumentierten längeren Aufenthalten in Gerolstein auch mit Fritz von Wille und anderen namhaften Malern, und in ihrem Gefolge kamen gerne auch Schriftsteller.

Daraus darf man folgern, wenn diese Künstler so oft und so lange in Gerolstein blieben, dann malten sie auch reichlich Gerolsteiner Motive. Mit großer Vorfreude machten sich darum am 24. Februar 2013 mein Mann, meine Tochter und ich nach Kronenburg auf. Ein netter Bewohner, der vor einem der ersten Häuser Schnee räumte, kam heran und wies uns den Weg zu dem imposanten Anwesen der Dr. Axe-Stiftung. Dort begrüßte uns eine freundliche junge Dame an der Rezeption. Bald tauchten wir ein in die winterliche Eifel einer fernen Zeit. Herüber aus den herrlichen Bildern kam, wie kalt, dunkel und beschwerlich die Winterzeit für die Menschen damals, ja selbst für die Maler gewesen ist, die diese Szenen für uns und andere, die nach uns kommen, festgehalten haben. Beim Weitergehen sehe ich ein gerahmtes Bild, schlagartig erkenne das Motiv. Aufgeregt rufe ich: „Kommt schnell, hier ist die Mühle am Gerolsteiner Mühlenwäldchen" Meine Tochter liest die Beschreibung: Fritz von Wille, 1907, Mühle bei Gerolstein.

Endlich erfüllte sich hier mein Kindheitstraum. Ich entdeckte ein bislang der Öffentlichkeit noch unbekanntes Gerolsteiner Motiv in der großartigen Sammlung von Dr. Axe. Mit freundlicher Genehmigung der Dr. Axe-Stiftung, darf ich dieses bislang unveröffentlichte Bild von Fritz von Wille Kreisjahrbuch vorstellen.

Wenige Tage später überraschte meine Tochter mich mit dem großartigen Bildband „Lebensbilder" - Genremalerei der Düsseldorfer Malerschule -, ebenfalls herausgegeben von der Dr.-Axe-Stiftung. Sie wurde 1997 Dr. Hans Günther Axe (1920-2008) gegründet. Ihm gilt unser herzlicher Dank für diesen Kunstgenuss aus seinem bewundernswerten Lebenswerk. Es bleibt also spannend, wir werden keine der zukünftig angebotenen Ausstellungen in Kronenburg verpassen. Wir sind neugierig geworden und freuen uns auf manch andere überraschende Entdeckung.

Siehe auch: Josef Böffgen: Es klappert die Mühle, in: Jahrbuch Kreis Daun, 1982: