Die Trittscheider Grafenglocke

Von der Niederburg in die Thekla-Kapelle

Friedbert Wißkirchen, Daun

In der 1958/59 errichteten Kapelle des Üders-dorfer Ortsteils Trittscheid, die von einem Bergvorsprung weithin sichtbar ins Tal grüßt, hängt die so genannte „Grafenglocke". Zusammen mit zwei 1961 gegossenen Glocken lässt sie ihr Geläut bis heute zu vielen Anlässen erklingen. Die Grafenglocke läutete bereits in der alten St. Thekla-Kapelle aus dem Jahre 1774, die in der Dorfmitte - in der Nähe des heutigen Gemeindehauses - stand und in den 1960er Jahren abgerissen wurde. Auf dem Dach des alten Gotteshauses war ein kleines, unscheinbares Türmchen aufgesetzt, das das Glöckchen beherbergte. Nun gab es im Mittelalter weder in Udersdorf noch in Trittscheid ein Ritter- oder Grafengeschlecht, das für die Kapelle eine Glocke hätte stiften können. Warum wird sie heute noch „Grafenglocke'" genannt?

Die Grafen von Manderscheid, als Herren der Niederburg, ließen bereits 1426 eine Burgkapelle errichten, die auch heute noch mit Giebel, rundem Chorabschluss und Altarstein deutlich sichtbar ist. Graf Dietrich und seine Frau Irmgard belehnten sie 1433 mit dem Zehnten zu Gipperath.

Außerdem stiftete die gräfliche Herrschaft eine Wochenmesse, die der Pastor der Großpfarrei Laufeld, zu der Niedermanderscheid gehörte, lesen musste. Vermutlich erfüllte der Pastor oder Vikar aus der nahen Kirche Buchholz diese Verpflichtung, denn er konnte in einer dreiviertel Stunde Fußweg Niedermanderscheid erreichen. Obwohl die Grafenfamilie nicht mehr auf der Burg wohnte, ließ Graf Philipp Diedrich von Manderscheid-Kail 1650 eine Glocke für die Burgkapelle gießen. Die französischen Raubkriege 1673 und 1689 die Eroberungskriege Ludwig XIV. hinterließen Spuren der Verwüstung rund um Manderscheid. Dabei wurden auch die Burgen stark in Mitleidenschaft gezogen. 1673 wurde die Niederburg von französischen Truppen unter General Fourille in Brand geschossen. Die Burg und damit auch die kleine Kapelle verfielen immer mehr, so dass auf Antrag des Laufelder Pastors die Burgkapelle für Gottesdienste geschlossen wurde. Die kleine Glocke kam in den Wirren der Zeit in den Glockenturm nach Buchholz. 1857 goss Glockengießer Mark (Brockscheid) ein neues Geläut für die Buchholzer Pfarrkirche. Das Glöckchen der Burgkapelle nahm er wahrscheinlich in Zahlung. Die Trittscheider verfügten über keine Glocke in der Thekla-Kapelle. Aus der Glockengießerei Mark gelangte sie nach 1857 nach Trittscheid. Mehr als 160 Jahre begleitete sie in der Filialkapelle Üdersdorf-Trittscheid mit ihrem Klang Freud und Leid, Taufen, Hochzeiten und Sterbefälle. Bei kirchlichen Festen rief sie zum Gottesdienst und erklang auch bei Feuersbrunst und Naturgewalten. Heute läutet sie als so genannte Totenglocke, wenn jemand im Dorf verstorben ist. Mit ihrer Inschrift erinnert sie 363 Jahre nach ihrem Guss mit der Glockenaufschrift an den Stifter:

„Jesus bleib ich rec[h]te wo[h]l genant
Philips Dietterich Graf im Lant. 1650"

Unter der Aufschrift befindet sich ein gevierteiltes Wappen, vermutlich das Wappen der gräflichen Familie.

Quellen:
August Meyer: Geschichte dreier Eifeldörfer - Udersdorf - 1986 Die Burgen von Manderscheid - Rheinisches Land - Kleine Reihe - Verlag Fischer, Wittlich
Ernst Wackenroder: Die Kunstdenkmäler des Kreises Daun -Nachdruck der Ausgabe 1928
Friedbert Wißkirchen: „Kreuze, Kapellen und Epitaphe in und um Manderscheid" in: Karl Oehms: Manderscheid - Bürger und Familienbuch - Köln 2012
Festschrift: 100 Jahre Eifelverein Ortsgruppe Manderscheid -

1969