Ein Gang zum Standesamt im Jahre 1953

Heinz Altenhölscher, Weidenbach

In den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts konnte ein Gang zum Standesamt zu einer nicht alltäglichen Angelegenheit werden und das nicht nur wegen der Wichtigkeit des dortigen Vorhabens. Die Witterungsverhältnisse forderten unter Umständen hohen körperlichen Einsatz.

So erging es den beiden heiratswilligen Weidenbacher Paaren Johann Simon mit Elisabeth Scholzen und Wilhelm Duckart mit Helene Fuchsen. Die angehenden Ehemänner waren Nachbarn und kannten sich seit ihrer Kindheit. Sie hatten sich verabredet, gemeinsam nach Niederstadtfeld zu laufen und sich gegenseitig Trauzeugen zu sein. Alle erforderlichen Papiere waren beisammen, der Termin beim Standesamt war auf den 09.02.1953 festgesetzt. Ein Fußmarsch - oder längerer Spaziergang - war vorgesehen. Doch aus dem normalerweise zweistündigem Weg wurden an diesem Tag vier Stunden für eine Strecke. Der Schnee lag kniehoch, außer ein paar Hirschen und Wildschweinen hatte sich auf Kretscheid seit Wochen niemand sehen lassen. Aber Termin war Termin und die Heiratswilligen waren jung. Ein richtiger Weg war es auch nicht - über Kretscheid - nur ein Trampelpfad. Der Name dafür „Heiratspfädchen" sagt schon, dass die meisten Paare diesen Weg nach Niederstadtfeld gingen. In Weidenbach sagte man auch: „Sie sind durch den Berg gegangen." Berg rauf, Kretscheid, Berg runter. Am gemeinsamen Grenzpunkt von Weidenbach, Wallenborn, Niederstadtfeld und Schutz ging es über die Manstein-Brücke über den Wall-merbach. Und wieder Berg rauf, Berg runter. Auf der Bürgermeisterei wartete man schon auf die Vier. Nach einer Verschnaufpause fand die Zeremonie statt. Der Bürgermeister ließ es sich nicht nehmen, die frisch getrauten Paare in seiner Stube zum Trocknen und Wärmen vor den Ofen zu setzen und sie vor dem Heimweg mit einer kräftigen Suppe zu stärken. Diese standesamtliche Trauung ist den Beteiligten lange im Gedächtnis geblieben, ich erfuhr davon vor zehn Jahren bei der goldenen Hochzeit von Seywerts Hans und Lieschen. Heute ist der Weg zum Standesamt zwar ein paar Kilometer weiter, aber mit dem Auto schafft man es in 20 Minuten von jedem Ort der Verbandsgemeinde. Auch die Erinnerung bleibt, oft nur nicht so nachhaltig.