Demographischer Wandel in Deudesfeld

Günter Bill, Deudesfeld

Schon seit vielen Jahren spricht man von einem Wandel in den Dörfern, vom steigenden Anteil älterer Menschen gegenüber dem Anteil jüngerer, vom Aussterben der Bevölkerung, von leer stehenden Häusern und ähnlichem. Mit den Gedanken über Strukturwandel beschäftigte ich mich bereits, als unser Dorfplaner Ende der 1970-er Jahre eröffnete, dass in ca. 20 bis 25 Jahren schon einige Häuser in unserem Dorf leer stehen würden. Anfangs versuchte ich, das Gesagte zu verdrängen, aber immer mehr wurde gesprochen und geschrieben von geänderter Infrastruktur und einem demographischen Wandel. Innerhalb unserer Familie verglichen wir oft „früher" mit „heute" und zunehmend stellen wir fest, dass sich ganz allmählich der große Wandel auch in Deudesfeld vollzieht und immer größere Ausmaße annimmt. Einige Beispiele aus unserer kleinen Straße, der „Blumengasse": Früher war hier täglich richtiges Leben in der Gasse zu spüren, bedingt durch die Menschen, die hier lebten und arbeiteten, und durch die Leute, die diese Straße hoch und runter gegangen sind, durch die Traktoren und den Viehtrieb und auch die vielen Gäste, die in Deudesfeld Urlaub machten. Heute sieht man höchst selten einen Bewohner, und nur noch manchmal braust tagsüber ein Auto durch unsere kleine Gasse. Die Bänke vor den Häusern werden kaum noch benutzt, und wenn, dann von älteren Menschen, da die jungen Leute tagsüber durch ihre Arbeitsstellen gar nicht mehr im Dorf sind. Ein Plauderstündchen mit dem Nachbarn, das früher immer wieder zum Tagesablauf gehörte, gibt es eher nur noch selten. Was sich bei uns in der Blumengasse aber sehr positiv auswirkt und erhalten geblieben ist, ist die Nachbarschaftshilfe in fast jeder Form, ganz besonders von und mit den wenigen jungen Leuten und Familien. Ein herzlicher Dank hierfür von den „ alten" an die „jungen" Leute! Unsere bisherige „alte" Nachbarin von der anderen Straßenseite, die in die Nähe ihrer Kinder umgezogen ist, konnte zum Glück ihr Haus schnell verkaufen, so dass hier noch kein leeres Haus oder sogar eine Bauruine innerhalb der Ortslage zu verzeichnen ist. Obwohl die Einwohnerzahl von Deudesfeld in den letzten zehn Jahren um etwa 70 Personen zurückging, können wir noch mit einer guten Infrastruktur hier im Dorf leben. Vor Ort haben wir noch einen Laden und eine Metzgerei, zwei Gaststätten, ein Hotel-Restaurant, eine Fremdenpension und einige Ferienwohnungen. Ja, wir haben sogar noch etwas, was viele andere nicht mehr haben: einen Geldautomaten und eine Arztpraxis-Zweigstelle, eine Pferde-Zahnfee, zwei Schreiner/ Bestatter und ein Elektrofachgeschäft, zwei Friseure, einen Fliesenlegermeister, einen Installations- und Heizungsbetrieb, eine Keramikwerkstatt, einen Grafik-Designer, eine Bauunternehmung, einen Fahrzeughandel und Lavabetriebe, also ziemlich alles, was man braucht. Deudesfeld hat auch eine sehr schöne Kirche, die noch nicht zum Verkauf steht, auch wenn sie nur noch von einer kleinen Schar Gläubiger besucht wird. Kindergarten und Grundschule sind nicht gerade vor der Haustüre, jedoch genau wie die weiterführenden Schulen in Daun und Gerolstein mit Bussen relativ gut erreichbar. Nicht unerwähnt und sehr wichtig ist die Betreuung und Hilfe bei älteren Menschen durch die Caritas, das Rote Kreuz oder die verschiedenen privaten Pflegedienste. Essen auf Rädern ist ebenfalls im Angebot. Ganz neu für die Verbandsgemeinde Daun und damit auch für Deudesfeld: „Bürger für Bürger e.V." Eine sehr gute Sache für alle Mitbewohner des Dorfes!

Bei diesem Strukturwandel gilt es aber auch, an den Zusammenhalt in der Bevölkerung zu denken, der vielfach durch das Vereinsleben im Dorf gestärkt wird. Unsere Vereine - Sport-und Karnevalsverein, Feuerwehr, Singkreis Ohrwurm und Senioren-Aktiv-Gruppe - tragen hier zu einem guten Miteinander und zur positiven Kommunikation unter den Menschen, die im Dorf leben, bei. Schon vor Jahren wurde an ältere oder beeinträchtigte Menschen gedacht. So wurden zur Kirche, zum Geldautomaten, zum Gemeindebüro und zum Kaufladen behindertengerechte und barrierefreie Zugänge angelegt, die mit Rollator und Rollstühlen befahrbar sind. Vor der zunehmenden Technisierung können und sollten auch ältere Menschen sich nicht verschließen. Moderne und nicht mehr wegzudenkende Kommunikationsmittel, wie Handy, Smartphone, I-Pad, sollten ebenso genutzt werden wie Computer, Internet, PC oder Laptop. Ältere Bürger und Bürgerinnen sollten sich dank dieser Medien auf dem Laufenden halten, sich informieren oder durch Spiele Gehirn und Gedächtnis trainieren, sogenanntes Gehirnjogging betreiben. Etliche alte Menschen nutzen bereits das elektronische Briefeschreiben, skypen mit den Kindern oder den Enkeln, gehen mit den Fortschritten dieser Zeit. Moderne Worte haben Einzug gehalten, wie Happy Birthday, In und Out, Hello, Browser, Provider und viele mehr. Vor einigen Tagen lernte ich ein neues Wort von einem Jugendlichen: Chillen = was soviel heißt wie: abhängen, entspannen, dem Kopf und Körper eine Pause gönnen. Platt-Deutsch oder heimisches Dialekt lernen Kinder kaum noch, dabei ist es doch so wichtig, eine eigene Heimatsprache zu sprechen. Damit nicht alle alten Worte und Bezeichnungen verloren gehen, haben die „ Alten" von Deudesfeld bereits 1997 ein kleines Buch mit dem Titel „Deudesfeld zwischen Tradition und Fortschritt" herausgegeben, in dem man noch viele alte Redewendungen, Flurnamen und Hausnamen auf Deudesfelder Platt findet. Trotz des enormen sozialen Wandels in der Bevölkerung und in der Arbeitswelt leben wir auch als ältere Menschen glücklich und zufrieden in dem schönen Deudesfeld. Wir sind uns aber sicher: Aufgeschlossenheit und Toleranz gehören unbedingt dazu, um mit diesem Wandel Schritt halten zu können.