Kirchweiler hat sich verändert

Alois Bramer, Kirchweiler

In den Jahren meiner Jugendzeit von 1922 bis in die 1950-er Jahre hatte Kirchweiler nahezu 500 Einwohner. Heute sind es etwas mehr als 300.

Dorfpolitik bestimmende Personen waren Bürgermeister, Pastor, Lehrer, Lehrerin, Feldhüter, Förster und die Hebamme. Nahezu jedes Haus hatte etwas Landwirtschaft, zwei bis drei Kühe und zwei Schweine. Die mühsame und karge Landwirtschaft half beim Überleben. Gespanne waren die Kühe oder ein paar Ochsen. Erst nach 1950 kamen die ersten Traktoren ins Dorf. Bald danach hörten die meisten Kleinbetriebe mit der Landwirtschaft nach und nach auf. Heute bestehen nur noch drei Betriebe und ein Schäfer mit über hundert Schafen.

Nur relativ wenige Menschen gingen früher einer anderen Arbeit nach, zum Beispiel bei der Eisenbahn, in der Drahtfabrik, im Steinbruch in Hohenfels oder im Gemeindewald. Es gab im Dorf einen Schuster, drei Schneidermeister, einen Schmied, zwei Schreinereien und einen Revierförster. Außerdem hatten wir zwei Gasthäuser mit Kolonialwaren, davon eines mit Tanzsaal und Platz für eine Theaterbühne; später gab es nur noch zwei Wirtshäuser. Man konnte in den Geschäften fast alles kaufen, von der Halskette für Kühe über Hundeleinen, Spalttabletten sowie Kleinzeug für Nähereien und Wolle bis hin zu Lebensmitteln. Was nicht vorhanden war, konnte bestellt werden. Auch nahm jedes Geschäft Eier oder Butter in Zahlung, denn bares Geld hatte man

nur beim Viehverkauf. Heute ist kein Kolonialwarengeschäft mehr im Dorf, nur noch eine Gastwirtschaft. Die Schneidermeister sind verstorben, die Schmiede besteht nicht mehr. Es gibt nur noch eine Schreinerei. Der Schuster lebt auch schon lange nicht mehr, und das Forsthaus ist verkauft. Die Leute sind nun schon seit Jahren auf das Fleischauto, den Eiermann, den Bäcker und den großen Lebensmittelbus mit allen Gemüsesorten angewiesen, wenn sie nicht mit dem eigenen Auto zum Supermarkt fahren können. Vereine gab es viele: Musikverein, Schützenbruderschaft, Rotes Kreuz, Feuerwehr, Bürgergemeinschaft, Sportverein mit Tennisclub, Angelverein. Doch auch hier hat eine Veränderung stattgefunden, denn der Musikverein und der Kirchenchor spielen und singen im Verein

mit anderen Dörfern. Das Rote Kreuz, welches 1974 noch Bundessieger mit einer jungen Mädchengruppe im Jugendwettbewerb wurde und eine Schnelleinsatzgruppe hatte, besteht nicht mehr. Auch der Schützenverein hat nur noch wenige Mitglieder. Familien brachten bis etwa 1960 wesentlich mehr Kinder zur Welt als heute, auch deshalb wird unser Dorf langsam kleiner. Es gibt schon lange keine Schule mehr in unserem Dorf. In der Kirche fehlen die Messdiener, in Vereinen und in Jugendgruppen fehlt der Nachwuchs. Aus meiner Sicht ist all dies schade, da helfen auch neue Baugebiete wenig. Das Leben in Kirchweiler hat sich in den letzten 90 Jahren sehr stark verändert: Vieles ist leichter geworden, aber nicht alles besser, und manches Schöne ist verschwunden.