Vom ummauerten Bauerndorf zur Europäischen Beispielstadt

Hermann Meyer, Hillesheim

Das Dorf im Wandel. Wohl in keinem Ort der Vulkaneifel ist der Wandel einer Gemeinde nach dem Kriege so deutlich und effektiv zu sehen wie in Hillesheim. Ein verträumtes Bauernstädtchen erkennt seine Chance. Die Überschrift ist nicht übertrieben, wie man an den Fotos schon erkennen kann. Der damalige Ortsbürgermeister Martin Hank stellt fest: "In der teils sehr bewegten Geschichte der Gemeinde Hillesheim gibt es wohl keine Zeitepoche, die das optische Erscheinungsbild in solch gravierendem Umfang verändert hat, wie die im Jahre 1964 eingeleitete Sanierung des historischen Stadtkerns von Hillesheim. Schließlich erscheint es notwendig, die Sanierung als einen Teil der neueren Geschichte des Marktortes Hillesheim festzuhalten." Noch bis in die 1960-er Jahre hinein war Hillesheim - ungeachtet der Stadtrechte - faktisch ein Dorf. Im Altstadtbereich gab es noch eine Vielzahl bäuerlicher Betriebe. Das dörfliche Nebeneinander von Bauernhöfen und Geschäften, von überörtlichem Durchgangsverkehr und landwirtschaftlichem Wirtschaftsverkehr schränkte auf längere Sicht sowohl die Entwicklungsmöglichkeiten der landwirtschaftlichen Betriebe wie auch des örtlichen

Einzelhandels beträchtlich ein. Ein wesentlicher Schritt zur Entflechtung dieser engen Mischung war die Flurbereinigung in den Jahren 1963/64. Dabei wurden alle Betriebe, die noch Zukunft hatten, in die freie Feldflur ausgesiedelt. Ein weiterer wichtiger Anstoß der Stadterneuerung ergab sich, als Hillesheim in das 1964 anlaufende Bundesprogramm für "Studien- und Modellvorhaben zur Erneuerung der Städte und Dörfer" aufgenommen wurde. Der Nachteil, dass der damalige Amtsbezirk Hillesheim, die Voraussetzung erfüllte, zu den Problemgebieten zu gehören, die gegenüber der allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung erheblich zurückgeblieben waren, erwies sich in diesem Fall als Vorteil. Im nächsten Schritt beschloss der Gemeinderat unter Vorsitz des damaligen Ortsbürgermeisters Peter Reuter, im Januar 1965 einen Sanierungsplan für den Altstadtbereich aufzustellen.

Der Planer, Architekt Sittmann, erklärt: "Der Raum ist das Urelement allen Bauens. Sowohl Innenräume als auch Außenräume sind die bergenden Elemente, die sich die Menschen im Laufe ihrer kulturellen Entwicklung schufen. Neben einer noch so liebevollen Detailgestal-

tung der Bauten sollten diese wesentlichen Elemente unseres unmittelbaren Lebensbereiches stärker beachtet werden. Das heißt also: "Freiräume" wie Höfe, Plätze machen neben der Bausubstanz den Reiz der alten Städte und Dörfer aus."

Diese Plätze wie hier in Hillesheim, der Graf-Mirbach-Platz, der Lindenplatz und der Marktplatz hatten ja eine besondere Aufgabe. Sie waren und sollen sein Stätten der Begegnung und der Geselligkeit.

Es stand auch die Frage im Raum: Soll man gänzlich alles abreißen und quasi eine neue moderne Stadt bauen oder das alte Ortsbild und die alten Bauten wieder nachbauen. Man entschied sich, "Neubauten und Umbauten im Maßstab und Umriss der Altbebauung anzupassen, ohne die Formen und Details einer vergangenen Zeit sklavisch nachzuahmen. Historische Originale wurden selbstverständlich behutsam restauriert. Also kein oberflächlicher Historismus, sondern ein Integrieren von Alt und Neu, dem Lebenskraft innewohnt", so Architekt Sittman.

Die Wohnqualität hängt nicht nur vom Wert und Art eines Hauses ab. Auch der Charakter des Umfeldes spielt eine große Rolle bei einer Wohnung. So wurden in Hillesheim im Sanierungsgebiet folgende Verbesserungen verwirklicht. Die schwarzen Teerdecken der alten Straßen durch neue Steinpflaster ersetzt. Zahlreiche Brunnen beleben die Altstadt. Tische, Stühle, Bänke, Spielgeräte stehen in den Freiräumen. Eine Fußgängerzone bringt eine beträchtliche Belebung im Stadtkern, so wird dieser verkehrsberuhigt. Freundliche Farbanstriche erhöhen das Wohlbefinden der Bewohner und Gäste. Abgerissen wurden etwa 1oo alte Häuser ohne Bausubstanz. Ein Naherholungsgebiet, das "Bolsdorfer Tälchen" mit Biotopsee, felsigem Wanderweg und modernem Sportpark sind eine besondere Bereicherung der Wohnqualität des Ortes. Geschäfte und Rathaus im Zentrum sind auf kurzem Wege gut zu erreichen.

Auf Beschluss des Europarates wird im Jahre 1981 in allen Mitgliedstaaten für den Gedanken einer sinnvollen Stadterneuerung geworben. Im Rahmen dieser Kampagne wurde auch Hillesheim, neben den Städten Hamburg,

Wuppertal, Karlsruhe/Ettlingen und Burghausen als "Beispielstädte" aufgenommen. Dieser ehrenvolle Titel besagt nicht, dass Hillesheim die schönste Stadt im Rheinland und Deutschlands wäre, beileibe nicht. Es besagt aber, dass Hillesheim beispielhaft saniert wurde durch die Tatkraft und Entscheidungsfreude der Verantwortlichen in der Gemeinde. Aus aller Herren Länder kamen viele Delegationen und Studiengruppen und waren beeindruckt von der gelungenen Stadtsanierung. Auch Bundespräsident von Weizsäcker machte Hillesheim am 27. Juni 1989 einen begeisterten Besuch. Als Krönung all dieser Bemühungen erhielt Hillesheim 1993 wieder

den alten Titel: "STADT."

Literatur:
Hermann Meyer: Hillesheim, - die Geschichte eines Eifelstädt-chens
Hermann Meyer: Hillesheim im Bild in 2 Bänden