Ein Vielzweckhaus verliert seine Bedeutung

Heinz Altenhölscher, Weidenbach

Die Gemeinde Weidenbach erbaute Anfang der 1960-er Jahre In mehreren Bauabschnitten das „Gefrierhaus & Co."

Es entstand in der ersten Bauphase das Waschhaus mit einer kleinen Wohnung im Obergeschoss.

Waschmaschine

Im Waschhaus wurde eine Waschmaschine für die Allgemeinheit aufgestellt. Die Maschine wurde mit Münzen gefüttert. In einer Liste trug man seine Wünsche für die Benutzungszeit ein. Die Maschine hatte ein großes Fassungsvermögen, so dass sich oftmals zwei Familien für eine Trommelfüllung zusammen-schlossen.

Gefrieranlage

Im zweiten Bauabschnitt erstellte man einen Raum mit einer Gemeinschafts-Gefrieranlage. Es handelte sich hier um eine Reihenanlage mit 60 abschließbaren Einzelabteilen von je circa hundert Liter Inhalt. Diese Abteile konnten angemietet werden. Der Mietpreis betrug jährlich DM 40,00 und wurde mit dem Steuer-und Abgabenbescheid der Verbandsgemeinde eingezogen. Einmal im Jahr wurde abgetaut und gereinigt und dann war Hochbetrieb in der Gefrieranlage.

Ein Kühlraum, in dem das Fleisch von den Hausschlachtungen verarbeitet werden konnte, komplettierte die Anlage.

Saal

Auf die Gefrieranlage wurde ein Saal aufgebaut, der eigentlich für Aufführungen der Theatergruppe vorgesehen war. Zu dieser Nutzung kam es aber nicht mehr, da sich die Theatergruppe auflöste. Der Gemeinderat hielt dort viele Jahre seine Sitzungen ab.

Feuerwehr

Als die zur Wohnung gehörende Garage nicht mehr gebraucht wurde, brachte die Feuerwehr hier ihre Ausrüstung unter. Ausbildung und Schulungen fanden im Saal statt. Der bisher zur Unterbringung der Feuerwehrausrüstung genutzte Schuppen war bei der Umlegung 1961 einem anderen Besitzer zugeschlagen worden.

Schule

In der Volksschule stand 1966/67 ein Umbau wegen einer unzureichenden Toilettenanlage und eines fehlenden Pausenraumes an. Gleichzeitig wurde der Unterrichtsraum vergrößert, der Eingangsbereich neu gestaltet und die Lehrerwohnung im Obergeschoß vergrößert und modernisiert.

In dieser Umbauzeit fand der Unterricht im Saal über der Gefrieranlage statt.

Fahrschule

Über viele Jahre hielt die Fahrschule Arens aus Daun im Schulungsraum theoretischen Fahrschul-Unterricht ab. Aus den umliegenden Dörfern nahmen viele Führerscheinbewerber in Weidenbach am Unterricht teil. Sie ersparten sich hierdurch die Anfahrten nach Daun, Gerolstein oder Bitburg.

Viehwaage

Eine Viehwaage wurde aufgestellt, auf der das an die Viehhändler verkaufte Vieh vor dem Abtransport gewogen wurde.

Die neue Zeit

Die Gemeinschafts-Waschmaschine war überholt. Kaum eine Familie, die nicht ihre eigene Waschmaschine - und inzwischen auch einen Trockner - besitzt.

Die Gefrieranlage hatte ausgedient. Immer mehr Familien legten sich eine eigene Gefriereinheit zu. Über viele Jahre hatte die Gefrieranlage ausgezeichnete Dienste geleistet. Hausschlachtungen wurden auch immer weniger und gehören heute der Vergangenheit an. Der Gemeinderat hält ab 2002 seine Sitzungen (nach einer Übergangszeit in der ehemaligen Schule) im neuen Gemeindehaus ab. Die Feuerwehr erhielt 2002 im neuen Gemeindehaus die für sie erforderlichen größeren Räume.

Die Fahrschulen eröffneten in den Dörfern Schulungsräume in eigenen oder angemieteten Räumen. Außerdem war es durch die zunehmende Motorisierung viel leichter geworden, eine Fahrschule seines Vertrauens in der Umgebung zu erreichen. Die Viehwaage brauchte man nicht mehr. Das Vieh wurde am Schlachthof oder in der Schlachterei gewogen. Innerhalb von nicht einmal vierzig Jahren hatte ein vorbildliches Vielzweckhaus seine Bedeutung verloren.

Wir haben ein tolles Gemeindehaus mit Saal, Sitzungsraum, Aufzug, Küche, Jugendraum, Feuerwehrräumen und allen Möglichkeiten zu Veranstaltungen, Schulungen, Ausstellungen, privaten und öffentlichen Festen.

Die neue Situation ist hervorragend, während die alte zu ihrer Zeit ebenfalls eine tolle Sache war.

Ein Wermutstropfen war der Wegfall eines Treffpunkts zum Gespräch an Gefrieranlage, Waschmaschine und Viehwaage. Wer trifft sich heute schon vor dem Gemeindehaus zum „Schwätzen"? Das Haus stand ab 1998 zum Verkauf und enthält heute nach Umbau und Modernisierung vier Wohnungen.