Heute sieht Wallenborn anders aus

Gewandeltes Landschaftsbild

Gertrud Margarete Morsink, Landscheid

Nicht nur die Dörfer der Eifel, sondern auch das Aussehen der Natur hat sich im Laufe der Zeit wesentlich verändert. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg waren die meisten Bergkuppen, Hänge und brachliegende Flächen noch größtenteils unbewaldet, von Ginster, Him-beer-Brombeersträuchern, Schlehen-, Weißdornhecken und einzeln stehenden Bäumen bewachsen. Das Land war an diesen Stellen karg, wenig ertragreich und zur vollen Bewirtschaftung schwer zu erreichen. Es wurde von den überwiegend kleinen landwirtschaftlichen Betrieben als beliebtes Weideland genutzt. Ginster, ein Stickstoffträger, sorgte zwischen den Büschen und Sträuchern für saftiges Gras, ein gutes Beifutter für das Vieh. Die Gemeinde Wallenborn besaß im Distrikt „Burschutz", heute mit Fichten zugepflanzt, ein großes, eingezäuntes Stück Weideland, das alle Einwohner benutzen durften. Dorthin trieb man das Vieh und brauchte sich bis zum Abende nicht um sie zu kümmern. Abends wurde die große Herde nach Haus getrieben, jede Kuh fand ihren Stall. Im Mai, zur Zeit der Ginsterblüte, verwandelten sich Weide und brachliegende Flächen in ein riesiges, goldgelbes Blütenmeer, ein Bild einzigartiger Schönheit. Es ist bis zum heutigen Tag „das Bild meiner Eifel." Vor dem Feiertag Fronleichnam füllten Frauen und Kinder Körbe mit gelben Ginsterblüten, die für den Wallenborner Altar und zum Schmücken des Prozessionsweges in Salm gebraucht wurden. Nach dem zweiten Weltkrieg begann der Wiederaufbau. Vieles war durch den Krieg zerstört, Firmen suchten gute Arbeitskräfte, junge Männer und Familienväter wurden vom Arbeitgeber überall im Land eingesetzt. Viele Arbeitsstellen befanden sich weit fort von zu Hause, weswegen die Männer längere Zeit von ihren Familien fernblieben. Frauen, Eltern und Großeltern führten die kleinen Betriebe weiter. Das Weideland war nun nutzlos, es wurde mit Fichtenkulturen zugepflanzt, meist durch Mädchen und Frauen der Orte, die sich etwas dazuverdienten.

Das Wallenborner Tal hat sich in seinem Aussehen sehr verändert. Die bunte Vielfalt der Felder ist verschwunden, das Grün der Wiesen und Fichten ist größer geworden. Auf ehemaligen schönen Gemüsegärten mit den alten Obstbäumen am Ortsrand, stehen nun schmucke Neubauten. Die kleinen Bäche, die um und durch Wallenborn seit undenklichen Zeiten ihren Lauf selbst bestimmen konnten, an deren Ufern Weiden, Erlen und andere wasserliebende Sträucher und Pflanzen und auch wir Kinder uns wohl fühlten, wurden begradigt und mit Betonhalbschalen ausgelegt. Jetzt werden die Bäche wieder auf dem Wege der Renaturierung in den alten Zustand gebracht. Etwas Besonderes ist der Wallenborner Brubbel, das Wahrzeichen des Ortes und eine Sehenswürdigkeit. Er wurde mehrmals neu gestaltet und saniert und mit dazugehörigen Anlagen dem Landschaftsbild angepasst. Noch vor Generationen sahen die Quelle und ihre Umgebung wesentlich anderes aus. Diese Mineralquelle gehörte zum Dorf, brubbelte in ihrem Rhythmus wie seit ewigen Zeiten, und so ist es heute noch. Uns Kindern wurde verboten, das Terrain zu betreten. In den 1920-er Jahren war dieser offene Brubbel nicht abgesichert, auch nicht die vielen Löcher ringsum, in denen es brodelte und blubberte. Erst später wurde er mit etwas Stacheldraht und danach mit einem Holzzaun notdürftig abgesichert. Durch die Umgestaltung des Brubbels ging dem Ort der viel genutzte Drees mit zwei gefassten Quellen am Dreesbüschelchen verloren. Sein Mineralwasser war ein beliebter Durstlöscher, der in bauchigen Tonkrügen oder „Bullen" (Flaschen) oft mit aufs Feld genommen wurde. Das Wasser der zweiten Quelle benötigte man in Verbindung mit Buchweizenmehl und Gewürzen zur Herstellung von leckeren Mahlzeiten, zum Beispiel: in Schmalz gebackene „Heelisch Pannekoochen (Buchweizen-Pfannenkuchen), „Waafeln" zu Eintopfsuppen, „Kneddeln" mit viel brauner Butter und „Panhas". Die Gerichte erhielten durch das besondere Wasser eine appetitliche, lindgrüne Farbe. Man kann sagen, echte Eifler Spezialitäten, mit hohem Sättigungsgrad.

Die Dörfer sehen überwiegend gepflegt und sauber aus. Misthaufen, die dereinst vor jedem Haus lagen, sind verschwunden. Kein Rindvieh verschmutzt die Straßen und Wege, die jetzt bis in die kleinste Ecke asphaltiert sind; den ganzen Ort kann man mit blank geputzten Schuhen durchlaufen, ohne sie zu beschmutzen.