Der kleine Supermarkt

Margret Heinzen, Feusdorf

Bis vor einigen Jahren gab es bei uns im Nachbardorf einen kleinen Supermarkt, von allen liebevoll „der SB" genannt. Er lag günstig, direkt an der Straße auf meinem täglichen Nachhauseweg von der Arbeit. Man konnte mich dort öfters antreffen, denn meistens hatte ich beim eigentlichen Wocheneinkauf irgendetwas vergessen. Aber da ich ja sowieso täglich dort vorbeifuhr, musste ich nur nochmal anhalten und reinspringen. Außer Lebensmitteln bekam man dort alles vom Streichholz bis zur Damenfeinstmmpfhose. Der „SB" war halt gut sortiert und nebenbei traf man immer wieder Bekannte.

Zeichnung: Kerstin Weinacht, Kerpen

Vor vielen Jahren stand ich wieder einmal im „SB" an der Kasse. Vor mir eine Frau, die auch gerade noch ein paar Teile eingekauft hatte. Wir begannen einen Smalltalk mit der Kassiererin und es kam heraus, dass die Frau gar nicht weit von mir weg wohnte. Jahre später habe ich die exakte Entfernung einmal aus

der Karte abgegriffen: Von ihrer Hausecke zu meiner Hausecke sind es knappe 100 Meter... Tja, so klein ist die Welt! Nun, in den nächsten Wochen und Monaten traf ich die Frau immer wieder an der Kasse und irgendwann, es war im September, beschlossen wir, wir könnten uns doch einmal auf eine Tasse Kaffee treffen. Weit war es ja nun wirklich nicht, für keinen von uns. Gesagt, getan. Wir verabredeten uns, angelehnt an den braven Soldat Schweijk, am Herbstanfang um 15:00 Uhr bei uns im Garten. Es war urgemütlich, ich hatte einen kleinen Kuchen gebacken und der Kaffee schmeckte herrlich. Die Vögel zwitscherten ihr Lied, der Herbst erstrahlte in seiner ganzen Farbenpracht und die Sonne wärmte uns mit ihren spätsommerlichen Strahlen. Wir klönten und quatschten stundenlang ganz so, wie es Frauen im Allgemeinen klischeehaft nachgesagt wird. Viel zu schnell ging die Zeit vorbei und als es abends langsam kühl wurde, beschlossen wir, dass wir das am nächsten Herbstanfang unbedingt wiederholen müssten, dann aber im gegnerischen Garten. So trafen wir uns über zwei, drei Jahre immer am Herbstanfang um 15 Uhr. IMMER war die Zeit zu kurz und wir mussten uns was einfallen lassen um diesem Problem zu begegnen. Kreativ, wie wir beide waren, haben wir kurzerhand einen zweiten jährlichen Termin einberufen - Frühlingsanfang um 15 Uhr! Dann allerdings, wegen der Eifeler Temperaturen im Frühling, „indoor", das restliche Programm wurde 1:1 übernommen... Irgendwann kamen dann noch Sommer- und Winteranfang ins Spiel und über die Jahre entwickelte sich eine tiefe Freundschaft. Inzwischen treffen wir uns auch außerhalb der „Frühling-Sommer-Herbst-und-Winter-An-fangs-Norm" und auch nicht zwingend immer um 15 Uhr. „Der SB" hat derweil mehrmals seinen Namen gewechselt und wurde schließlich ganz geschlossen. Sehr zum Leidwesen aller, denen auf dem Nachhauseweg einfällt, dass sie noch was vergessen haben.