Abreißen ist keine Lösung

Klaus-Dieter Hammes, Aachen/Brockscheid

Menschen ziehen für ein besseres Auskommen in der Fremde aus ihrer Heimat fort. Andere verlassen auf Zeit eben diese Metropolen des Geldverdienens, um Seelenruhe in einer selbst gewählten neuen Heimat zu finden. Manche verlassen ihre Dörfer, um in das nächst größere Dorf oder eine Stadt zu ziehen. Die Anzahl der Neugeborenen reicht nicht aus, die Einwohnerzahlen stabil zu halten. Gemeint ist hiermit auch die Vulkaneifel. Diese Landschaft wird mitgeprägt von den Ortskernen, ihren historischen Gebäuden und Straßenverläufen. Haben die kleinen Dörfer in der Vulkaneifel eine Überlebenschance, und ist bei dieser sozialen Umschichtung der Charakter der ursprünglich agrarischen Räume zu bewahren? Es lohnt sich, dieser Frage nachzugehen!

Bestandsaufnahme:

In den 1960-er Jahren begann eine rasante Entwicklung in den Dörfern der Eifel. Es wurden neue Straßen gebaut, denen alte Hausbäume zum Opfer fielen. Giebel wurden mit Eternit beschlagen, Haustüren aus Holz durch Aluminiumtüren ersetzt. Die Fenster wurden vergrößert; dabei fielen die roten Sandsteingewände zum Opfer. Scheunentore wurden zu Garagentoreinfahrten verschandelt. Mittlerweile herrscht vielerorts in den Dorfkernen Leerstand mit steigender Tendenz. Wer will es den jungen Menschen verdenken, lieber am Dorfrand (Neubaugebiet) ein neues Haus zu errichten, als ein altes Bauernhaus zu restaurieren?

Was ist zu tun?

Die Dörfer und ihre Strukturen müssen/sollten erhalten bleiben. Denn welcher Tourist möchte die Eifel besuchen, in einem Neubaugebiet wohnen und durch ein teilweise leerstehendes Dorf spazieren?

Kurzfristig gilt es in jedem Dorf eine Bestandsaufnahme zu machen. Die Alleinstellungsmerkmale müssen hervorgehoben und ausgearbeitet werden. Alte Hausbäume erhalten, neue pflanzen; alte Obstsorten einführen. Alte Haustüren aus Holz erhalten; Hauseingangstreppen hervorheben. Natursteinmauern wieder sichtbar machen; vorhandene Sandsteingewände wieder frei legen. Hausvorplätze neu gestalten und beleben; heimische Hecken pflanzen. Eigenleistung der Bürger hervorheben; Eingangsbereiche, Treppenstufen und Bodenbeläge bei Erneuerung in Basalt ausführen. Mittelfristig muss ein Umdenken stattfinden. Die Hauserben sollten sich dem Erbe verpflichtet fühlen. Die alten Bauernhäuser im Dorfkern müssen wiederbelebt werden. Die Dorfgemeinden sollten sich eine Satzung geben, die ortstypische Neubauten und Sanierung im Ortskern fördern. Denkmalgeschütze Häuser und/oder gut restaurierte Altbauten/Neubauten müssten mit einer Plakette versehen werden. Dorfbewohner sollten aufgeklärt werden, wie die Plätze vor den Häusern dorftypisch gestaltet werden können.

Die alten Hausnamen mit dem Baujahr und dem Erbauer könnten die Gebäude im Dorfkern zieren (einheitliche Beschriftung). Die Ortseinfahrten müssen hervorgehoben und die Wanderwege beschrieben und ausgeschildert werden.

Das Rad der Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Um die alten Häuser vor dem Verfall zu retten, müssen die Leerstände einer neuen Nutzung zugeführt werden. Ein Abriss der Gebäude würde den Dorfcharakter negativ verändern und damit einhergehend die Dorflandschaft Eifel. Diese muss jedoch schon deshalb erhalten bleiben, um für Einheimische und Touristen Identität zu zeigen. Andere Regionen haben es vorgemacht, haben behutsam restauriert und die alten Gebäude einer neuen Nutzung zugeführt. Die Aufgabe muss sein: Umbau der Leerstände in Ferienhäuser unter Wahrung der dorftypischen Architekturmerkmale und der Bewahrung der „Schönheit des Einfachen"!

Also, es geht kein Weg daran vorbei, einen Teil der Leerstände in Ferienhäuser umzuwandeln. Gerade das ist die große Chance für die Dorfkerne.

Dazu jedoch benötigt es Planung und Zeit. Aber es können nach und nach zunächst Plätze vor dem Haus neu arrangiert oder Fassaden und Platz gemeinsam in Angriff genommen werden. Die Planung einer solchen Maßnahme kann dem Bürger noch eher gelingen, wenn er die Unterstützung der Verbandsgemeinden erhält, vorausgesetzt die Verbandsgemeinden halten derartige Beratungstätigkeiten vor. Der langfristige Grundgedanke: „Eine auf das Wesentliche reduzierte Schönheit zu bewahren", ist sicher eine Lebensaufgabe. Die Eifeldörfer brauchen dringend eine Gestaltungssatzung, um den Bezug zu seiner ländlich geprägten Bauweise zu verdeutlichen. Gelenkte Initiative ist gefragt, um die Dorfkerne in der Vulkaneifel lebenswerter und damit zukunftsfähiger zu machen.