„Pass auf! En Bumb!"

Absturz eines Jagdflugzeugs bei Gefell

Bruno Wagner, Gefell

Nachdem der Luftkrieg in den ersten Kriegsjahren nur vereinzelt direkte Auswirkung auf die Eifel hatte, änderte sich die Situation seit Anfang 1944 dramatisch. Täglich waren Bomberstaffeln zu hören, oder man sah deren Kondensstreifen am Himmel. Viel hörte man von abgeschossenen Bombern oder Jagdfliegern, deren Überreste man auch staunend betrachten ging.

Ein dramatisches Erlebnis dieser Art hatte ich im Februar 1944. Ich stand mit „Trappe Mattes" auf einem Wiesenhügel neben der Kirchgasse. Von hier aus beobachteten wir einen Luftkampf. Das Spektakel wurde auch von weiteren Dorfbewohnern verfolgt, während einige Kinder hiervon unbeeindruckt mit ihren Schlitten die Kirchgasse hinuntersausten. Schneewolken bedeckten zwar den Himmel, aber immer wieder konnte man zwischen den Lücken das Duell der Jagdflugzeuge beobachten. Wie Adler stürzten sie aufeinander zu, verschossen ratternd ihre Munition, drehten ab, zogen steil nach oben, um sich wieder auf den Gegner zu stürzen. Längere Zeit hatten wir dies beobachtet, da schoss plötzlich ein Flugzeug mit lautem Motorengeheul durch die Wolkendecke hindurch. Es war getroffen. Qualmend zog es eine schwarze Rauchfahne hinter sich. Der abgeschossene Flieger kam von Richtung „Theisstein" und flog eine Schleife in Richtung Katzwinkel. Dann senkte sich die Nase etwas, auch die Richtung veränderte sich, und nun kam der Jäger direkt auf uns zu geflogen. Immer tiefer senkte sich die Maschine ab, und dann schlug sie mit einem dumpfen Knall etwa 200 Meter vor dem Dorf Gefell auf dem Scheidhecker Weg auf. Die Nase des Flugzeugs pflügte dabei einen Graben von etwa zehn Metern Länge in den Weg, bevor der Motor abriss und in Richtung Dorf weiter rutschte. Neben anderen Trümmerteilen sauste ein Rad wild rotierend direkt auf uns zu. Reflexartig duckten Mattes und ich uns tief, konnten aber nicht umhin, wie gebannt auf dieses schreckliche Ereignis zu starren. Das Bugrad schlug noch mal vor uns auf, prallte wieder hoch und sauste dann dicht über unsere Köpfe hinweg. Am Haus von „Trappenantons Hennes" schlug es dann mit Geschepper an den Giebel. Darüber hatte Hennes sich sehr erschreckt. Er rannte aus dem Haus und schrie: „En Bumb! En Bumb!" (Eine Bombe!). Deutlich konnte man im Verputz eine tiefe Delle sehen, die das aufprallende Rad verursacht hatte. Der Motor flog noch viel weiter. In der Kirchgasse, hinter „Trappe Scheuer", schlug er wiederum auf, schleuderte hoch und blieb dann in der „Ruppertswiese" liegen. Viele Trümmerteile regneten auf das Dorf nieder. Die Propellerkappe schlug einen Eichenpfahl durch, der vor „Trappenantons" Haus stand. Die Bordmunition lag im ganzen Dorf verstreut. Einige Patronen hatten das Dach der Kapelle durchschlagen und die Decke beschädigt, so dass es später hineinregnete. Eine Welle aus dem Motor war gegen einen Apfelbaum im „Dellchen" geprallt, und selbst bei einem nahe gelegenen Wald hingen noch Teile der Tragflächen in den Fichten. Das Flugzeug war nur mehr ein einziger Trümmerhaufen. Als man sich die Teile genauer ansah, stellte sich heraus, dass es sich um ein deutsches Jagdflugzeug vom Typ Me 109 handelte.

Ein Pilot war nicht mehr in der Maschine. Es hieß später, er sei mit dem Fallschirm abgesprungen und in der Nähe von Boverath gelandet.

An diesem Tag ist Gefell nur knapp einer Katastrophe entkommen. Es grenzt schon ans Wunderbare, dass außer geringen Materialschäden niemand zu Schaden kam. Nur „Schäwesch Pitta" trug als einziger eine Verletzung davon. An dieser war er aber selber schuld, denn er wurde Opfer seiner Neugier.

Tage nach dem Absturz fand er nämlich ein Geschoss der Bordmunition. Von diesem drehte er die rote Kappe ab und untersuchte die Öffnung mit einer Schere. Dabei explodierte die Granate, und „Pitta" verlor seine Fingerkuppen.

Tage später traf Militär der Luftwaffe in Gefell ein. Zur allgemeinen Verwunderung handelte es sich hierbei um niederländische Soldaten in deutschen Uniformen. Wahrscheinlich waren es Soldaten des Luftwaffen-Stützpunktes, von dem der abgeschossene Jäger stammte. Sie sammelten in den nächsten Tagen und Wochen Trümmerteile und die Bordmunition ein, die sie dann abtransportieren ließen.

Quellen:
Mündliche Berichte von Jakob Wagner und Nikolaus Jakobs, Gefell
Mayer, Alois: Mayer, Trümmer-Tod-Befreiung, Helios 2005 Anmerkung Alois Mayer: Das abgeschossene Flugzeug war eine Messerschmitt 109 des Jagdgeschwaders 27 mit der Kennzeichnung Doppelwinkel. Bei einem Luftkampf mit einem viermotorigen amerikanischen Bomber über Daun wurde es am 11. Februar 1944 getroffen. Der Pilot war Leutnant Herbert Wagner," 11.6.1922 in Kirrlach bei Bruchsal, Sohn von Witwe Johanna Wagner. Er sprang mit dem Fallschirm ab und wurde stark verletzt ins Krankenhaus Daun und ins Lazarett Bernkastel eingewiesen. Nach seinerGenesung kam er wieder zum Einsatz und fiel einen Monat später am 18.3.1944.