Digitale Herausforderungen

Margret Heinzen, Feusdorf

Neulich hatte ich Geburtstag, den ich ausnahmsweise groß gefeiert habe. Alle hatten sie sich richtig Gedanken über ein Geschenk für mich gemacht und letztlich ist man zu dem Schluss gekommen, ein E-Book-Reader sollte es für mich sein. Eine tolle Idee, schließlich lese ich gerne und könnte so, mittels dieser modernen Technik, auch richtig dicke Schinken bequem lesen.

Man wählte ein Modell, mit dem man nicht nur gleich seine Lieblingsschmöker griffbereit hat, sondern zudem auch Internet, Apps und diversen anderen technischen Schnickschnack nutzen kann. Wenn schon denn schon! Ich bekam also das Neueste vom Neuen, was der Markt gerade so hergab. Und das, wo ich doch normalerweise eigentlich eher zu den Leuten gehöre, deren Handy Knöpfe hat und mit dem man, genau, halt telefonieren kann! Und nun sollte ich also das Land des mobilen Internets betreten.

Nachdem nun ein paar Tage ins Land gegangen waren und zu Hause allmählich wieder alles an Ort und Stelle war, konnte ich mich genüsslich um all meine Geschenke kümmern. Endlich wollte ich auch meinen E-Book-Reader ausprobieren!

Gesagt, getan. Ich packte ihn aus und las als braver Verbraucher erst einmal die Gebrauchsanleitung. Ich fand ein winziges Zettelchen mit einer kleinen Zeichnung und ganzen zwei Sätzen Text. Die Zeichnung verriet, wo man das Gerät einschaltet, die Lautstärke regelt, Kopfhörer ein steckt und zu guter Letzt, wo man das Ladekabel anschließt. Der erste Satz lautete: „Laden Sie das Gerät über einen Adapter - nicht im Lieferumfang enthalten - an einer Stromquelle auf. Na, dass man das beiliegende USB-Kabel nicht direkt in die Steckdose stopft, so schlau war ich auch schon ohne Gebrauchsanleitung!

Tja, das Dumme war nur, das war dann auch schon alles. Viel mehr gab die Anleitung nicht her... Also das Ding über den PC aufladen? Wie doof, dann läuft der ja auch die ganze Zeit... Hm... Halt, denke ich, du hast doch noch so eine „Kroos-Schublade" mit allerlei Gekabels, da war doch auch so ein USB-Adapter. Gesagt, getan, oder besser gesagt: Gesucht, gefunden! Stecker passt und es funktioniert! Gerät lädt, erste Hürde genommen! Jetzt hieß es erst mal warten, bis aufgeladen. Ok, also erst mal einen Kaffee trinken, die beste Freundin anrufen und die Wohnung auf Vordermann bringen...

Irgendwann sagte mir ein kleines Batteriesymbol „fertig"! Na, jetzt aber! „Schlosssymbol seitlich verschieben zum entsperren." (Das war der zweite Satz der Bedienungsanleitung!) Der Startbildschirm verhieß Apps, Bücher, Musik, Videos, Hörbücher, Web und vieles mehr. Wahnsinn! Ich patschte also mit den Fingern auf dem Bildschirm herum, um mich mit der Kiste vertraut zu machen. Ich fand sogar eine Art digitale Anleitung, wo Grundsätzliches recht gut erklärt war, und ich war beeindruckt, was dieses kleine Kistchen so alles kann.

Mit den Büchern wollte ich gleich beginnen. Doch welch eine biestige Kreatur! Bevor ich weitermachen durfte, sollte ich eine drahtlose Verbindung herstellen. Na gut, das ist eigentlich nur logisch, das Ganze hatte ja schließlich mit dem Internet zu tun. Ich machte mich also noch einmal in meiner digitalen Anleitung schlau, wie das zu funktionieren hat. Es klang eigentlich auch ganz einfach. Ich tippte auf das passende Symbol, wählte „verbinden" - ganz so, wie von mir verlangt. Ich las „Authentifizierung" und einen kurzen Augenblick keimte Hoffnung auf. Aber nur solange, bis ich „nicht in Reichweite" las. Wie gemein! Also noch einmal in die digitale Anleitung. Nach langem Hin und Her, Probieren und Eintippen von Passwörtern habe ich entnervt aufgegeben. Zumindest für diesen Tag. Am nächsten Tag widmete ich mich mit neuem Mut und Elan noch einmal der Herausforderung. Mit dem gleichen niederschmetternden Ergebnis wie tags zuvor.

Das fuchste mich aber jetzt doch ganz schön und ich beschloss, eine Arbeitskollegin (versiert in digitalen Dingen) anzurufen und ihr mein Problem zu schildern. Das Erste, was sie mich fragte, war „Ist dein Rooter W-LAN-fähig?" (Ja woher soll ich das denn wissen?!)

- „Ääähm, woran erkenne ich das denn?"

- „Guck mal auf das Gerät, das ist so ein Kästchen..." (Hilfe!) „Welches Kästchen genau? Hier hängen mehrere!" - „Das mit den vielen Lämpchen." (such, such) „Ah, gefunden! Und was soll ich da jetzt gucken?" - „Ob irgendwo bei einem Lämpchen W-LAN steht" (les, les) „Nöö, da steht nur LAN. Ohne W" - „Dann geht das nicht mit dem mobilen Internet." Na toll, da plag' ich mich tagelang, um letztlich nach einem 3-Minuten-Gespräch erkennen zu müssen, dass der Rest der Technik schuld ist! Doch spätestens nach diesem Telefonat weiß ich, dass ich NICHT meinen zwanzigsten Geburtstag gefeiert habe. Willkommen auf dem Boden der Tatsachen! ;-) Inzwischen haben wir unsere gefühlten tausend Kästchen an der Wand modernisiert, haben richtig schnelles Internet und selbstverständlich auch W-LAN. (Gibt es heutzutage tatsächlich noch Leute, die ohne W-LAN arbeiten???) Mein E-Book-Reader, der sich eigentlich sogar „Tablet" schimpfen darf, funktioniert jetzt in allen Belangen wunderbar. Der stationäre PC wird inzwischen wesentlich seltener benutzt und zu Weihnachten wünsche ich mir ein Smartphone. Auf, zur nächsten digitalen Herausforderung!