Eifeler Viehheilige

Werner Schönhofen, Leutesdorf

Krankheiten zehren an den Kräften des Menschen. Krankheiten in der Familie belasten alle - Kranke sowohl als auch Pfleger. Heute treten die verschiedensten Pflegeberufe und Einrichtungen in Tätigkeit, wenn es Kranke in der Familie gibt - je nach Schwere des Falles. Mittlerweile kann sich der Einzelne nicht nur gegen Krankheit finanziell absichern, auch die Pflege im Alter findet ihre vorsorgende Versicherung. Früher bedeutete Krankheit in der Familie sicherlich oft ein noch tieferes Absinken in die meistens ohnehin schon vorhandene Armut. Die finanzielle Absicherung im Krankheitsfalle gibt es erst seit dem Ende des 19. Jahrhunderts.

In einer Zeit, da die meisten Menschen auf dem Lande der Landwirtschaft verhaftet waren, bedeutete die Krankheit oder gar der Tod des Viehes einen nicht minder herben Verlust, ja oft den Ruin. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die fromme Bevölkerung Schutz und Fürbitte von bestimmten Heiligen sich erhoffte. Es gab einige Eifeler Bauernheiligen, die bei Krankheit des Viehes angerufen wurden. In vielen Dorfkapellen finden wir ihre Statuen auf den Altären. So war St. Antonius der Eremit zuständig für die Schweine, St. Wendelin für die Schafe, St. Brigitta für die Kühe, St. Mauritius für die Pferde. Entsprechend werden die Heiligen mit ihren schutzbefohlenen Tieren dargestellt.

Der Festtag der Hl. Brigida von Irland ist der 1. Februar. Zur Schutzpatronin des Rindviehs wallfahrteten die Bauern des Prümer Landes am 1. Februar zur Basilika in Prüm. Dort ist die Heilige als Äbtissin mit einer liegenden Kuh dargestellt. Diese Fußwallfahrt war oft mit Einkäufen und Behördengängen verbunden, bevor es am Mittag zurückging. Auch in Ostbelgien, in den ehemaligen deutschsprachigen Kreisen Eupen und Malmedy, ist Brigida als Schutzpatronin des Rindviehs bekannt. Schließlich wurde beim Tischgebet Brigida auch als Schutzpatronin des Viehes angerufen. In manchen Orten wurde am Brigidentag Brot in der Kirche gesegnet, das dem Vieh unter das Futter gemengt wurde als Schutz gegen Krankheiten.

Wer war nun diese Heilige? Brigida wurde um die Mitte des 5. Jahrhunderts in der Nähe von Dundalk an der Ostküste Irlands geboren. Als Tochter reicher Eltern konnte sie sich den Armen gegenüber großzügig erweisen. Die Legende erzählt, dass Brigida die Kühe gemolken und die Milch an die Armen verteilt habe. In der Furcht den Zorn der Mutter zu erregen, habe sie Gott um Hilfe gebeten. So sei letztlich in Brigidas Eimer mehr Milch gewesen als in denen ihrer Gefährtinnen. Ist dieser Bezug zum Hornvieh vielleicht der Grund ihrer Verehrung als Schutzpatronin desselben? Für das reiche Mädchen war natürlich auch bald ein Mann ausersehen. Brigida aber bat Gott, dass er sie entstelle, damit kein Mann sie begehre. Durch eine Krankheit verlor sie schließlich ein Auge und bekam ein hässliches Antlitz. In der Einsamkeit von Kildare gründete sie das erste Kloster Irlands. Sie starb im Alter von 70 Jahren am 1. Februar 523 und wurde in Kildare begraben. Als im 9. Jahrhundert die Normannen Kilpatrick bedrohten, wurden die Gebeine der Hl. Brigida nach Downpatrick südlich von Belfast gebracht. Ihr Haupt kam später nach Wiener Neustadt und durch Philipp II. 1587 nach Lissabon. Einen Finger der Heiligen brachten irische Mönche nach Groß-St. Martin in Köln. Brigida wird - neben Irland - in Frankreich, Belgien und Deutschland verehrt. Wahrscheinlich kam ihr Kult durch irische Missionare nach Westeuropa. Nur wenige reiche Bauern konnten sich ein Pferd als Zugtier oder gar ein Pferdegespann leisten. Pferde waren also schon ein wichtiger Bestandteil des Vermögens und der Verlust eines Pferdes bedeutete einen großen Vermögensverlust. Was Brigida fürs Rindvieh bedeutete Mauritius für die Pferde. Pferde waren kostbare Tiere für den Bauern. Nur auf entsprechend großen Bauernhöfen gab es ein Pferd oder gar ein Pferdegespann als Zugtier. Das Pferd als Reittier, als Luxusobjekt, war nahezu unbekannt. Pferde waren bis in die Zeit des Zweiten Weltkrieges auch „Kriegsteilnehmer" als Bestandteil der Reitereinheiten, der Kavallerie. Pferde wurden gemustert fürs Militär, sie unterlagen also einer gewissen „Wehrpflicht".

Mauritus (22. Sept.), der Schutzpatron der Pferde, gehört zu jenen frühchristlichen Heiligen, von denen wir oftmals über den Namen hinaus nur Legendenhaftes wissen. Er soll Oberst der sagenhaften Thebäischen Legion gewesen sein, von der ernsthafte Historiker behaupten, dass es sie nie gegeben hat. Die Soldaten dieser Legion erlitten zur Zeit des Kaisers Diokletian für ihren Glauben an Christus den Martyrertod, da sie nicht bereit waren, den heidnischen Göttern zu opfern. Der Heerführer Maximian befahl jeden Zehnten zu töten. Das setzte er so fort, weil diese Strafe nicht fruchtete, bis die Legion vernichtet war. Das grausame Geschehen soll sich bei Agaunum im Rhonetal abgespielt haben, der Ort erhielt den Namen St. Moritz/St. Maurice. Den Märtyrertod sollen die Soldaten der Thebäischen Legion am 22. September des Jahres 286 erlitten haben. Mit dem Gedenktag des Heiligen Mauritus ist an vielen Orten bis in unsere Zeit eine Pferdesegnung bzw. ein Umritt um die Kirche verbunden. Auch im Bistum Trier sind dem Heiligen Mauritius Kirchen geweiht, so z.B. in Büchel in der Eifel. Als Schutzpatron der Schafe und Hirten wird der Heilige Wendelinus verehrt; sein Namenstag ist am 20. Oktober. Als iroschottischer Königssohn soll er auf die Krone verzichtet und sich auf eine Pilgerreise nach Rom begeben haben. Er kam jedoch nur bis in die Gegend von Trier, wo er sich als Hirte verdingte. Zunächst Schweinehirt stieg er durch seine Zuverlässigkeit bei seinem Herrn zum Rinderund dann Schafhirt auf. Zeitweise lebte er als Einsiedler in der Nähe des Benediktinerklosters Tholey, dessen Vorsteher er schließlich wurde. Erst auf dem Sterbebett soll er seinem bischöflichen Beichtvater Severin seine wahre Herkunft offenbart haben. Er starb im Jahre 1015. Die Bauern pilgerten zu seinem Grabe und flehten ihn um Beistand gegen Seuchen von Mensch und Tier an, so auch 1320 als die Pest wütete. Nach ihrem Stillstand errichtete Kurfürst/Erzbischof Balduin von Trier über seinem Grab eine Kirche, die Keimzelle der heutigen Stadt St. Wendel. Wendelin ist der Schutzpatron der Stadt, der Bauern, des Viehs und insbesondere der Hirten. Zahlreich sind seine Darstellungen als Hirte in den alten Dorfkirchen.

Antonius wurde um das Jahr 251 in Ägypten im Dorf Keman bei Heraclea geboren. Er genoss dort bereits so große Verehrung, dass er sich in die Wüste zurückzog. Doch seine Jüngerschar wurde immer größer, so dass aus dieser Einsiedlergemeinschaft sich eine Mönchsgemeinde bildete; daher gilt er als Vater des Mönchtums. Er starb 356 und wurde zunächst von den morgenländischen Kirchen der Kopten, Syrer und Byzantiner verehrt; seine Verehrung im Abendland begann im 12. Jahrhundert. Er wird oft mit einem Schwein dargestellt, da man ihn offensichtlich bei Schweinekrankheiten anrief, so dass er in Teilen der Eifel den despektierlichen Namen „Ferkelstünn" hat. Als Schutzpatron für die Schweine und andere Haustiere, für die Schweinehändler, Hirten, Metzger, Bürstenbinder, Glöckner, Handschuhmacher, Korbmacher und Totengräber ist er wohl sehr beschäftigt, hinzu kommt noch, dass er angerufen wird in Feuersnot, bei „feurigen" Hautkrankheiten wie Gürtelrose, Rotlauf der Schweine und andere Seuchen. Sein Namenstag ist der 17. Januar. Er wird oft als Büßer in einem härenen Gewand und mit dem T-Zeichen, dem sogenannten Antoniuskreuz an dem manchmal Glöckchen hängen, dargestellt. Zu den eindrucksvollsten Werken der europäischen Malerei gehören die Darstellungen der Versuchung des Heiligen Antonius, deren er sich in der Wüste erwehren musste. Dabei erscheint der Teufel als verführerische Jungfrau. Eine markante Antoniuskapelle ist das Antoniuskreuz am Wanderweg CochemUlmen auf rund 500 m Höhe. Schließlich wird auch Papst Cornelius, der von 251 bis 253 während der Christenverfolgung des Kaisers Decius regierte, als Schutzpatron des Hornviehs verehrt. Er wird mit einem Hifthorn, dem Attribut eines Hirten, dargestellt. Er gewährte den in der Christenverfolgung Abgefallenen nach ihrer Reue Verzeihung. Dagegen stand der unbeugsame Novatian mit seinen Anhängern, der 251 in einer Synode aus der Kirche ausgeschlossen wurde. Auf Befehl des Kaisers Gallus musste Cornelius jedoch 253 Rom verlassen und starb bald darauf. Reliquien des Cornelius befinden sich in St. Severin in Köln und in Kornelimünster, das seinen Namen auf ihn zurückführt und im Mittelalter neben Aachen eine wichtige Wallfahrtsstätte war. Kornelius wird als Papst mit Schwert, Buch und Hifthorn dargestellt. Er wurde auch gegen Epilepsie, Krämpfe, Fieber und Ohrenschmerzen angerufen und manchmal den Vierzehn Nothelfern zugezählt. Eine Darstellung von ihm finden wir auch in der Filialkirche Ulmen-Meiserich. Diese Aufzählung der „Viehheiligen" ließe sich beliebig erweitern; hier sollten nur die wichtigsten dargestellt werden. In anderen Landstrichen Deutschlands mögen andere Heilige als Beschützer des Viehes verehrt werden. Wer eine Heiligenlegende aufschlägt, wird daher immer wieder solche Schutzpatrone finden.