Kommunikation in vielfältigsten Erscheinungen

Hubert Pitzen, Stadtkyll

Kommunikation ist so alt wie die Menschheit selbst. Im Laufe der Menschheitsgeschichte äußerte sie sich in den vielfältigsten Formen. Im folgenden Beitrag sollen lediglich Schwerpunkte menschlicher Kommunikation angeführt werden, die sich von der Urzeit bis heute erstrecken.

Es begann in der nonverbalen Urzeit, als Kommunikation zunächst nur durch Laute und Zeichen geschah. Vor allem auf der Jagd war sie von überlebenswichtiger Bedeutung, weil das Jagdglück von ihr abhing. In der Metallzeit entwickelten sich erste Handelsbeziehungen, sodass Händler nicht nur Waren tauschten, sondern auch Neuigkeiten und Nachrichten. So erfuhr man von Innovationen der Nachbarstämme, die man dann nachzuahmen versuchte. Einen regelrechten Kommunikationsschub erfolgte in römischer Zeit. Unabdingbar war die Nachrichtenübermittlung von Rom und den Provinzhauptstädten bis in die entlegendsten Winkel des Imperiums. Hierzu diente vor allem ein gut ausgebautes Straßennetz, auf dem nicht nur Legionäre marschierten und Handelskarren rumpelten, sondern auch ein perfekt funktionierender Postverkehr unterhalten werden konnte. Auch in der Eifel durchzogen römische Straßen das Land. Die Hauptverbindungsstraße, in augusteischer Zeit entstanden, verband die Metropolen Trier und Köln. Etwa auf halber Strecke kreuzte sie die aus dem Maasgebiet kommende Straße, die zum Neuwieder Becken führte. An dieser

Postbote im 16. Jahrhundert

wichtigen Schnittstelle auf dem „Heidenkopf', in fast 600 Metern Höhe zwischen Esch und Dahlem gelegen, errichteten die Römer eine Hochwarte, die weit ins Land eine optimale Umschau bot. Von hier aus konnten Wachposten mit anderen Hochwarten der umliegenden Gegend kommunizieren, um bei Gefahr schnelle Hilfe zu organisieren.

Der Postillion: Federzeichnung von Otto Ubbelohde (1867-1922)

Mit Feuersignalen verständigte man sich mit den benachbarten Warten auf dem Goßberg bei Hillesheim, dem „Döhm" bei Dreis und der „Hohen Acht". Ein vergleichbares Kommunikationssystem entwickelte sich am Limes, wobei Meldereiter die in der Nähe gelegenen Kastelle benachrichtigten, wenn Gefahr im Verzug war.

In karolingischer Zeit hielt man das Informationssystem mit Reitern (Königsboten) bei, die Weisungen höherer Stellen an Königshöfe und Pfalzen übermittelten und gleichzeitig eine Kontrollfunktion ausübten. Eine Fortführung bestand in der früheren Neuzeit, als mit Beginn des Postverkehrs die Postreiter Meldungen in Form von Briefen von Posten zu Posten, daher der Name „Post", transferierten. Erstmals konnten nun Nachrichten über weite Strecken übermittelt werden. Das Horn kündigte das Kommen des Postillions schon aus der Ferne an. Seit Anfang des 16. Jahrhunderts erschallte das Posthorn der Thurn und Taxischen Post, wenn Kutschen ihre Ankunft oder Abfahrt ankündigten. Mit diesem akustischen Signal warnte man die Passanten, damit freie Fahrt garantiert war, denn Postkutschen hatten Vorrang. Auch das Öffnen der Stadttore wurde durch das Signal angefordert und Relaisstationen für den Pferdewechsel informiert.

Etwa zur gleichen Zeit verwendeten die Inkas in Südamerika eine Knotenschnur (Quipu), die Verwaltungsnachrichten durch Reiter übermittelten. Ebenso kurios war die Nachrichtenübermittlung durch Windmühlen. Je nach Stellung der Windräder konnte man über größere Entfernungen kommunizieren. Bisher war von der Kommunikation über größere Distanzen die Rede, die durch optische und akustische Signale und berittene Boten bewerkstelligt wurde. Aber es gab sie auch im engeren Umfeld innerhalb der Dörfer und Stadtmauern. Vor allem bei Gefahren wie heranrückende Feinde oder der latenten Feuergefahr waren kommunikative Warnmuster erforderlich. Diese Aufgabe übernahmen die Türmer, die auf dem höchsten Turm, meist dem Kirchturm, oder der Stadtbefestigung die Wache übernahmen. Durch die enge Bauweise der Städte und Dörfer und der Strohbedachung drohten Feuersbrünste mit verheerenden Folgen. Zur Warnung nutzte der Türmer ein Wächterhorn, eine Glocke, Signalflaggen und bei Nacht auch Lampen. Das Turmblasen, wie es heute noch in Prüm von der Basilika und in Hillesheim von der Stadtmauer erschallt, hat hier seinen Ursprung. Auch im Kirchenliedgut

Abbildung eines Türmers (1433): Aus dem Hausbuch der Nürnberger Zwölfbrüderstiftung

findet sich die Stelle: „Wachet auf, ruft uns die Stimme, der Wächter sehr hoch auf der Zinne..."

Eng verwandt mit dem Türmer war der Aufgabenbereich des Nachtwächters. Auch er warnte vor Feuer, Feinden und Dieben zur nächtlichen Stunde. Heute ist der Nachtwächterberuf ausgestorben. In Hillesheim und Kerpen ist er aber reaktiviert, um als Stadtführer Touristen die Stadthistorie näher zu bringen. Eine weitere Kommunikationsmöglichkeit bei Gefahr stellten die Kirchenglocken dar, hauptsächlich bei Unwetter und Bränden. Im Amtsblatt der Bezirksregierung Trier heißt es zur Alarmierung: „§ 97 Wenn in einer Gemeinde Feuer ausgebrochen ist, so werden die Einwohner 1) durch Anschlagen der Glocken, 2) durch Alarmmachen seitens der Nachtwächter oder Trommelschläger in Kenntnis gesetzt. § 98 Die Küster aller Kirchen, Kapellen etc. sind (...) sobald Feuer im Orte ausgebrochen ist, zum Anschlagen der Glocken verpflichtet, welches in schnell aufeinanderfolgenden Schlägen geschehen muss." Nachbardörfer wurden durch Böllerschüsse in Kenntnis gesetzt. Bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts fuhren Hornisten durch die Eifeldörfer und kündeten vom „Roten Hahn". Heute schrecken Funksirenen die Menschen auf. Aber Glocken warnten nicht nur bei Gefahren, sie machten auch auf Vermisste aufmerksam, besonders in dünn besiedelten Regionen. Die bekannteste ist wohl die „Glocke der Verirrten" im Hohen Venn bei Baraque Michel. Über 125 Desorientierte verdanken ihr ihre Rettung. Die Glocke warnte Reisende und Wanderer bei Unwetter und diente als Orientierung in der Dämmerung. 1830 ließ Ritter Henri Toussaint eine kleine Kapelle errichten. Bis 1856 brannte in dem Kapellenturm ein Positionslicht, das die „Glocke der Verirrten" unterstützte. Dass die Glocke oder Schelle eine brauchbare Möglichkeit bot, Aufmerksamkeit zu erregen, bewies die „Dorfschelle". Sie rief die Dorfbewohner zusammen, wenn wichtige behördliche Informationen durch eigens dafür bestellte Personen verkündet werden mussten. Sprache und Zeichen waren die ersten Kommunikationsmittel, über die Menschen verfügten. Zu diesem Kommunikationssystem

= Nichts zu machen

"Gaunerzinken" und ihre Bedeutung

X

— Hier bekommt man Nachtlager

= Alarmglocken im Haus!

Bissiger Hund ist hier.

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= Vorübergehen! Hier ist nichts zu machen.

■ Besitzer ist brutal.

= Achtung Gefahr!

= Hier wird nichts gegeben.

- Inhaber des Hauses W / ruft die Polizei.

= Hier kann Gewalt ausgeübt werden.

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= Hier erhält man Geld.

= Die Leute lassen sich einschüchtern.

- Gefängnis droht.

= Hausinhaber gibt nur gegen Arbeitsleistung.

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Vaaa

CD

= Frau ist alleine mit Dienstmädchen.

= Hier ist Diebstahl lohnend.

= ein Kranker bekommt etv

= Nichts zu machen.

= recht fromm ti

= mitleidige Frauen.

: Hier wohnen Frauen, die sich beschwatzen lassen.

= Man kann hiet recht zudringlich werden.

= Wohnung eines Polizisten.

= bissiger Hund!

Gaunerzinken und ihre Bedeutung, Quelle: Zeichnung des Autors aus „Fluch der bösen Tat"

gehören auch die sogenannte „Gaunersprache" und die visuellen Zeichen der „Gaunerzinken". Nach Medienberichten der letzten Zeit kommen die „Zinken" auch heute noch zur Anwendung. Bereits seit dem 13. Jahrhundert ist die „rotwelsche" Sprache nachweisbar, mit der sich fahrende Händler und Hausierer verständigten. Der Begriff „rotwelsch" setzt sich zusammen aus „rot"= schlau, falsch, gerissen und „welsch"=fremdländisch. Das Rotwelsche wies regionale Besonderheiten auf wie zum Beispiel die Sprache der Drahtwarenhändler aus Neroth und der Steinwarenhändler aus Speicher, ohne diese auch nur annähernd in den Dunstkreis von Gaunern rücken zu wollen. Wenn sich zwei Nerother Händler in ihrer Geheimsprache unterhielten, wurden sie natürlich von Nichteingeweihten beargwöhnt. Das Nerother Rotwelsch besitzt viele jiddische Sprachwurzeln. Hier einige Beispiele: acheln=essen; betucht=reich; Lechem=Brot; Bossert=Fleisch; Kluft=Kleidung; Kaffer=Bauer; Mackes=Schläge; doft=gut; koscher=rein, unverdächtig; knell=betrunken; Schosel=schlecht; kapores=zertrümmert; Penne=Herberge; Kitchen=Gefängnis; Butz=Polizist; Mummes=Geld; Zores=Aufsehen; Schlamassel=Unglück; schmusen=sprechen. Die Begriffe „berappen", „foppen", „mogeln", „vermasseln", „schäkern", „Stuss", „Schmiere stehen" oder „Schmus" bedürfen keiner Übersetzung. Neben der Sprache dienten die Zinken einer konspirativen Kommunikation. Die Zinken an Häusern, Bäumen, im Sand oder Schnee lösten Angst und Schrecken aus, weil man nicht wusste, was sie bedeuteten. Das Wort „Zinken" stammt vom lateinischen Wort „signum", was „Zeichen" bedeutet. Hiermit sind aber auch alle Formen der nicht sprachlichen Kommunikation unter Vaganten gemeint. Hierzu gehören Signale, Gebärden oder Imitation von Tierstimmen. Die grafischen Zinken informierten nachfolgende Vaganten über die Reaktion der Dorf- oder Stadtbewohner. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts äußerte sich Kommunikation, wie gesehen, hauptsächlich durch Signale. Das änderte sich durch die Erfindung des Fernsprechers, der es möglich machte, sich über weite Distanzen sprachlich

auszutauschen. 1860 erfand Philipp Reis einen Apparat, mit dem man, wie er selbst beschreibt „Töne aller Art durch den galvanischen Strom in beliebiger Entfernung reproduzieren kann". Der Siegeszug der Telekommunikation nahm

Philipp Reis, Foto: Deutsches Postmuseum, Frankfurt

ihren Anfang, wozu natürlich auch die Morseapparate sowie die Telegrafie gehörten. Bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhundert zählten Telefone auch in der Eifel zu den Raritäten. Post, Bahn, größere Betriebe, Gewerbetreibende und Ärzte kamen in den Genuss eines Fernsprechers. Ab den 60er Jahren konnte man den Münzfernsprecher in den Telefonzellen mit angeketteten Telefonbüchern nutzen. Erst in den 70er Jahren fand das Telefon eine flächendeckende Verbreitung. Eine besondere Variante der Kommunikation stellt die Navigation dar, die für Schifffahrt und Flugverkehr unabdingbar ist. Bis zum 31.3.1992 konnte man auf der „Stadtkyller Heide" einen rotweiß gestrichenen Gittermast bewundern, der stolze 100 Meter und 1 Zentimeter in den Himmel ragte. „Funkturm", so wurde er im Volksmund bezeichnet. Heute erinnert ein langsam verfallendes Dienstgebäude an die Anlage, die im Zeichen des Kalten Krieges entstanden war. 1948 steckte die Flugnavigation noch in den Kinderschuhen, als amerikanische und britische Piloten ihre „Rosinenbomber" während der Luftbrücke Berlin anflogen. Als einzige Orientierung dienten der „Schnapps-Kompass" und Landkarten. Bis zur Vereinigung Deutschlands 1990 flogen alliierte Verkehrsmaschinen in circa 3.000 Meter Höhe in drei Luftkorridoren die Viermächtestadt an. In der Stadtkyller Decca-Station zeigte ein Gerät bis auf 5 Meter die Position des Flugobjektes an. Das Kommunikationssystem bestand aus vier Stationen. Außer in Stadtkyll befanden sich noch Anlagen bei Hamburg, Coburg und in der Nähe von Brilon. Der Londoner Decca-Konzern betrieb die elektronischen Anlagen, der durch die Unterhaltungselektronik „Teldec" bekannt geworden war. Bis 1991 arbeiteten die Engländer mit Funkpeilern der alten Röhrentechnik, die aber im Zeitalter der Satellitennavigation nicht mehr zeitgemäß war. Zwar ersetzten Computer im Wert von 10 Millionen Mark die Rohre; doch das Ende der Station nahte, als durch die Wiedervereinigung die Luftkorridore überflüssig wurden.

In den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts erfuhr die Kommunikationstechnik eine noch nie dagewesene Entwicklung. Beginnend mit der ersten Rechenmaschine von Konrad Zuse entstanden die ersten Computer. Mit der Erfindung des Mikro-Chips öffnete sich eine neue Welt der Kommunikation. Diese Innovation ist nur vergleichbar mit der jungsteinzeitlichen Revolution oder der Erfindung des Buchdrucks. Das Internet und das Mobiltelefon sind vorläufige Höhepunkte menschlicher Kommunikation. Man ist überall jederzeit erreichbar und verfügbar. Ebenso zählen die sozialen Netzwerke zu den modernen Errungenschaften. Aber auch ihre Nachteile und Gefahren sind nicht zu ignorieren. Trotzdem geht die Entwicklung weiter, mit Möglichkeiten, die wir uns heute noch nicht vorstellen können.

Quellen:

Hübner H., Die Apparate zum Fernsprechen von Philipp Reis im Reichspostmuseum; In: Archiv für deutsche Postgeschichte Pitzen, H., Der Fluch der bösen Tat. Aus der Kriminalgeschichte der Eifel, Aachen 1997

Pitzen H., Auf Spurensuche in einem Grenzgebiet; In: Jahrbuch des Kreises Daun 2004