1913 - Die letzte Fahrt Kaiser Wilhelms II. durch die Eifel

Dominik Schmitz, Hasborn

Im Bücherschrank meiner Eltern stehen sehr viele Bücher, die viele interessante Geschichten, aber auch Geschichte enthalten wie die Heimatjahrbücher des Landkreises Vulkaneifel, des ehemaligen Kreises Daun. Ich blätterte viel in diesen Büchern und las viele unterhaltsame Artikel aus den letzten Jahrzehnten - aber ein Artikel aus der Ausgabe des Jahrbuchs von 1978 hat mich nicht mehr losgelassen: Dort ist ein faksimilierter „Reiseplan der Fahrt Seiner Majestät des Kaisers und Königs von Lieser nach Gerolstein und von Gerolstein nach Bonn am 15. Oktober 1913" abgedruckt. Das Vorwort dieses Artikels verfasste kein geringerer als Peter Kremer, der im Jahr 1989 verstorbene Heimatdichter. Das Faksimile wurde vom Hofmarschall des Kaisers persönlich von Hand geschrieben und sollte Seiner Majestät als „Reisebroschüre" dienen, in der die Landschaftsteile und Sehenswürdigkeiten des schönen Eifellandes aufgezählt werden.

Nachdem Wilhelm II. im Jahr 1913 höchstpersönlich an einem Manöver an der Westgrenze des Reiches teilgenommen hatte (dem sog. Kaisermanöver), übernachtete er anschließend in Lieser bei seinem Landwirtschaftsminister, dem Freiherrn von Schorlemer-Lieser. Da im selben Jahr in Gerolstein die neue evangelische Kirche errichtet worden war, machte der Kaiser einen Abstecher über Gerolstein, um das Gebäude zu besichtigen, ehe er seine Reise nach Bonn fortsetzte.

Es gibt allerdings beim Lesen dieses Faksimiles ein kleines Problem, vor das ich und bestimmt auch einige von Ihnen, die Sie besagtes Jahrbuch vielleicht auch gelesen und durchgeblättert haben, stehen: Der Hofmarschall schrieb in der damals gängigen Sütterlinschrift! Leider gibt es heutzutage nicht mehr viele Menschen, die diese Schrift lesen, geschweige denn schreiben können.

Da ich dieser Schrift mächtig bin, mir das Lesen aber trotzdem Schwierigkeiten bereitet hat, habe ich diesen Text transkribiert und stelle ihn Ihnen nun in diesem Artikel in erheblich leichter lesbarer Form zur Verfügung. Es wäre eine Überlegung wert, ob man die Reiseroute Kaiser Wilhelms auch heute noch in dieser Art und Weise wie vor gut 100 Jahren genauso erleben könnte. Vielleicht wagen Sie es einmal?

Quelle:

Kremer, Peter, Des letzten Kaisers letzte Fahrt durch die Eifel. In: Jahrbuch des Kreises Daun 1978, S. 112-130.

Anmerkung:

Nur in Auszügen mit den für den Vulkaneifelkreis relevanten Teilen der Reise.

Strecke

km

Bemerkungen

a.) Strecke Lieser - Gerolstein.

Lieser

ab 9.15 Vorm.

 

Jenseits der Mosel die Ruine Burg Landshut, welche 1839 dem König Friedrich Wilhelm IV. von der Stadt Berncastel anläßlich seines Besuches geschenkt wurde, ist jetzt Eigentum Seiner Majestät des Kaisers. Dreimal Überschreiten der Bahn.

Cues

3,2

Bald nach Einfahrt in Alt-Cues links das Geburtshaus des

Gelehrten Kardinal Cusanus (hoch angebracht sein Wappen);

in Neu-Cues rechts das Hospital Cues, von ihm 1438

gegründet; zwischen Cues und Wehlen jenseits der Mosel

auf der Höhe die Graacher Schanzen, 1766 von den Franzosen errichtet.

Wehlen

4,1

Der Ort baut z.Zt. über die Mosel eine Brücke, die aus Anlaß des Regierungsjubiläums „Kaiser Wilhelm II. Brücke" genannt wird. Jenseits der Mosel Zeltingen. Hofgut Machern, früher reichbegütertes adliges Frauenkloster, im 18. Jahrhundert in ein freies Damenstift umgewandelt und jetzt in Privatbesitz.

Wengerohr

9,2

Eisenbahnknotenpunkt für die Zweigbahnen nach Berncastel-Cues und nach Wittlich - Daun. Links auf der Höhe der große Ort Altrich. Kreuzung der drei Bahnlinien.

Wittlich

3,9

Vor der Einfahrt links das neue Kreishaus nach Plänen von SchulzeNaumburg. Rechts auf der Höhe katholisches Kriegerwaisenhaus des Deutschen Kriegerbundes, 1904 in Gegenwart des Prinzen Eitel Friedrich eingeweiht. In der Nähe des Bahnhofs rechts die neue Kreissparkasse; in der Burgstraße und auf dem Markt einzelne alte Häuser aus dem 17. und 18. Jahrhundert, u.A. auf dem Marktplatz rechts das Rathaus; in der Himmeroderstraße nahe am Ausgang der Stadt; in der Himmeroderstraße nahe am Ausgang der Stadt rechts, neue Synagoge.

Minderlittgen

6,2

Hier erreicht die Straße die Höhe des Eifelplateaus. Geradeaus im Hintergrund der dreigipflige der dreigipflige Mosenberg, ein erloschener Vulkan mit vier Kratern, von denen zwei Maare enthalten.

Großlittgen

3,6

Vor der Einfahrt in den Ort rechts ein Hochbehälter des Kreiswasserwerks, der etwa in der Mitte des Versorgungsgebiets liegt. Die Feldflur ist gleich den sämtlichen weiten zu durchfahrenden Gemarkungen des Kreises in den letzten Jahren zusammengelegt. Im Königlichen Kunowalde, dicht hinter der Einmündung der Straße in die den Wald durchquerende Trier-Bonner Provinzialstraße links der sogenannte Kaisergarten, eine Gruppe hoher Fichten, die 1812 auf Befehl Napoleons zum Andenken an die Geburt des Königs von Rom gepflanzt wurde.

Manderscheid

9,9

Eines der bevorzugtesten Punkte des Fremdenverkehrs in der Eifel mit jährlich etwa 25.000 Besuchern; Hauptanziehungspunkt sind die im Lie

   

sertal belegenen, von der Straße nur teilweise und kurze Zeit sichtbaren Ruinen zweier Burgen der Grafen von Manderscheid, vor dem Jahre 1000 errichtet, in den Revolutionskriegen zerstört. Kreisgrenze nach Daun.

Bleckhausen

4,4

 

Udersdorf

5,2

Liegt inmitten eines jetzt von Wiesen bedeckten Kraters. Links Aarley, 557 m hoch.

Weiersbach

2,2

 

Gemünden

2,5

Rechts das Kaiser Wilhelm Schutzgebiet mit den drei Maaren, gegründet aus Anlaß des Regierungsjubiläums Seiner Majestät durch die Provinz. Kurz vor Daun Mineralquelle, Versandt rd. 2.000.000 Flaschen. Quelle ist unter den Schutz des Gesetzes von 1908 gestellt. Thermalbad. Rechts Erholungsheim für weibliche Angestellte der Firma Tietz in Cöln, eifriger Förderer der Eifelindustrie.

Daun

2,2

Im Orte rechts die Burg, früher Sitz der Grafen von Daun, jetzt Königliche Oberförsterei, das Landratsamt, Kreishaussaal von Professor v. Wille ausgemalt, Kaiserbrunnen, enthüllt 1911 in Gegenwart Seiner Majestät. Hinter Daun links die Ortschaften Steinborn und Neunkirchen, sodann links Blick auf den Nerother Kopf mit Burg und weiter auf den Errensberg, den höchsten Punkt der vulkanischen Eifel (700 m). Kreuzung der Bahn dicht vor Dockweiler.

Dockweiler

9,3

560 m hoch inmitten eines weiten Lavafeldes, Kreuzung der Bahn.

Betteldorf

1,8

römischen Ursprungs. Kreuzung der Bahn.

Hohenfels

1,6

links Feuerberg mit Krater und Lavaströmen. Kreuzung der Bahn.

Pelm

5,2

Rechts Schloßbrunnen, Mineralquelle, erheblicher Wasserversandt. Auf der Höhe rechts Kasselburg, jetzt Staatsdomäne. Erbauer der Burg unbekannt, 1115 nannte sich Graf Gerhard I. von Blankenheim auch Graf von Kasselburg, später kam die Burg an die Grafen von Manderscheid und die Herzöge von Arenberg; z. Zt. umfangreiche Instandsetzungsarbeiten. Rechts die Gerolsteiner Felsen Hustley, Munterley und Auberg, wurden auf Grund eines Beschlusses anläßlich des Regierungsjubiläums dauernd erhalten und sollen die Bezeichnung „Kaiser Wilhelm Felsen" erhalten.

Gerolstein an gegen 11 Uhr Vormitt.

2,3

76,9

Links auf dem Schloßberg die Trümmer einer Burg, 1115 vom Grafen Gerhard I. von Blankenheim erbaut. In geologischer Hinsicht ist Gerolstein von größter Bedeutung und wird infolgedessen viel besucht. Vier bedeutende Mineralwasser- und Kohlensäurewerke. In der Nähe der neuen Kirche eine alte Linde von außerordentlichem Umfang. Villa Sarabodis.

   

b.) Strecke Gerolstein - Bonn.

Gerolstein ab etwa 1.30 Nachmitt.

   

Pelm

2,3

links Kasselburg.

Hohenfels

5,2

 

Betteldorf

1,6

römischen Ursprungs.

Dockweiler

1,8

560 m hoch, inmitten eines weiten Lavafeldes.

Dreis

1,6

Malerkolonie, viel von Engländern besucht, im Gasthaus Gasen hielt sich der letzte König von Schweden aus dem Hause Wasa während seiner Verbannung auf, gestorben 1837 als Oberst Gustavson. Rechts Boxberg.

Bezirksgrenze

 

Regierungsbezirk Coblenz Kreis Adenau.

Kelberg

11,2

Alter Marktflecken. Um 1195 bereits erwähnt. Im Laufe des vorigen und des laufenden Jahres alte romanisch-gotische Kirche umgebaut.

Zermüllen

1,3

im freundlichen Wiesental des Trierbachs gelegen.

Müllenbach

3,1

Hinter Müllenbach links charakteristische Eifelheide; vor Eintritt der Straße in den Wald links Schwerspatgrube „Rosalia". Beim Austritt der Straße aus dem Wald Blick auf die Ruine Nürburg. Der Bergkegel, ein Fundort römischer Ziegel, wird schon 960, als mons Nore genannt; gehörte zum Besitztum der Are-Grafen. 1167 wird die Burg zuerst erwähnt als castrum Nürburg und gemeinschaftlicher Besitz von Theodorichs Söhnen. 1215 wird der Besitz dem Erzbistum Cöln zu Lehn aufgetragen; als die direkte Linie im Mannesstamm ausstarb, zog Cöln die Herrschaft ein, und bildete ein Amt daraus, meist ritterbürtige Amtleute einsetzend, die auf der Nürburg residierten. Die Burg wurde im Laufe der Jahrhunderte erweitert und verstärkt. Nach mehrfachen Beschädigungen bzw. Eroberungen im Dreißigjährigen Kriege, wurde sie 1689 von den Franzosen zerstört. 1815 preußische Staatsdomaine.

Quiddelbach

6

am Fuße des Bergkegels der Nürburg gelegen.

Breidscheid

3,4

war früher Burgsitz eines Rittergeschlechts v. B., welches bis in's 16. Jahrhundert blühte.

Adenau

2

Kreisort. Fundort römischer Gräber aus Hadrians Zeit, Schalen, Münzen usw. Johanniterkommende 1162 von den Grafen von Nürburg gestiftet, 1518 mit der zu Trier vereinigt, ihre Besitzungen von der französischen Regierung eingezogen und verkauft. Seit 1415 Ritter v. A. erwähnt. Katholische Kirche 1216 genannt, stammt jedoch aus früherer Zeit. 1913 Bau einer neuen evangelischen Kirche nach den Plänen des Geheimen

   

Baurats, Professor Schwechten - Berlin; Kaiser Wilhelm Jubiläumskirche

oder Erlöserkirche benannt. Auf dem Markt bemerkenswerte alte Fachwerkhäuser.

Leimbach

3,1

 

Niederadenau

2,9

 

Dümpelfeld

1,6

1494 vom Kölner Cunibertstift an die Comthurei Adenau abgetreten. Kirche 1477. links: Eingang in das obere Ahrtal. links: Dorf Liers.

Hönningen

3,8

1494 vom Kölner Cunibertstift an die Comthurei Adenau abgetreten.

Brück

2,6

rechts: Eingang in das Kesselingertal.

Pützfeld

1,2

rechts: Dorf Pützfeld. Burgruine. Einst Besitz der Grafen von Thimersdorf genannt Pützfeld, jetzt im Besitz der Ehefrau des Freiherrn von Lavalette St. George. Auf dem linken Ahrufer 1681 erbaute Kapelle dem Rittergut Pützfeld gehörig. Kreisgrenze nach Ahrweiler.

Kreuzberg

3,2

links der Ort Kreuzberg; Burg gehört dem Freiherrn von Böselager, Turm wahrscheinlich römischen Ursprungs.

Altenburg

0,7

 

Altenahr

1,4

Altenahr mit Burg Are; erbaut von den Grafen von Are im 12. Jahrhundert, kam Mitte des 13. Jahrhunderts unter Konrad von Hochstaden an Kur-Köln; jetzt im Privateigentum des Ehrenbürgermeisters Fabry daselbst.

 

4,1

Bonn-Trierer-Provinzialstraße steigt bis zur Höhe von Calenborn, schöner Blick auf die rheinische Grafschaft, die Ahr- und Rheinberge; rechts vorwärts die Landskrone (Burgruine und Kapelle), erbaut 1204 unter Philipp von Schwaben.

Gelsdorf

5

In Gelsdorf Burghaus aus dem 16. Jahrhundert gehört jetzt zum Teil der Zivil- zum Teil der Kirchengemeinde.

Bezirksgrenze

 

Regierungsbezirk Cöln. Kreis Rheinbach.

Meckenheim

4,5

links im Hintergrunde der Tomberg mit Ruine einer Burg, die in den Jahren 950-1156 im Besitz der rheinischen Pfalzgrafen von Aachen war, im 15. Jahrhundert in die Hand rheinischer Adelsgeschlechter kam und 1473 von den Grafen von Jülich belagert und zerstört wurde.

Röttgen

7,2

Hier ehemals das Jagdschloß der Kurfürsten „Herzogsfreude", auf das die großen Alleen im Kottenforst strahlenförmig zulaufen

Kreisgrenze

 

Bonn Land.

Lengsdorf

3,8

Rechts der Kreuzberg mit Klosterkirche vom Kurfürst Ferdinand 1627 erbaut und Ippendorf.

Endenich

1,8

 

Bonn

2,7

 

an etwa 3.30 Nachm.

89,1