Die wunderbare Geldvermehrung -

eine Geschichte am Ende des 2. Weltkriegs

Karl Burch, Udler

Ich bin im November 1936 geboren. Wir waren sieben Geschwister, fünf Jungs und zwei Mädchen.

Drei meiner Brüder sind im 2. Weltkrieg gefallen.

Gegen Ende des Krieges hatten wir noch einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb. Wir drei jüngeren Brüder, die wir noch zuhause waren

- die übrigen waren wie mein Vater im Krieg

- mussten jeden Sonntag reihum das Vieh füttern.

An einem Sonntag war einer meiner Brüder an der Reihe. (Er wurde 1928 geboren und lebt heute mit seiner Familie in Leverkusen.) Er hatte ein Stelldichein mit einem Mädchen aus unserem Ort. „Dicker!", so sagte er zu mir, „Ich gebe dir 20 Pfennig, wenn du heute für mich das Vieh fütterst!". Bei einem so tollen Angebot schlug ich sofort ein und übernahm die Fütterung des Viehs. Ich nahm die zwei 10 Pfennig Stücke fest in die linke Hand, fütterte die Tiere, gab frisches Gras in die Raufe und mistete den Stall aus. Sie bekamen auch noch Hafer in den Trog, den ich in einem großen Eimer vom Speicher geholt hatte.

Doch plötzlich hatte ich nur noch 10 Pfennig in der Hand! Wo war nur das andere 10 Pfennig Stück geblieben?

Zurück auf den Speicher, runter und nochmals hoch, und wieder runter, doch wo immer ich auch suchte, die 10 Pfennig blieben verschwunden.

Die Schwester meiner Mutter war zufällig an diesem Sonntag bei uns zu Besuch. Sie bemerkte, wie ich verzweifelt durch das Haus irrte und fragte mich, was los sei. „Mein Bruder hat mir 20 Pfennig gegeben und nun sind 10 Pfennig einfach verschwunden." - „Hier hast du 10 Pfennig von mir! Und sei nicht länger so traurig!" war ihre Antwort. Aber das verlorene Geldstück ließ mir keine Ruhe und ich suchte nochmals alles ab. Als ich dann fast zufällig die Pinneschuhe, die für die kommende Woche blank geputzt an der Speichertreppe standen, umkippte, klimperte es als das verloren Geldstück auf den Boden fiel. Jetzt hatte ich 30 Pfennig! Die habe ich nach und nach für eine Stange Rahmkarmellen, je 10 Pfennig das Stück, ausgegeben. Ich war stolz auf mein erstes verdientes Geld!