1000 Grüße und Küsse -Ansichtskarten und ihre Geschichte

Helmut Schäfer, Gerolstein

Wenn einer eine Reise tut, dann schreibt er von unterwegs seinen Daheimgebliebenen eine Ansichtskarte. So war es früher üblich, doch dies ist heutzutage eher die Ausnahme. Viele sammelten die Karten aus aller Welt, man bewunderte die schönen Ansichten - andere sammelten die Briefmarken oder man bewunderte die tollen Stempelaufdrucke. 1865 veröffentlichte der geheime Postrat Heinrich von Stephan (1831 - 1897) seine Idee, Postkarten ohne Umschlag zu verschicken. Dieser Vorschlag wurde aber von der preußischen Postverwaltung nicht aufgenommen, man war der Auffassung, dass es nicht schicklich sei, wenn unbeteiligte Personen die Mitteilungen anderer lesen konnten. 1869 führte Österreich die erste „Correspondenzkar-te", (eine offene Postkarte ohne Bildaufdruck) ein, Deutschland folgte 1870. Als am 19. Juli 1870 der deutsch-französische Krieg ausbrach, bewährte sich das gerade geschaffene Medium - die Feldpostkarte diente den Soldaten als Mitteilung von der Front - die Karte wurde kostenlos in die Heimat befördert. Diejenigen Postkarten, die irgendein Wappen, eine patriotische Illustration auf der Anschriftenseite enthielten, können als Mittelding zwischen Postkarte und Ansichtskarte betrachtet werden. Der Hersteller der ersten Postkarte mit Bildern ist nicht eindeutig zu bestimmen. In mehreren Ländern stellte man seit 1870 solche Karten her. Ab 1872 wurden privat hergestellte Karten für den Postverkehr zugelassen. Die Ansichtskarte wurde schnell zum industriell gefertigten Massenartikel und Deutschland hatte sehr schnell die Vormachtstellung in Design, Technik und Verbreitung erworben. Allein im Jahre 1899 wurden in Deutschland 88 Millionen Ansichtskarten produziert. Das Wachstum dieser Industrie steht im Zusammenhang mit der sich gleichzeitig ausbreitenden Sammelleidenschaft. Viele politische oder gesellschaftliche Ereignisse wurden oft zum Motiv einer Bildpostkarte und man konnte Freunden und Bekannten darüber berichten. Neben diesen wahren Zeitdokumenten kamen natürlich die Grußpostkarten mit Sehenswürdigkeiten von nah und fern und die unzähligen Themenkarten dazu. Diese große Beliebtheit hat die Ansichtskarte seitdem nicht mehr erreicht, weil sie allmählich von den modernen Kommunikationsformen verdrängt wurde. Bis 1905 durfte auf der Vorderseite nur die Anschrift stehen, so dass eigentlich kein Platz mehr für Mitteilungen war. Es konnte also nur auf der Bildseite geschrieben werden. Bei vielen Karten aus dieser Zeit wurde deshalb von den Druckern auf der Bildseite ein schmaler Streifen oder eine Ecke Platz für die „Tausend Grüße und Küsse" frei gelassen. Wer damit nicht auskam, schrieb einfach über die Bildseite. Erst 1905 kam die geteilte Rückseite für Mitteilungen an den Empfänger.

Ansichtskarten spielten zu Kriegszeiten eine wichtige Rolle

Militärische Motive gehörten in ganz Europa zu den beliebtesten Ansichtskarten im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Nicht selten transportierten diese Ansichtskarten patriotische Botschaften oder auch Verunglimpfungen des politisch-militärischen Feindes, häufiger jedoch boten sie Einblicke in den Soldatenalltag. Aufgrund ihrer Massenhaftigkeit, ihrer zeitspezifischen Motive und ihrer Funktion in der Kommunikation zwischen Militär bzw. zwischen Front und Heimat sind diese Ansichtskarten mittlerweile begehrte Sammlerstücke. Während des Ersten Weltkrieges wurden etwa 28 Milliarden Sendungen von der Feldpost befördert. Oftmals konnten Familien und Freunde monatelang nur über Feldpost Kontakt zueinander halten, so dass diese die bedeutendste Kommunikationsmethode war. Grundsätzlich war die Feldpost portofrei. So lassen diese Karten Rückschlüsse auf Einstellungen, Mentalitäten und Ideologien zu. Während des 2. Weltkriegs beförderte die deutsche Feldpost bis zu 30 Milliarden Sendungen. Damals zum Teil lang ersehnte Lebenszeichen, Kitt für die aus den Fugen geratene Gesellschaft. Die Zensur war wie im Ersten Weltkrieg stichprobenartig angelegt. Jedoch wurden Verstöße - bis hin zur „Wehrkraftzersetzung", auf die die Todesstrafe stand - schärfer geahndet. Die Inhalte bieten trotz Zensur einen hervorragenden Einblick in den Soldatenalltag und in die Einstellungen der Soldaten zum Krieg. Schreibende Soldaten sind seltener geworden seit es Mobiltelefone und High-TechArmeen gibt.

Die Gegenwart

Die Postkarte hat im Laufe ihrer langen Geschichte alle bekannten Druckverfahren durchlaufen. So gab es bis 1894 die einfarbige Karte mittels Lithographie und nachfolgend bis etwa 1906 die mehrfarbige Chromolithographie-Karte. Zwischen dem Beginn des Ersten Weltkrieges und der Mitte der 1960er Jahre war das übliche schwarz/weiß Foto der Designpate. Mit der Einführung des Colorfotos erweiterte sich das Postkartenoutfit um die herrlichen, farbigen Echtfotos. Seither ist, neben nostalgischen Motiven, die Fotopostkarte der Renner auf dem Kartenmarkt. Begann man in den 1920er Jahren hier noch mit dem Licht-und Bromsilberdruck, so ist heute der moderne, vierfarbige Offsetdruck das technische Maß der Dinge. Kleinauflagen werden aus Kostengründen auch oft im Digitaldruckverfahren hergestellt. Doch nicht nur die Herstellungstechniken haben sich grundlegend verändert -auch das Outfit schlechthin ist professioneller und ökonomischer geworden. So hat die moderne Postkarte in der Regel eine Vorderseite als Adressseite und eine Bildrückseite. Diese Festlegung gilt für alle Arten von Ansichtskarten. Um die Herstellung der bunten und kunstvollen Informationsträger so effektiv wie möglich zu gestalten, haben sich verschiedene Druckereien und Verlage speziell auf die Postkartenherstellung verlegt. Dabei kann sogar jeder seine eigenen, ganz persönlichen Karten kreieren, seine Daten via Internet auf den Server seiner Online-Druckerei laden und drucken lassen. So sind, neben der künstlerischen Vielfalt, auch ganz persönliche Postkarten beliebte Versand- oder Sammlerobjekte. Daran

wird sich wohl auch in naher Zukunft nichts ändern. Es gibt Flohmärkte, regelrechte Ansichtskartenbörsen und Großtauschtage und viele Händler und Sammler suchen und kaufen im Internet.

Quellen:

Wikipedia - Ansichtskarten : Sammlung Helmut Schäfer

Verschiedene Arten von Ansichtskarten: