Die Kiefer, die allein sein wollte

Roswitha Gräfen-Pfeil, Mosbach

Eine riesengroße Waldkiefer stand schon Jahrzehnte in einem Wald in der Eifel. Stolz reckte sie ihre Zweige. Dunkelgrüne kräftige Nadeln und viele kleine Zapfen schmückten sie. Manchmal tummelten sich Eichhörnchen auf ihr. Sie knabberten an den Zapfen, aßen den Samen und vergruben ihn für den Winter. Trotzdem war der Kiefer langweilig. Sie wollte mehr erleben. Die Sonne schien nur auf die obersten Zweige, sie aber wollte Sonne bis tief in die Wurzeln spüren. Geschützt stand sie, von vielen anderen Bäumen des Waldes umgeben. Wind erreichte sie nur als laues Lüftchen. Sie wünschte, richtig geschaukelt zu werden. Irgendwann im Spätsommer vor einigen Jahren begann die Kiefer die anderen Bäume für das Fehlen von Sonne und Wind verantwortlich zu machen. Sie dachte darüber nach, wie sie alle loswerden könnte. Gierig streckte sie ihre Wurzeln aus, um soviel Wasser wie möglich von ihnen weg zu saugen. Sie erklärte den Borkenkäfern, die anderen Bäume seien viel schmackhafter als sie, und die Käfer flogen zu den Nachbarbäumen.

Voller Abgase der Autos und Flugzeuge war die Luft, und geregnet hatte es in jenem Sommer wenig. Die Ozonwerte waren hoch. Alle Bäume benötigten viel Kraft zum Überleben. Sie warfen Blätter oder Nadeln ab, um weniger zu verdunsten.

Die Kiefer hatte genug Wasser, sie fühlte sich stark und überlegen.

Im folgenden Winter kamen schlimme Stürme. Am Waldrand fielen die ersten Bäume um. Keine Sträucher milderten die Sturmböen, kein Gebüsch hatte ihre Wurzeln bedeckt.