Die Kronen von Pelm und Gerolstein

Diethelm Stump, Mürlenbach

Bei dem Wort Kronen geht der Fokus automatisch auf gekrönte Häupter wie Kaiser, Könige, Stammesfürsten und Weinköniginnen, die allesamt mit einer solchen geschmückt sind. Weit gefehlt, denn auch in der Geologie und Paläontologie spricht man von Kronen, wenn es um versteinerte Lebewesen aus dem MittelDevon der Eifel geht, nämlich den Crinoiden, besser bekannt unter dem Namen Seelilien. Diese Spezies sind keine Blumen - wie man eventuell annimmt - sondern Tiere, die zu der damaligen Zeit vor ca. 380 Millionen Jahren im strömungsreichen Riffbereich des Devon-Meeres lebten. Der Bauplan einer kompletten Seelilienkrone ähnelt dem der Pflanzen. Er besteht aus Wurzel, Stiel, Kelch und Fangarmen. Mit den Fangarmen filterten sie Plankton aus dem Wasser und führten es zum Kelch, wo die Verdauungsorgane lagen. Seelilien gehören zur Klasse der Stachelhäuter, wie auch Seeigel und Seegurken, und waren zur damaligen Zeit in der Eifeler Meeresstraße an Vielfältigkeit nicht zu überbieten. Das Erscheinungsbild dieser Tiere reicht von kompakt bis filigran. Crinoi-den haben sich im Laufe der Evolution weiterentwickelt, was bedeutet, dass sie nicht mehr mit dem Meeresboden durch Wurzel und Stiel verankert sind, sondern sich zu frei schwimmenden Tieren entwickelt haben. In der Gerolsteiner Mulde mit dem Muldenkern Pelm gab es Fundorte von

Schematischer Aufbau nach A. Müller, Zeichnung: D. Stump

Geschlossene, kompakte Krone, Cupressocrinites abbreviatus, Foto: D. Stump

besonders schönen und seltenen Exemplaren in vollständiger Erhaltung. Zu nennen sind das Mühlenwäldchen und der Bahndamm in Gerolstein sowie das Berlinger Bachtal, der Daasberg, das Wasserhäuschen und der Selbüsch in Pelm. Diese Fundstellen, die heute durch Haus- und Straßenbau sowie von anderen Baumaßnahmen versiegelt sind, haben wesentlich zum Bekanntheitsgrad von Gerolstein als FossilienMekka im vorigen Jahrhundert beigetragen. Vollständige Seelilien sind die seltensten Versteinerungen in der gesamten Eifel, weil sie nach ihrem Ableben vom rauen Riffwasser geschreddert wurden. Heutzutage eine ganze, zu Stein gewordene Seelilie zu finden, ist so gut wie unmöglich. Einzelteile wie Stiele oder Kelchplatten kommen bei Ausschachtungen ab und zu ans Tageslicht. Wenn dann ein Fossil dieser Art gefunden wird, so ist es noch lange nicht „vitrinenreif", sondern muss aufwendig unter Einsatz von Sticheln, Fräsern und Nadeln präpariert werden. Um Feinheiten besser herausarbeiten zu können, sind ein gutes Mikroskop in Verbindung mit einem Sandstrahlgerät unerlässlich.

Das Graben nach Fossilien mit technischem Gerät ist laut Verordnung seit 1984 in Rheinland-Pfalz verboten. Ausdrücklich erwünscht ist Sammeltätigkeit auf dem Geo-Acker nahe der Kasselburg bei Pelm, wo ab und zu Erdaushub aufgeschüttet wird.

Geöffnete Krone, Cupressocrinites crassus, Foto: D. Stump

Führungen zu dieser Stelle finden mehrmals im Jahr statt. Einen guten Querschnitt an versteinerten Seelilien präsentiert das Naturkunde-Museum in Gerolstein. Die gezeigten Exponate stammen von Privatsammlern, insbesondere von denG ebrüdern Richard und Willi Bloos, die sich durch Sammeln und Malen von Fossilien einen überregionalen Ruf erworben haben.

Filigrane Krone Storthingocrinus fritillus, Foto: D. Stump

Krone, Cupressocrinites elongatus, Foto: D. Stump

Literaturnachweis:
Jan Bohat'y: Revision of the Hexacrinitidae Gerolstein/Eifel Batty Dohm: Die geologischen Verhältnisse im Landkreis Daun Joachim Hauser: Die Echinodermen des Hustley Members der Gerolsteiner Mulde
Ludwig Schulze: Monographie der Echinodermen des Eifler Kalkes
J. Winter: Das Givitium der Gerolsteiner Mulde

Krone mit Stiel, Cupressocrinites crassus, Foto: D. Stump