Historische Grenzsteine

Wo sind die alten Gemarkungsgrenzsteine?

Hartmut Flothmann, Schalkenmehren

Der Vergangenheit auf der Spur

Seit dem Schengener Abkommen von 1985 ist es im Bereich der Europäischen Union weitgehend möglich, von Land zu Land zu reisen, ohne an Grenzen Halt machen zu müssen. Unser heutiges Europa ohne Grenzen gewinnt an Bedeutung, wenn man es mit der Territorialgeschichte bis ins 19. Jh. vergleicht, die mit ihrer Kleinstaaterei immens viele Grenzen aufwies. Diese wurden damals mit Landesgrenzsteinen bzw. Hoheitssteinen abgemarkt. Grenzziehungen galten auch für Grenzen zwischen Ortschaften, die mit Gemarkungsgrenzsteinen, also Mark-, Bann- oder Malsteinen, abgesteint wurden. Bezogen auf das Maardorf Schalkenmehren gilt das für die Grenzen zur Kreisstadt Daun sowie zu den Ortsgemeinden Mehren, Udler und Üdersdorf. Spinnt man den Faden weiter, gab es zudem noch Gütersteine, Waldgrenzsteine, Zehntsteine, Vermessungsmarken - alte Festlegungen der Landesvermessung -sowie Wegekreuze in Form von Sühnekreuzen, Feld- und Flurkreuzen. Geschichte und Sehenswürdigkeiten von Schalkenmehren werden vom örtlichen Eifelverein durch fachkundige Führungen anschaulich dargestellt. Dazu gehören die geführten Bildstockwanderungen innerhalb Schalkenmehrens vom untersten Steinkreuz aus Richtung Udler bis ins Dorf Schalkenmehren hinein.

Erfassung und Nachweis historischer Grenzsteine

Betrachtet man Grenzmarken aus der jüngsten Vergangenheit wie Bolzen, Kunststoffmarken, Meißelzeichen, Nagel, Rohr oder neutralen Granitstein, dann wird klar, warum die Denkmalpflege die Erfassung historischer Grenzsteine - behauene Steine mit Markierung - als von öffentlichem Interesse erachtet und sie als geschichtlich, künstlerisch oder wissenschaftlich bedeutsame Kleindenkmäler schützt.

Historischer Grenzstein am Doktesch-Eck im alten Dorfkern

Dies erscheint umso dringlicher, als durch Flurbereinigungen, Landschaftsveränderungen, Bauprojekte und Aneignung „herrenloser" Grenzsteine bereits eine nicht zu bestimmende Anzahl vielgestaltiger Kleindenkmäler bzw. Kulturlandschaftselemente unwiderruflich verloren gegangen ist.

Ein besonders schöner historischer Grenzstein steht im Altdorf von Schalkenmehren, geradezu ein Blickfang mit deutlich sichtbaren Initialen und Symbol, allerdings nicht mehr am ursprünglichen Standort. Die Aufgabe, die aus der Erforschung von Grenzsteinen erwächst, reicht von der Inventarisierung bis zur Recherche der geschichtlichen Zusammenhänge rund um historische Grenzsteine. Man inspiziert die Gemarkungen, konsultiert Archive, studiert alte Schriften und fotografiert die Entdeckungen. Dazu gehören ebenfalls das Ausmessen der Grenzsteine und die Bestimmung der Koordinaten mittels des UTM-Koordinaten-Systems. Des Weiteren sind Flur und Flurstücke zu ermitteln, Grenzverläufe mit den zuständigen Ämtern abzugleichen und geborgene historische Grenzsteine wieder einzusetzen. Dass historische Grenzsteine Kulturdenkmäler im Sinne des Denkmalschutzes sind, wissen die wenigsten Spaziergänger, die auf einen alten Grenzstein in der Flur stoßen.

Ausblick

Schon vor der Aussteinung der Grenzen wurden Grenzverläufe in Ortsgemeinden durch Grenzsteinhaufen, durch Gebück oder Bachläufe festgelegt. Bei Begehungen der Grenzwege reifte die Idee, Grenzsteinwanderungen als historisch orientierte Themenwanderungen anzubieten und dabei den Erfahrungsaustausch im Gelände fortzuführen. Sogar Freunde des Geo-Coaching signalisierten Interesse an den Fundorten von historischen Grenzsteinen.

Es ist belegt, dass Grenzsteine auf Wiesen auch unter der Erdoberfläche eingesetzt wurden. Bei Neuaufteilungen von Wäldern wurden neue Aussteinungen erforderlich, bei denen Grenzsteine auch umgesiedelt bzw. einer Zweitverwendung zugeführt wurden. Waldgrenzsteine kommen behauen oder in Bruchstein belassen vor. Wenn es sich um alte Grenzsteine aus Sandstein handelt, sind Symbole und Inschriften oft kaum noch zu erkennen, da deren Schichtgrenzen besonders witterungsanfällig sind und dazu neigen abzuplatzen Die schützenswerten Kleindenkmäler stehen nicht nur am Wegesrand, sondern auch in unwegsamem Gelände, so dass ein Schuss Abenteuerlust mit dem Entdecken von Grenzsteinen einhergeht.

Ein weiteres Regulativ besteht darin, dass geführte Grenzsteinwanderungen zum Erhalt und zur Kontrolle dieser kulturhistorischen Landschaftselemente beitragen. Entdeckte und erfasste historische Grenzsteine als wichtige Zeitzeugen der Geschichte zu präsentieren, erfolgt mit dem Ziel, das Bewusstsein der Öffentlichkeit für den kulturellen Wert der oft unscheinbaren Grenzsteine zu schärfen und Mitverantwortung zu wecken. Grenzsteinwanderungen tragen dazu bei, heimatkundliche Zusammenhänge und kulturelle Besonderheiten vor Ort zu veranschaulichen. Dazu verhelfen die steinernen Zeitzeugen der Kulturlandschaft mit ihrer Vielfalt an Formen und Markierungen.

Kontakt: h.g.flothmann@t-online.de