Überlegungen vor dem Bau der Bahnlinie Mayen - Daun - Gerolstein

Werner Schönhofen, Leutesdorf

Im Jahre 1895 wurde die Eisenbahnlinie Mayen-Daun-Gerolstein eröffnet. Bevor es dazu kam, gab es jedoch jahrelange Differenzen wegen der Linienführung. Grundsätzlich sollte diese Bahn die linke Rheinstrecke mit der Ei-felbahn Trier-Köln verbinden; sie hatte eine gewisse militärstrategische Bedeutung. Daun sollte als Kreisstadt auch eine Bahnstation an dieser Bahnlinie erhalten. Als die Pläne zum Ausbau wieder einmal ins Stocken gerieten, kam die Bahnlinie von Wittlich nach Daun und weiter nach Gerolstein an die Eifelbahn wieder stärker ins Gespräch. Die Orte an dieser Linie richteten daher am 15. Februar 1884 an den Regierungspräsidenten Nasse in Trier eine Petition wegen des Baues dieser Strecke. Sie sollte von Wittlich durch das Tal der Lieser bzw. Kleinen Kyll nach Manderscheid und weiter nach Daun führen; die später gebaute Bahn Wittlich - Daun führte allerdings über die Höhen und ließ Manderscheid abseits liegen.

In der Petition wurden vier Bahnhöfe mit einem entsprechend großen Einzugsbereich vorgeschlagen. Interessant sind dabei die Einwohnerzahlen der Dörfer in den Kreisen Wittlich und Daun in Nähe der Stationen. Sie seien hier mitgeteilt.

A. Zum Bahnhof bei Schladt im Liesertal hätten die folgenden Orte Zugang (in Klammern die Einwohnerzahlen): Musweiler (86), Großlittgen (776), Carl (312), Schladt (121), Gipperath (145), Niederöfflingen (267), Oberöfflingen (209), zus. 1916 Einwohner.

Einzugsbereich des Bahnhofes Manderscheid:

Manderscheid (844), Bettenfeld (683), Meerfeld (376), Deudesfeld (421), Pantenburg (143), Laufeld (308), Dierfeld (23), Walscheid (194), Eckfeld (327), Niedermanderscheid (58), Mückeln (187), Strohn (534), Gillenfeld (763), zus. 4861 Einwohner.

Einzugsbereich eines Bahnhofes bei Weiersbach oder Niederstadtfeld:

Bleckhausen (300), Schutz (167), Weidenbach (486), Salm (439), Wallenborn (349), Udersdorf (507), Oberstadtfeld (376), Niederstadtfeld (328), Weiersbach (128), Brockscheid (114), Udler (221), Tettscheid (148), Trittscheid (122), Saxler (112), zus. 3797 Einwohner. Einzugsbereich des Bahnhofes Daun: Schalkenmehren (418), Mehren (800), Gemünden (90), Pützborn (177), Neroth (615), Neunkirchen (343), Steinborn (276), Daun (759), Boverath (117), Darscheid (248), Hörscheid (122), Rengen (231), Waldkönigen (298), Stei-ningen-Allscheid (199), Steineberg (175), zus. 4688 Einwohner.

Es sind insgesamt 49 Orte mit 15.442 Einwohnern genannt. Interessant sind die Einwohnerzahlen im Vergleich zum Heute, aber auch damals ergeben sich interessante Vergleiche. Auffällig ist z.B. die Einwohnerzahl von Daun. Der Gemeindename Steinigen-Allscheid weist in seinem zweiten Teil auf das aufgelassene Dorf Allscheid hin, dessen Einwohner fast vollständig in den 1850er Jahren nach Nordamerika auswanderten, während die Gemeinde Steiningen die Gemarkung übernahm. Schließlich wird in der Petition noch hervorgehoben, dass sich durch den Bau der Bahnlinie Wittlich-Daun-Gerolstein eine Transversale quer durch die Eifel von der belgischen Grenze über Prüm, Gerolstein, Daun, Wittlich, Bernkastel bis zur Mosel ergebe mit einer möglichen Fortführung über den Huns-rück zum Rhein. Der Petition sind mehrere Hefte Unterschriften beigegeben. Der Petition vom 20. Februar 1884 war bereits eine solche der Bürgermeistereien Daun, Sarmersbach, Udersdorf und Gillenfeld vom 12. Januar vorausgegangen. Darin wurde die Linie über Bengel, Alftal, Gillenfeld, Mehren, Daun nach Gerolstein propagiert. In beiden Petitionen werden jedoch die abseitige Lage dieses Teiles der Eifel und Absatzschwierigkeiten landwirtschaftlicher Güter - begründet in den Verkehrsverhältnissen - geschildert. Um die Bedeutung der Bahnstrecke WittlichDaun-Gerolstein zu unterstreichen, ließ der Landrat in Wittlich eine Art Wirtschaftlichkeitsberechnung für das Teilstück Großlittgen bis Manderscheid anstellen, die er am 6. August 1886 an die Königliche Regierung in Trier schickte. Danach sollen aus den Orten im Einzugsbereich dieses Streckenabschnittes jährlich ausgeführt werden: Großvieh 2000 Stück, Kälber 810, Mastschweine 1800, Ferkel 2000, Schafe 5000; Weizen 2000 Zentner, Roggen 4500, Gerste 1800, Hafer 25000, Erbsen 600, Kleesamen 300, Stroh 5000, Kartoffeln 40000, Holz und Lohe 300.000. - Diese Angaben sind deshalb interessant, weil sie etwas aussagen über die Art der landwirtschaftlichen Produkte, wobei Erbsen, Kleesamen und Lohe schon lange keine typischen Erzeugnisse mehr für die Region darstellen.

Eingeführt wurden u.a. 150.000 Zentner Kalk und Düngemittel, 10.000 Zentner Dachziegel, Dachschiefer und Baumaterial, dann noch Steinkohlen und Waren aller Art. Allen Eingaben zum Trotz mussten die Pe-tenten noch Jahre auf den Bau einer Bahnlinie von Wittlich nach Daun warten; sie ist schon lange wieder stillgelegt und als Fahrradweg ausgebaut.

Quelle:
LHA KO 442,10037.