Von Anfang an dabei

Eine Junglehrerin erzählt

Annemarie Trapp, Gillenfeld

Im Juni 1964 begann ich meinen Dienst als Lehrerin an der fünfklassigen katholischen Volksschule in Gillenfeld. Als Klassenlehrerin durfte ich insgesamt 45 Jungen und Mädchen des dritten und vierten Schuljahres in allen Fächern unterrichten. Außerdem sollte ich noch die Jungen des siebten und achten Schuljahres für Musik begeistern und die Mädchen der oberen Klassen in meine theoretisch vorhandenen, aber praktisch nie anerkannten Kochkünste einweisen.

Damals waren pro Woche noch 30 Unterrichtsstunden ä 50 Minuten zu halten. Damit war mein Arbeitseinsatz aber noch nicht erfüllt. Ich durfte auch Aufsicht während der damals sehr zahlreichen Gottesdienste führen. Man glaubt es kaum: Zu dieser Zeit gingen noch alle Kinder in die Kirche. Bei meiner ersten „Aufsicht" in der Kirche war ich mir nicht sicher, ob ich in der richtigen Bank war. Ich kniete nämlich vor einem Schild, auf dem stand: „Für Jungfrauen über 20". Auf Nachfrage erhielt ich dann die Auskunft: In Gillenfeld sind alle unverheirateten weiblichen Wesen über 20 Jahre Jungfrauen". Darauf tat ich etwas Verbotenes. Ich wagte mich, der Neugier wegen, auf die verbotene „Männerseite". Da war das Schild befestigt: „Jungmänner über 20". (Wer das heute als eine erfundene Glosse ansieht, möge in die Kirche gehen. Er findet dort diese Bänke noch. Wo die Schilder waren, ist ein heller Fleck zu sehen).

Wenn ich an meine Anfangszeit zurückdenke, kommen mir auch gleichzeitig Erinnerungen an Aufbruch. Ich kam von der Pädagogischen Hochschule, mit Wissen vollgestopft über wenig gegliederte Volksschulen auf dem Lande. In Gillenfeld machte ich dann gleich Bekanntschaft mit der Reform der Volksschuloberstufe. Ich kam an eine Mittelpunktschule mit Englischunterricht, Neigungsgruppen, Differenzierung und andere Neuerungen. Dafür wurde viel Raum benötigt. Die verschiedenen Neigungsgruppen verteilten sich außer auf die fünf Klassenräume auf eine Garage, das alte Feuerwehrgerätehaus und den Schulspeicher. Geturnt wurde im Saale Hommes. Eine Klasse war in der Kochküche untergebracht und saß an den Küchenmöbeln. Ein erstes Schuljahr, für das kein eigener Raum vorhanden war, durfte nachmittags in der Essecke der Kochküche von mir unterrichtet werden. Als dann mit dem Bau der Hauptschule begonnen wurde, kam ein neuer Gruppenraum in Form der Baubude hinzu. Hier wurde mitten in Bauplänen und manchmal auch zwischen Bauleiter und Handwerkern unterrichtet.

So froh wir alle waren, als dann endlich der Neubau fertig war - die Zeit des Aufbruchs, der Improvisation und auch der räumlichen Enge hatte von allen Rücksichtnahme gefordert.

Gerne denke ich an diese Zeit zurück.