„Altes bewahren, Neues gestalten"

Ein alter Webstuhl erwacht zu neuem Leben

Gilla Flothmann, Schalkenmehren

Zur Historie von Schalkenmehren zählt die Handweberei für den Hausgebrauch. Hergestellt wurde vorrangig das sog. Bauernleinen, das man heute mit Glück noch auf Flohmärkten finden kann. In den 1920er Jahren erhielt die Handweberei neue Impulse durch die junge Lehrerin Anna Droste-Lehnert, der die Not der in ihrer Existenz bedrohten örtlichen Kleinbauernfamilien keine Ruhe ließ. Deshalb initiierte sie 1926 nach dem Motto „Altes bewahren, Neues gestalten" die Gründung der Heimweberei-Genossenschaft, die nach kriegsbedingter Unterbrechung bis 1983 u.a. das bekannte „Maartuch" in ganz Deutschland vertrieb. Zur Erinnerung daran und an ihre Verdienste errichtete die Ortsgemeinde 1993 das „Heimweberei-Museum". Seit einiger Zeit steht in unserem Wohnzimmer in einem früheren Weberhaus in der Sankt-Martin-Straße wieder ein einsatzbereiter Leinenwebstuhl. Er hat gewaltige Ausmaße (BTH 170 x 155 x 190) und nimmt viel Platz ein. In früheren Zeiten hätte er die Webkammer auf Grund der beengten Wohnverhältnisse in Eifeler Bauernhäusern fast vollständig ausgefüllt. Dort stand er meist so am niedrigen Fenster, dass das Tageslicht von der Seite her einfallen konnte. Bei Dunkelheit sorgte eine Petroleumlampe für Beleuchtung. Kettbaum, Kamm und Warenbaum verfügten oft nicht über die erforderliche Breite, um z.B. ein Betttuch in einem Teil herstellen zu können. Deshalb stößt man bei alten Leinenbetttüchern häufig auf eine Mittelnaht. Meines Wissens ist mein alter Leinenwebstuhl der einzige in einem Privathaushalt im Dorf, an dem tatsächlich noch gewebt wird. Er wurde mir dankenswerter Weise von einer Freundin überlassen. Ohne einen einzigen Nagel ist er aus schweren, dunklen Eichenbalken zusammengefügt und trägt die Inschrift „Heinrich Behlmer - S(ein) - F(rau) - Heidewirg Steinke". Wahrscheinlich stammt er aus Norddeutschland, Baujahr ca. 1750. Eine 35 m lange Baumwollkette, bestehend aus 348 Fäden auf 86 cm Breite, ist frisch aufgezogen. Sobald die Kette fehlerlos durch Litzen und Kamm läuft und ordentlich stramm am Warenbaum befestigt ist, kann es mit dem Weben losgehen. Aber bis dahin ist es ein langer Weg, der zuweilen viel Zeit und Nerven kostet, denn die Vorarbeiten machen, wie so oft, die größte Mühe. Ich arbeite ohne Schnellschuss - eine Vorrichtung, die das Schiffchen sehr schnell durch das Fach sausen lässt - und bin trotzdem zufrieden mit meiner Leistung. An einem Abend gelingen mir ohne Anstrengung ca. 40 cm Tuch. Mein Webmaterial besteht zurzeit aus Wolle unterschiedlichster Färbung und Qualität, teils aus eigenem Restebestand, teils aus Schenkungen. Auch selbst gekardete und gesponnene Schafwolle unterschiedlicher Stärke ist darunter. Mal halte ich mich für ein bestimmtes Projekt an eine Farbfamilie, mal geht es kunterbunt zu. Das fertige Tuch hat je nachdem, ob ich fest oder locker anschlage, viel Stand, aber es kann auch weich und locker ausfallen. Die Qualität entspricht in etwa dem Beiderwandtuch (Tirtig), das dafür bekannt ist, äußerst strapazierfähig zu sein. Es eignet sich gut für Mäntel, Jacken, Stolas, Westen, Ponchos, Chasubles, Decken und für aparte Quilts. Einige Modelle habe ich im Laufe der Zeit für mich, Verwandte und Freunde hergestellt. Im Rahmen der Historischen Dorfführungen des Eifelvereins werden gelegentlich bei Interesse kleine Gruppen ins Haus geführt, denen Webtechnik und Materialien anschaulich erklärt werden.

Eine neue Webarbeit! Der Anfang ist gemacht.