Spuren der Kelten und Römer in und um Mürlenbach

Ernst Becker, Mürlenbach

Auf den Fluren in und um Mürlenbach finden sich bemerkenswert viele Zeugnisse aus keltischer und insbesondere römischer Zeit. Darunter sind vielerlei archäologische Funde, Bauten und Trümmerstätten von kulturgeschichtlicher Bedeutung. Einige seien hier kurz vorgestellt:

Weihetafel aus dem 3. Jahrhundert

Die sensationelle Entdeckung eines ehemaligen Tempels des Gottes Caprio(ni) im Jahre 1840 (oder 1841) sorgte seinerzeit in der Fachwelt für Schlagzeilen. Neben ein paar römischen Münzen war der wichtigste Fund aus dem Tempel eine Weihetafel mit Inschrift, welche den Stifter benennt, der hier um 200 bis 250 n. Chr. eine Weihestätte an den Gott Caprio erbaute: L(UCIUS) TEDDIATIUS PRIMUS. Das durchgestrichene „D" in TEDDIATIUS deutet auf einen Stifter keltischer Abstammung hin, da dieses in der keltischen Sprache, jedoch nicht im Lateinischen vorkommt. Der dreiteilige Name weist den Stifter dagegen als römischen Bürger aus. Die etwa 72 cm breite, 52 cm hohe und 10 cm dicke Weihetafel aus Kalkstein wurde in das Landesmuseum in Trier verbracht. Wer war dieser Gott Caprio, dem hier vor 1800 Jahren ein Heiligtum errichtet wurde? Jedenfalls war er keiner der im gesamten Römerreich verehr- ten Götter oder Halbgötter, die den umfangreichen römischen Götterhimmel bevölkerten. Es handelt sich um eine einzigartige lokale Gottheit, die bisher alleine in Mürlenbach - und nirgendwo sonst - nachgewiesen ist. Zahlreiche Gottheiten wurden seinerzeit nur regional oder, wie wohl im vorliegenden Fall, nur örtlich verehrt. Fremde Götter (in eroberten Gebieten) wurden den eigenen gleichgesetzt und in den römischen Pantheon aufgenommen. So ist es durchaus möglich, dass hier eine keltische Gottheit in römischer Zeit als „Caprio" weiter verehrt und um ihren Schutz gebeten wurde. An der Straße nach Densborn wurde 1832 bei Bauarbeiten eine römische Ziegelei freigelegt. Große Mengen an Dach- und Firstziegeln lagerten an der Fundstelle. In unmittelbarer Nähe zur Ziegelei lag das Wohnhaus, das bereits teilweise eine Warmluft-Fußbodenheizung (Hy-pokaustum) hatte. 1957 wurden beim Ausbau der Straße die römischen Mauerreste wiederum freigelegt. Das Rheinische Landesmuseum Trier wurde verständigt, das den Grundriss und viele Details der Anlage festhielt. Von mehreren Münzfunden ist der Hortfund römischer Münzen im Distrikt „Honigseifen/ Klinert" ungewöhnlich umfangreich: Der 1886 gefundene Schatz enthielt 664 Münzen (226 Denare, 436 Antoniniane und 2 Großerze). Die Schlussmünze ist eine Silbermünze des römischen Kaisers Gallienus. Die Münzen wurden um das Jahr 257 vergraben, in einer unruhigen, kriegerischen Zeit. Gallienus musste sich an der Rheingrenze der vordringenden Germanen erwehren. Er konnte dennoch nicht verhindern, dass die Franken in großer Zahl in das römische Reich eindrangen. In dieser unsicheren Zeit hat wohl der Besitzer seinen Schatz „in Sicherheit gebracht" und hatte später keine Gelegenheit mehr, diesen an sich zu nehmen. Nach unbewiesenen Quellen wurde die Mürlenbacher Bertradaburg auf den Resten eines römischen Kastells gegründet, das hier zum Schutze der unweit vorbeiführenden Römerstraße und der abzweigenden Nebenstraßen stand. Zeitlich nicht bestimmte alte Fundamente sind noch sichtbar. Ein frührömisches Steinplattengrab wurde im Jahre 1927 in Mürlenbach, Ortsteil Hanert, beim Pflügen freigelegt. Der Fund wurde dem Landesmuseum gemeldet und von dessen Mitarbeitern untersucht. Das Grab bestand aus 6 Steinplatten und barg u. a. einen bauchigen Topf, einen Becher mit Griesbewurf und ein stark korrodiertes Messer. Es wurde in das 1. - 2. Jahrhundert n. Chr. datiert. Ein weiteres römisches Brandgrab - aus dem 4. Jahrhundert n. Chr. - wurde 1932 am Schmittsberg entdeckt. Es enthielt an Beigaben: 1 versilberten Bronze-Löffel, 2 Becher sowie 1 Fläschchen aus hellgrünem Glas. Die in den beiden Gräbern befindlichen Fundstücke wurden in das Landesmuseum in Trier verbracht. Unweit der Römerstraße befindet sich die Herthaquelle, wo sich nach der Überlieferung ein römisches Quellheiligtum befand. Vermutlich haben hier aber schon früher die Germanen ihrer Erdgöttin „Hertha" gehuldigt. Sie wurde an Brunnen und Quellen verehrt und ist wahrscheinlich die Namensgeberin der Quelle. Eine Kette von Signalstationen entlang der Römerstraße ermöglichte eine schnelle Nachrichtenübermittlung. Die Römer verwendeten bei Tag Rauchzeichen und bei Nacht Flammenzeichen zur Verständigung. In der Nähe von Weißenseifen wird eine Signalstation vermutet. Eine wahrscheinlich keltische Fundstelle (aus der Latene-Zeit = 5. bis 1. Jahrhundert v. Chr.) wurde 1949 bei Wegebauarbeiten im Flur Grindelscheid freigelegt. In einer 8 bis 10 cm dicken und etwa 3 qm großen aschehaltigen Schicht wurden vorgeschichtliche Scherben, die von wahrscheinlich 3 Gefäßen stammten, sowie ein paar kalzinierte (ausgebrannte) Knochen gefunden. Die vorgenannten und viele weitere Denkmäler in und um Mürlenbach sind im Buch Ernst Becker, „Denkmäler in und um Mürlenbach", Selbstverlag Mürlenbach 2012, beschrieben.

Blick aus südlicher Richtung auf die Bertradaburg