Reichsgraf Wilhelm Johann Anton von und zu Daun

Regimentskommandeur von „Alt-Daun"

Alois Mayer, Daun-Pützborn

Graf Wilhelm Johann Anton war der älteste Sohn von Philipp Ernst von Daun (1637-1671), dem letzten Grafen, der auf der Dauner Burg residierte, und der, hoch geehrt, durch den österreichischen Kaiser in den Reichsadelsstand erhoben wurde. Wann Wilhelm geboren wurde, ist urkundlich nicht mehr feststellbar, höchstwahrscheinlich aber zwischen 1635 und 1640. Als junger Bursche verließ er Daun für immer und trat 1657 in den Dienst Österreichs, in den er auch später seinen Bruder Karl Friedrich vermittelte. Am 26. Januar 1657 wurde er in den niederösterreichischen Landstand berufen, in dem sich bereits die Familie Daun, vertreten durch seinen Vater und seinen Onkel Johann Jakob, befand. Damit war ein großer Schritt in seiner adligen Entwicklung hin zum späteren „Herrenstand des österreichischen Adels" vollzogen. Wenn auch in kommenden Jahrhunderten die Nachkommen der Familie Daun sich als „alter österreichischer Adel" bezeichnen, so ist doch festzustellen, dass die Wurzeln im deutschen, im Eifeler Adel gründen, derer keiner sich zu schämen brauchte. Am 17. November 1659 kaufte er von den Kindern des verstorbenen Freiherr Sigmund von Steger die Herrschaft Ladendorf. Neben seinem Einkommen in Österreich bezog Graf Wilhelm auch noch Einkünfte von seinen Dauner Gütern. Sein Vater schenkte ihm 1663 das Gut Kalenborn, sowie zwei Drittel des großen Weinzehnten zu Enkirch an der Mosel und den Getreidezehnten zu Gillenbeuren (Landkreis Cochem-Zell). Bereits kurze Zeit nach seiner Ankunft in Österreich heiratete Wilhelm Anton die Freifrau Maria Salome Freyin von Regal, Tochter des Freiherren Georg Siegfrieds. Doch dieser Ehe war nur eine kurze Zeit beschieden, da Maria Salome bald nach der Eheschließung kinderlos verstarb. Daraufhin nahm Wilhelm Anton 1662 als zweite Frau die Sternkreuz-Ordensdame Gräfin Anna Maria Magdalena von Althann, Tochter der Eheleute Graf Eustach Rudolf und Anna Maria von Teuffenbach. Dadurch gelangte Wilhelm Anton zu beachtlichem Besitzstand, den er 1675 durch den Kauf der von Graf Wildhag verpfändeten Herrschaft Kirchstätten wesentlich vergrößerte. Aufgrund dieser günstigen finanziellen und standespolitischen Ausgangsstellung stieg Wilhelm Anton rasch zum kaiserlichen Kammerherr auf, eine Rangstellung, die für den höheren Adel leicht zu erreichen war. Da er sich in seinen Aufgabenbereichen bewährte und das Wohlwollen des kaiserlichen Hofes genoss, stand seinem weiteren Aufstieg auf der Adelsleiter nichts mehr im Wege. Erst recht nicht, da er als ältester Sohn Anrecht auf das Erbe seiner Vorfahren und die zwischenzeitlich in Österreich erworbenen Grundstücke, Güter und Vermögen hatte. So wurde sein Titel, auf die damals wie heute stets großer Wert gelegt wurde, immer länger. Wilhelm Anton nannte sich: „Hochgeborener Herr von und zu Daun, Herr auf Kalenborn und Sassenheim in Österreich, Herr der Herrschaften Ladendorf, Eckersdorf und Kirchstätten in Niederösterreich, der Römischen Kaiserlicher Majestät Kämmerer usw. usw." Es dauerte nicht lange, und er wurde zum „Wirklichen Geheimen und Hofkriegsrat", zum Feldmarschall-Leutnant und Oberstleutnant der Wiener Stadtgarde ernannt.

Handgranaten aus Glas

Aufgrund seines vertrauenswürdigen, aufgeschlossenen und ehrlichen Charakters machte ihn die verwitwete Kaiserin Eleonore zu ihrem Kammerherren. Nun hatte Wilhelm Anton Zugang zu dem höchsten und engsten Personenkreis des Wiener Hofes. Sicherlich hat diese Vertrauensstellung, aber auch sein diplomatisches und militärisches Geschick, dazu beigetragen, dass er recht bald zum kaiserlichen Generalfeldmarschall und Kommandanten der königlichen Hauptstadt Prag wie auch zum kommandierenden General im Königreich Böhmen befördert wurde. Als Oberst durfte er ein Infanterieregiment leiten, das ihm unterstellt wurde. Er gab seinem Regiment den Namen „Alt-Daun". 1683 belagerten die Türken unter Kara Mustafa mit 100.000 Mann die Stadt Wien. Das Regiment Kaiserstein und die kümmerliche Stadtgarde hätte die Stadt nicht lange halten können. Erst im allerletzten Moment gelang es, Truppen des Herzogs Karl von Lothringen, dem späteren Ehemann der Kaiserin Maria Theresia, in die Hauptstadt zu bringen. Graf Wilhelm, General II. Ranges, zeichnete sich in seinem Einsatz bei der Verteidigung mit seinem Regiment „Alt-Daun", das noch in Aufstellung begriffen war, aus. Dabei setzte er als „neue Waffe" Handgranaten aus Glas ein, die unter den Türken große Opfer forderten und Furcht erzeugten, aber auch den österreichischen Soldaten blutige Verluste beibrachten, da diese Glashandgranaten häufig zu früh explodierten. Als Belohnung verlieh Kaiser Leopold ihm und seinem Bruder Karl Friedrich1, der ebenfalls in jungen Jahren von Daun nach Wien verzogen war, am 3.11.1684 das Inkolat (= die Bürgerschaft) des Königreichs Böhmen, Mähren und Schlesien.

Kinderreicher Wilhelm

In den Wirren der Türkenkriege geschah ein Missgeschick. Die Urkunde und der Nachweis, dass Wilhelms Vater mitsamt seinen Nachfolgern durch Kaiser Ferdinand am 13.12.1655 in den Reichsgrafenstand erhoben worden war, gingen verloren. Graf Wilhelm erbat sich daraufhin von Kaiser Leopold I. ein neues Diplom, das dieser ihm auch am 28.12.1685 nach Prüfung des rechtmäßigen Anspruches erneuerte. Wenige Monate später, am 6.3.1686, nahmen ihn die niederösterreichischen Landstände in den alten Herrenstand auf und zwei Jahre später, am 30.3.1688, wurden ihm und allen seinen Nachkommen das Indige-nat (vergleichbar mit Staatsangehörigkeit) im Königreich Ungarn erteilt. Wilhelm Johann starb am 7. Januar 1706 in Österreich, wo er auch begraben wurde. Starnberg (II, Abt. 10) schreibt, Wilhelm Anton habe drei Söhne gehabt, mit welchen sich das Dauner-Haus in drei Linien teilte. In Wirklichkeit hatte er aber mindestens zwölf Kinder: 1. Wirich Philipp Lorenz (neben seinem Sohn Leopold der berühmteste des Dauner Adelsgeschlechtes).
2. Wilhelm Eustach Anton (fiel als junger Mann gegen die Türken in Ungarn).
3. Heinrich Richard Lorenz (zuerst Geistlicher; dann Domherr in Köln und Breslau; fühlte sich später als Priester ungeeignet, resignierte und heiratete 1697 Gräfin Sporck).
3a Lorenz (nicht ganz gesichert; siehe Dün 1025).
4. Wenzel Albert
5. Franz Ernst
6. Anna Elisabeth (heiratete 1711 Michael Ehrenreich Christian Graf von Althann zu Grußbach; starb 1747)
7. Maria Barbara Katharina (starb ledig)
8. Heinrich Josef Martin Diederich (* 1.9.1678; vermählte sich 1714 mit der Gräfin Wlassin, welche 1734 starb; 1724 erwarb er die Herrschaft Dalleschitz; 1735 das Gut Slawetitz; wurde kaiserlicher Feldmarschall und Inhaber eines Regimentes, das den Namen „Heinrich Daun" führte; war Stadtkommandant von Wien und leitete 1744 die Untersuchung der Übergabe von Freiburg an die Franzosen; T 31.1.1761).
9. Michael (trat dem Malteserorden bei)
10. Maria Anna (starb unverheiratet)
11. Dorothea Constantia (heiratete Hannibal Alfons, Fürst von Portia)
12. Maria Beatrix Franziska (hatte drei Ehemänner)

Erinnerung an die Belagerung Wiens 1683, bei der Graf Wilhelm von Daun sich als sehr tapfer erwies.

Wilhelm Anton und seine Geburtsstadt Daun

Obwohl er als junger Mann Daun verließ und nie mehr dorthin zurückkehrte, standen ihm dennoch Rechte und Pflichten, Einnahmen und Ausgaben im Amt Daun zu, die nach dem Tode seines Vaters (T 8.1.1671) erblich und verantwortlich auf ihn übergingen. 1665 stiftete er für die neu erbaute Kampbüchelskapelle, in der samstags für die Dauner Grafen eine Messe gelesen wurde, Fenster, auf denen er sich mit seinem Wappen (rotes Dauner Gitter auf Goldgrund) und dem seiner Frau (ein A auf gelbem Grund) verewigen ließ. Die Unterschrift lautete: „Wilhelm Johann Anton, Graf und Herr zu Daun und seine Gemahlin Anna Magdalena Gräfin von Althan, Collator huius ecclesiae 1665". Als die Kampbüchelskapelle 1824 abgebrochen wurde, gelangten diese kleinen undeutlich und verblassten Fenster in die Nikolauskirche, wo sie in die neuen Mittelfenster 1890 eingebaut wurden. Alle Fenster wurden bei dem verheerenden Luftangriff am 2. Januar 1945 mitsamt der Kirche zerstört. Am 27.11.1676 übertrug ihm Graf Hermann Franz zu Manderscheid-Kail das Patronats-recht (= Kollatur) der Pfarrei Daun. Dies bedeutete u.a., dass er Priester für die Pfarrkirche Daun einsetzen (und absetzen) konnte und für deren Einkünfte und Unterstützung als auch für die Unterhaltung und bauliche Instandsetzung der kirchlichen Einrichtungen zu sorgen hatte. „.. rechtmässigen Erblichen Collatorem der Pfarr Daun, .. daß diese Pfarr vacant seyn würde, von Keinem anderen als Hochgnädigen Herrn Grafen zu Daun begehret und conferiret werden solte ... " (Dün 1023). Am 8.und 9.10.1677 wurden er und seine Söhne (Wirich Philipp Lorenz, Wilhelm Eustach, Lorenz und Heinrich Richard Lorenz), sein Bruder Carl Friedrich sowie dessen Söhne (Wenzel Albrecht und Franz Ernst), als auch Vetter Johann Jakob von Daun zu Sassenheim vom Erzbischof Johann Hugo von Trier mit den Trierer Lehngütern belehnt. Es war die gleiche Belehnung, wie bereits 1638, 1646 und 1655 an seine Eltern und Vorfahren (LHAKo; Dün 1025). Wilhelm Anton war demnach im Besitz der Dauner Burg. Amtmänner sorgten für die Verwaltung und die Einkünfte daraus, die sie nach Wien abzuführen hatten. Am 14.3.1683 erklärte Wirich Johann Anton von und zu Daun, dass er von Erzbischof und Kurfürst Johann Hugo von Trier mit den ihm überlasse-nen Hause der Grafen von Manderscheid-Kail auf der Burg zu Daun belehnt worden war (LHAKo; Dün 1032). Allerdings waren diese Einkünfte aus Daun nicht sehr groß und die Gebäude der Burg in schlechtem Zustand. Zum einen hatte der Dreißigjährige Krieg zu starken Verwüstungen sowohl im Amt Daun, in der Stadt und an der Burg geführt, die die Grafenfamilie verarmen und infolgedessen nach Österreich übersiedeln ließ, zum anderen herrschten in der Eifel noch immer starke kriegerische Unruhen. Umherziehende Truppen und französische Soldaten plünderten, raubten und zerstörten Hab und Gut. 1673 verwüsteten Truppen des französischen Generals Fourille viele Ortschaften in der Eifel. Besonders das Jahr 1689 wurde der Dauner Burg zum Verhängnis, als die Franzosen Schlösser und Städte der Eifel brandschatzten: „Anno 1689 den 28 monaths Augusti haben die Frantzosen auf Befehl des General Bouffiers die umb die stadt Hillesheym gelegenen Thürme gesprengt, Hillesheym verbrannt, wie denn auch andere in diesem Land gelegene Kellereien und Schlösser, alsda ist Kerpen, Schönecken, Schönberg, Daun, Cochem, Ulmen, Mayen, Wittlich, Monreal, Manderscheidt und andere mehrere, woruff die Frantzosen hinwegzogen. Fünf Tage darnach 300 Mann von ihnen zurükkomen, das Kloster bestürmt, die Wallen und Mauern des Klosters zu demoliren befohlen, oder das Kloster in Brand zu stecken, woruff dann die Holländer aus dem Lager von Bonn kommen ad 16.000 Mann Reuterei, die Frantzosen vertrieben, 3 Tage hier stehen blieben, die Sommerfrüchte, welche noch auf dem Feld waren fouragiert" (Tagebuch des Augustinerklosters in Hillesheim S. 160; Dün 1036). „Das Jahr 1689 war für die Stadt Daun verhängnisvoll, indem der Ort und die Kirche von den Franzosen ausgeplündert wurden; sie machten das Heiligtum zum Stall für ihre Pferde, weil die Brandstifter die ganze Stadt in einen Aschenhaufen verwandelt hatten" (Hörsch 70f). Wilhelm verkauft seine Dauner Güter Es blieb letztlich den in Österreich lebenden Nachkommen Wilhelm Antons (Gebrüder Wirich Philipp Lorenz, Heinrich Richard und Heinrich Josef) nichts anderes übrig, als 1714 dem Trierer Kurfürsten Karl alle ihre im Erzstift Trier gelegenen Güter zu verkaufen, wobei sie sich lediglich ihren Besitz und die Personalrechte auf der Burg zu Daun vorbehielten. Aber auch diesen und das „zerfallene Gehäuss" (= Burg) verkauften sie am 20.6.1722 an Kurfürst Franz Ludwig von Trier (LHAKo; Dün 1071).

Wirich Philipp Lorenz, bekanntester Sohn von Wilhelm Anton

Anmerkungen
1 Karl Friedrich (+ 14.2.1717), Zweitältester Sohn des Dauner Grafen Philipp Ernst, des heiligen römischen Reiches Graf und Herr von und Zu Daun, Kammerherr von Eleonore, Witwe des Kaisers Ferdinands III. Er war zuerst vermählt mit Maria Polyxena, Gräfin von Leiningen und Dachsburg. Diese Ehe blieb ohne Nachkommen. Mit seiner zweiten Gemahlin, Maria Barbara Gräfin von Breuner, die er 1670 heiratete, hatte er zwei Söhne: Wenzel Albrecht und Franz Ernst, die beide ohne Nachkommen starben.
Lit.:
Dün Johann, Dauner Urkundenbuch, Köln 1909
Hörsch Wilhelm, Beschreibung des Pfarrbezirks Daun, Daun 1877
Mayer Alois, Kampbüchelskapelle, in: Versunken - auch vergessen? Jb
Kreis Daun 1986 Mayer Alois, Aus Ruinen neu erstanden, in: Jb Kreis Daun 1989 Mayer Alois, Von Daun nach Wien, Dauner Grafen wandern aus Mayer Alois, Graf Philipp Ernst schämt sich seiner Herkunft Stramberg Christian, Rheinischer Antiquarius, 39 Bde., 1851-1871