Alois Mayer, Daun-Pützborn
Aloys Wilhelm Schreiber war ein Lehrer und Schriftsteller, der am 12. Oktober 1761 im badischen Bühl geboren wurde und mit 80 Jahren am 21. Oktober 1841 in Oos (bei Baden-Baden) verstarb. Dies alles wäre nicht der Erwähnung wert, wenn er nicht zudem ein leidenschaftlicher Heimatkundler und ein äußerst aktiver Schriftsteller gewesen wäre. Würde er heute noch leben, mit Sicherheit wäre er Mitglied im Prümer Geschichtsverein und lieferte regelmäßige Aufsätze für den „Landboten". Schreiber - nomen est omen - war äußerst aktiv im Schreiben. Er sammelte (Volks)Lieder, Geschichten und Sagen und veröffentlichte sie in den verschiedensten Zeitschriften. Seine besondere Liebe galt dem Reisen, was er dann anschaulich und talentiert in Reiseberichten wiedergab. Erstaunlich dabei immer wieder, wie gekonnt er sein breites Wissen in verständlicher Sprache weitergab. So unternahm er im Sommer 1791 ausgedehnte Reisen entlang des Rheins und dessen Umgebung. Seine Erlebnisse, seine Erfahrungen und das, was er sich damals als Hintergrundwissen aneignen konnte, schrieb er nieder. Seine Berichte wurden gerne gelesen und gelten sozusagen als eine Vorform der Reiseführer von Karl Baedeker oder anderer. Für uns heute sind Schreibers Niederschriften von hohem kulturhistorischem Wert, die der Nachwelt Geschichte und Traditionen überliefern, die sich nicht nur im Laufe von annähernd zwei Jahrhunderten veränderten, durch Kriegswirren bereits gänzlich verschwunden oder durch neueste Forschung überholt sind. So erschien in Heidelberg 1831 bereits in vierter Auflage sein „Handbuch für Reisende am Rhein von seinen Quellen bis Holland, in die schönsten anliegenden Gegenden und an die dortigen Heilquellen". Darin beschreibt er auch Teile unserer Eifelheimat. Auszüge daraus, die den Raum des Vulkaneifelkreises Daun betreffen, werden hier (mit einigen Anmerkungen und Zwischenüberschriften) zitiert: „In Lissingen findet man zwei Burgen, die beide früherhin dem alten Geschlechte der Zandt von Merle gehörten. Die einer derselben ist jetzt das Eigentum eines Herrn von Landenberg, der solche vor kurzem von dem letzten Sprössling des Geschlechts von der Ahr gekauft hat.1 Der Weg führt nun längs dem Flüsschen Kyll, von Ausonius Geldubia2 genannt, nach Gerolstein, einem kleinen Flecken mit 560 Einwohnern3, so benannt nach dem Erbauer der Burg, Gerhard von Blankenheim4. Eine Linie der Grafen von Manderscheid-Blankenheim wohnte auf dieser Burg, welche nach dem Absterben dieser Linie zur Wohnung des Kellners des hiesigen gräflichen Amtes diente. Die noch vorhandenen Trümmer lassen die Kühnheit des Baus bewundern. Besonders zeichnet sich darunter ein Bogen aus. Noch wunderbarer als dieses Menschenwerk erscheint aber hier die Natur und die Berge mit den unverkennbaren Spuren vulkanischen Ursprungs, erscheinen in den sonderbarsten Formen. Auf der Pfaffenkaule (Pfaffengrube) ist der Krater eines ausgebrannten Vulkans deutlich zu erkennen. Auch werden hier merkwürdige Versteinerungen gefunden. Die Mauer der Felsen, welche die Hagelskaule umgeben, besteht aus reinem und sehr ausgezeichnetem Dolomit5. [Wie wichtig überhaupt in mineralogischer Hinsicht die Eifel ist, wie sie (nächst der Auvergne und einigen anderen Gegenden Frankreichs) insbesondere geeignet ist, Aufschlüsse über die Natur der erloschenen Vulkane zu geben, bedarf kaum einer Bemerkung. Es stimmen die vulkanischen Ausbrüche an der Eifel (wie auch am Rhein) im Ganzen mit denen der noch tätigen Vulkane überein.] Im Übergangskalke bei Pelm kommt die Calymene variola-ria6 häufig vor. Dem Dorfe Pelm gegenüber liegen auf einem Schlackenkegel die wohl erhaltenen Trümmer der Kasselburg. Der Name lässt mutmaßen, dass die Burg ihren Ursprung einem römischen Kastell verdankt7. Bereits im 12. Jahrhundert gehörte dieselbe den Herren von Blankenheim und fiel mit dem übrigen Erbe dieser Dynasten im 15. Jahrhundert an Graf Dietrich von Manderscheid. Als aber 1488 die Söhne des Grafen Dietrich die Besitzungen teilten, bekam Graf Kuno, der Stifter der Linie zu Schleiden, unter anderem Schloss und Herrschaft Kasselburg. Nach dem Erlöschen des Mannsstammes dieser Linie mit Graf Dietrich VI., 1593, eilte dessen Schwager, Graf Philipp von der Mark, sowohl mehrere andere Besitzungen der Schleidenschen Linie, als auch Kasselburg in Besitz zu nehmen, welches indes später an das herzogliche Haus Aremberg abgetreten wurde, das bis zur Auflösung des Deutschen Reiches in dem Besitz geblieben ist. Bei Kirchweiler lässt man die auf Daun führende Straße auf der rechten Seite und setzt nach Dockweiler den Weg fort, welcher über einen vulkanischen, ganz vorzüglich zu Kunststraßen geeigneten Sand sich hinzieht. Zwischen Dockweiler und Oberehe, nordwestlich vom Ernstberge (2000 Fuß über der Meeresfläche8), nahe bei dem Dorfe Drees, bildet der Dreeser Weiher9, augenscheinlich der eingefallene Krater eines ausgebrannten Vulkans, eine sumpfige Wiese in einem Kessel. Am östlichen Rande dieses Weihers findet man in dem vulkanischen Sande sehr große Olivinkugeln, die oft an 30 Pfund wiegen. Sogar kristallisiert kommt hier der Olivin vor. Auch Augit wird häufig gefunden. Der würdige Pfarrer zu Dockweiler, Herr Hubert Schmitz, derselbe, der zuerst Baumschulen in der Eifel anlegte, die Impfung der Schutzblat- tern einführte und sich ein großes Verdienst um die Schulen erwarb, wird mit Vergnügen, bei seiner genauen Kenntnis der Eifel, dem Reisenden die merkwürdigsten Punkte derselben und die Fundorte seltener Mineralien und Versteinerungen angehen. Dieser durch seinen Biedersinn und seine Humanität allgemein geachtete Geistliche besitzt selbst eine sehenswerte Sammlung solcher Gegenstände und eine gute Bibliothek.10 Zu den besonderen Merkwürdigkeiten der Eifel gehört noch die treffliche Mineralquelle bei Birresborn, nahe an der Kyll. Die Kräfte dieser Quelle kommen denen des Selterswassers gleich. Überhaupt ist die Eifel reich an Mineralquellen; zu Lissingen-Gerolstein und vielen anderen Orten finden sich solche Quellen; jedoch wird das Birresborner Sauerwasser für das kräftigste und besonders wirksam gegen Magenbeschwerden gehalten. In geringer Entfernung von der Birresborner Mineralquelle am linken Ufer der Kyll liegt der Brudeldreis, eine merkwürdige Mofette11. Sie besteht aus einer 1 Vi Zoll12 tiefen und eben so breiten Aushöhlung. Bei trockenem Wetter ist kein Wasser wahrnehmbar, sobald man aber Wasser hineinschüttet, erhebt sich aus der Vertiefung ein Kochen und Brausen, wie wenn mehrere Quellen emporsprudelten. Häufig findet man Frösche, Vögel und andere Tiere, welche durch die Ausdünstung getötet, um den Rand der Vertiefung liegen. Die Eishöhle bei Roth, in welcher im Sommer, aber nicht im Winter, Eis gefunden wird, ist wahrscheinlich durch einen Steinbruch entstanden. Während des Kongresses zu Aachen im Jahre 181713 versahen sich die dortigen Zuckerbäcker von hier aus mit Eis. Auch die Gegend von Gillenfeld (1 V Meilen von Daun14) verdient besucht zu werden. Hier ist das sogenannte Pulvermaar, ein kreisrunder See auf einer Berghöhe, in einem Umfang von mehr als 6000 Fuß15, von einem schönen Buchenwald eingeschlossen. Die Tiefe wird bis zu 200 bis 350 Fuß angegeben. An mehreren Stellen soll man indes keinen Grund gefunden haben. Das helle und frische Wasser des Sees hat keinen sichtbaren Aus- und Einfluss und behält fast immer den nämlichen Stand, der aber nicht die Höhe des Randes erreicht. Eine halbe Stunde von Strohe, 3k Stunde von Gillenfeld entfernt, gegen Westen liegen drei Maare in einer Reihe, von welchen der größere, das Holzmaar, eine Oberfläche von 24 Magdeburger Morgen hat.16 Bei Immerath, nahe bei Strohe, sind zwei Maare und ein vulkanischer Schlackenberg. Das kleinere Maar ist abgelassen worden und wird jetzt als Wiese benutzt. In dem großen Maar, einem gegen 300 Fuß tiefen Kessel, liegt Immerath. Auch bei Daun17 sind drei solcher Seen, der Weinfelder-, Schalkenmehrer und Gemünder Maar. Die Oberfläche des Weinfelder Maares beträgt 63 Magdeburger Morgen, die Tiefe soll 300 Fuß betragen. Der Schalken-mehrer Maar ist nur durch einen schmalen, aus Grauwacken bestehenden Damm von dem Weinfelder Maar getrennt. Seine Oberfläche beträgt 86 Morgen; die Tiefe gegen 100 Fuß. Der Gemünder Maar scheidet ein hoher Schieferrücken von dem Weinfelder Maar. Seine Oberfläche beträgt 24 Morgen, die Tiefe an 200 Fuß18. Alle diese Maare sind, ebenso wie der Meerfelder Maar (eine Stunde südwestlich von Manderscheid) und der Weiher bei Duppach, Krater ausgebrannter Vulkane und haben für den Geologen ein hohes Interesse. Auch zeigen sich allenthalben Lavaströme.