Frauen in der Vulkaneifel

August Lorse, Waldkönigen

Arbeiten in Haus und Hof prägten seit ehedem in unserer Eifelheimat das Leben der Frauen auf dem Dorf. Rund 60 % der Familien lebten bis ins 20. Jahrhundert ganz oder überwiegend von der Landwirtschaft. Wenn es auch in unserem Ort Waldkönigen viele Handwerker gab, so führten diese meist noch einen kleinen bäuerlichen Betrieb im Nebenerwerb. Erst seit etwa 1960/1970 veränderten sich diese Strukturen und der Anteil der ausschließlich von der Landwirtschaft lebenden bäuerlichen Bevölkerung ging rapide zurück. Der Umbruch zur Industrie-und Dienstleistungsgesellschaft schlug auch auf dem Land voll durch. Durch Aussiedlung, Massentierhaltung, zunehmende Mechanisierung und die Flurbereinigung hat sich vieles verändert - in der Landschaft und Wirtschaft der Vulkaneifel, in den Dörfern und der Gesellschaft insgesamt.

Frauenarbeit war Schwerstarbeit

Bis zu diesen Veränderungen war der Arbeitsplatz der Frauen auf dem Lande - sei es als Bäuerin, Magd oder Tagelöhnerin2 - in Haus, Hof und Feld. Zur Hausarbeit gehörte neben der Erziehung der Kinder das Kochen auf dem Kohleofen, Wäschewaschen (ohne Waschmaschine!), das Bortbacken im „Backes", das Buttern und das Einmachen (zur Lebensmittelversorgung im Winter) und die nicht immer einfache Bewirtschaftung des Haus- und Gemüsegartens, der die Grundversorgung mit Lebensmitteln sicherstellte. Auch die Versorgung der Kleintiere, der Schweine und Kälber sowie zahlreiche Arbeiten auf den Wiesen und Feldern gehörten zu ihren Aufgaben. Das alleine war schon Schwerstarbeit. Doch damit nicht genug. Zusammen mit ihrem Mann, dem Bauer, versah sie viele Arbeiten auf dem Feld: die Heuernte, Aussaat, Getreide-, Kartoffel- und Rübenernte. Besonderen Belastungen waren die Frauen ausgesetzt, deren Männer in Kriegszeiten den Wehrdienst leisteten. Dann mussten die Frau- en alle Arbeiten auf dem Hof alleine bewältigen. Sie mussten pflügen, eggen, sähen und vieles mehr. Dann waren sie froh, wenn ein „Schottel Pitter", der aus Altersgründen vom Militärdienst frei gestellt war, z.B. mit seiner Mähmaschine bei der Heu- und Getreidemahd aushalf. In den letzten Kriegsjahren des 2. Weltkriegs wurden in der Region Zwangsarbeiter und französische und polnische Kriegsgefangene als Hilfskräfte auf den Höfen eingesetzt.

Waldkönigen 1952 Susanne Probst mit Butterfass - Kind Willi Lorse, Foto: Willi Lorse, Waldkönigen

Hohe Sterblichkeit der Mütter

Zeiten der Schwangerschaft und der Not ließen die Frauen frühzeitig altern. Aus den frohen und kräftigen Eifeler Mädchen wurden zu früh Frauen mit abgehärmten Gesichtern und schwieligen Händen. Nicht selten erkrankten Frauen schwer und fielen als Arbeitskräfte auf dem Hof für längere Zeit oder gar für immer aus. Infolge der schlechten ärztlichen Versorgung - z.B. bei Schwangerschaft und Geburt - und unzureichenden medizinischen Kenntnissen und Behandlungsmöglichkeiten war die Todesrate unter jungen Frauen sehr hoch. Mitte des 19. Jahrhunderts starben noch mehr als 600 Frauen pro 100.000 Geburten, heute hat sich die Sterberate auf 30 reduziert. Die älteren Kinder mussten, soweit sie hierzu imstande waren, Aufgaben in Haus, Hof, Feld und der Erziehung der jüngeren Geschwister übernehmen. Nach dem Tod einer noch jungen Frau und Mutter blieb dem Witwer meist nichts übrig als möglichst schnell wieder zu heiraten, falls nicht doch noch Verwandte oder Großeltern sich bereit fanden, einzuspringen. Eine „Liebesheirat" war dies in den wenigsten Fällen. Das nur allzu oft verklärte Zusammenleben mehrerer Generationen in den engen Wohnverhältnissen der kleinen Bauernhäuser der Eifel brachte oft hohe Reibungsverluste und Kummer und Streit. Der Generationenkonflikt verschärfte sich zusätzlich dadurch, dass die Älteren ihre Stellung im Familienverband nicht aufgeben wollten oder auch die Jüngeren nicht immer mit lauteren Mitteln die Alten beiseite schoben. Der bekannte Widerpart zwischen Schwiegermutter und Schwiegertochter („Schnur") und zwischen Schwiegervater und Schwiegersohn („Edem -Eidam") bot reichlich Stoff für Klatsch und Tratsch im Dorf.

Kindererziehung war Frauensache

Die Erziehung der Kinder lag vor Einführung der allgemeinen Schulpflicht zu Beginn des 19. Jahrhunderts überwiegend in den Händen der Frauen und Mütter. Nur knapp die Hälfte der schulreifen Kinder besuchte die freiwillige Dorfschule, die meist von pädagogisch und fachlich nicht ausgebildeten ortsansässigen Handwerkern oder bestenfalls teils vom Pfarrer vor Ort geführt wurde. Die Mütter wiesen die Kinder in das tägliche Leben ein und betrauten sie mit Aufgaben wie z.B. dem Heurufen, Rübenschneiden, Ausmisten des Stalles, Strohschneiden, Viehhüten oder dergleichen mehr. Auch die Kinder mussten zu einem erheblichen Teil zum kargen Lebensunterhalt der Familie beitragen. Die Mütter brachten ihnen auch die Ehrfrucht vor Gott und der Kirche, vor alten Leuten und die Solidarität mit Sippe und Dorf bei. Für die Jungen stand nur der Weg in der Landwirtschaft oder im Handwerk offen. Die Mädchen bereiteten sich nach der Schule auf ihre Aufgaben als Hausfrau im elterlichen Haushalt oder als Magd oder Tagelöhnerin auf einem anderen Hof vor. Die rechtliche Stellung der Frau war eher unsicher und vom Gedanken der wirtschaftlichen Absicherung geprägt, keineswegs vergleichbar mit der emanzipierten Stellung der Frauen in der heutigen Gesellschaft. Bis zur Moderne war es noch ein langer und oft steiniger Weg.

Anmerkungen
1 Nach August Lorse, Eifelheimat, 2. Auflage 2000
2 Seit Mitte des 19. Jhd. auch als Dienstmädchen in stätischen Haushalten. vgl. http://www.sophie-lange.de/heimatkunde/dienstmae-dchen-aus-der-eifel-in-staedtischen-haushal/index.php, vgl. auch Sophie Lange, Küche; Kinder, Kirche - aus dem Leben der Frauen in der Eifel, 1996.