Ein Pfälzer findet in der Eifel seine Heimat

Helmut Trapp, Gillenfeld

Bekanntlich sind die Pfälzer besonders stolz auf ihre Heimat. Schließlich hat der Dichter Paul Münch in seiner „Pälzisch Weltgeschicht" nach intensivem Forschen festgestellt, dass das Paradies in der Pfalz sei. „Ei jo! De liewe Gott, der lacht noch heit, wann er sei Palz betracht, denn vun de Schöpfungssache all ist die am beschte ausgefall.
" In diesem Paradies bin ich aufgewachsen und habe in Landau mein Studium als Lehrer absolviert. Ich war gar nicht erfreut, als mir meine erste Lehrerstelle an der einklassigen Volksschule in Immerath in der Eifel zugewiesen wurde. Immerath fand ich auf keiner Landkarte, nur die Kreisstadt Daun. In meinem Pfälzer Verwandten- und Bekanntenkreis wurden mir die schaurigsten Geschichten von der Eifel erzählt: Da sei die Welt immer noch mit Brettern zugenagelt.
Trotz allem, ich ließ mich nicht entmutigen und trat meine erste Lehrerstelle im April 1963 an. Ich fuhr mit der Bahn - dreimal durfte ich umsteigen - nach Daun und meldete mich beim Schulamt. Dort erfuhr ich, dass kein Bus nach Immerath fährt, sondern nur an der Straße nach Strotzbüsch anhält. Hier stieg ich mit meinen zwei Koffern aus und trat den Fußmarsch zu meiner ersten Stelle an. Nach kurzer Zeit hielt ein Auto neben mir. Der Fahrer fragte: „Ihr seid bestimmt der neue Schullehrer?" Nachdem ich dies bejahte, konnte ich mitfahren und eine Freundschaft begann. Eine Dienstwohnung mit sechs Zimmern über dem Klassenraum wurde mir vom Ortsbürgermeister zugewiesen. Es bestand ja noch Residenzpflicht. Zum Wohnen reichten mir zwei Räume
In Immerath konnte ich erfahren, dass ich mit großem Wohlwollen von Seiten der Kinder und Eltern, ja, von der ganzen Dorfbevölke rung aufgenommen wurde. Als Sänger trat ich bald in den Männergesangverein ein und war voll im Dorf integriert.
Durch die geplante Schulreform wurde ich ab April 1964 an die Mittelpunktschule nach Gillenfeld versetzt. Auch hier bezog ich eine Dienstwohnung in der alten Volksschule. Es war für mich eine besondere Herausforderung, mit neuen Lehr- und Lernmethoden und neuen Schulstrukturen bei der Gestaltung und Entwicklung der Hauptschule mit Schülern vom fünften bis neunten Schuljahr aus 18 Orten mitzuwirken.
Im selben Jahr lernte ich meine Frau, die als Junglehrerin nach Gillenfeld kam, kennen. Wie es sich damals für katholische Volksschullehrer gehörte, heirateten wir nach einem Jahr unter Beteiligung des ganzen Dorfes in der Pfarrkirche St. Andreas.
Neben meiner schulischen Tätigkeit betätigte ich mich in Gillenfeld in verschiedenen Vereinen. Ich trainierte zwei Jugendmannschaften, die ich in meinem Auto zu Auswärtsspielen transportierte. Zum Glück ist nie etwas passiert. In späteren Jahren engagierte ich mich im Karnevalsverein der Gillenfelder Moareulen als Sänger, später auch als Sitzungspräsident im Elferrat. Als Tenorsänger trat ich dem Kirchenchor bei.
Meine Kontakte zu den Eifelern wurden noch enger und bewusster, als ich in den Ortsgemeinde- und Verbandsgemeinderat gewählt wurde. 30 bzw. 25 Jahre konnte ich meine „neue" Heimat politisch mit gestalten. Dadurch erweiterte sich auch mein Bekannten- und Freundeskreis. Im Ortsgemeinderat fehlten mir allerdings zu Beginn gewisse sprachliche Fähigkeiten, um vor allem die Dialekt gefärbten Gillenfelder Familiennamen und auch die Flurnamen auszusprechen und zuzuordnen. Durch Unterstützung einheimischer Ratsmitglieder erweiterte ich meinen Horizont diesbezüglich aber sehr schnell. Ich lernte den „Eifelaner" zunächst als abwartenden, aber hilfsbereiten, herzlichen und zuverlässigen Menschen kennen und schätzen. Mittlerweile wohne ich 52 Jahre in Gillenfeld, lebe mit meiner Frau im Einfamilienhaus, das wir in den 70er Jahren bezogen haben. Unsere Tochter mit ihren beiden Kindern wohnt in einem zehn Kilometer entfernten Dorf. Gillenfeld ist für mich zum Lebensmittelpunkt und zur Heimat geworden und wird es auch weiter bleiben.
Das Pulvermaar ist im Sommer für mich ein wichtiger Lebensmittelpunkt geworden. Vom Beginn bis Ende der Badesaison genieße ich das Schwimmen im glasklaren Wasser des Maares.
Als Pfälzer habe ich früh bei allen möglichen geselligen Anlässen die Gillenfelder Ortshymne „Ich bin der Bub vom Pulvermaar" mitgesungen. Mittlerweile ist es mir sogar gelungen, „eingefleischte" Pälzer aus meinem Verwandten- und Freundeskreis von der Schönheit meiner „neuen" Heimat zu überzeugen.