Wiedergefundene Heimat

Erich Glöckner, Daun

Ich wurde in einer Kleinstadt (wie Daun) im Iser-Gebirge am Fuße der Tafelfichte (1122 m hoch) geboren. In meiner Erinnerung, einer rauen aber schönen Mittel-Gebirgslandschaft, mit dunklen und lichten Wäldern, mit Sauerbrunnen (Drees), rauschenden Bächen und im Sommer mit herrlich blühenden Wiesen und an den Waldrändern Brombeeren, Walderdbeeren und in den Lichtungen Heidelbeeren. Im Herbst mit Steinpilzen, Rotkappen, Birkenpilzen, Maronen, Pfifferlingen und noch vielen anderen Köstlichkeiten. Im Winter mit viel Schnee, welcher die Wälder in eine Zauberlandschaft verwandelte und der für uns Kinder auf zahlreichen Rodelbahnen für vielseitigen Rodelspaß sorgte.
Nach der Vertreibung aus dieser schönen Gebirgslandschaft, verschlug es uns an verschiedene Orte in Mecklenburg. Diese Gegend war auch reizvoll mit ihren vielen Seen und Laubwäldern. Jedoch uns fehlten die Berge. Nach der Flucht aus der DDR in den Westen, wurde uns eine Wohnung (unterm Scheunendach) in einer Agrarlandschaft, fast ohne Baum und Strauch, (heute Tagebau RheinBraun) zugewiesen. In dieser ebenen und uns trostlos erscheinenden Gegend konnte sich für uns kein Heimatgefühl entwickeln. Später zogen wir, aus beruflichen Gründen, in die Großstadt Düsseldorf. Hier stand mein berufliches Weiterkommen im Vordergrund, so dass für andere Dinge wenig Zeit blieb. Aber an den freien Wochenenden machten wir Ausflüge und Wanderungen immer in waldreiche Gegenden und oft in die Eifel. Als meine Frau, sie stammte ebenfalls aus dem Iser-Gebirge, und ich nach unserer Hochzeit einige Jahre in einem Ort zwischen Düsseldorf und Leverkusen wohnten, eingegrenzt einerseits vom Rhein andererseits von einer Autobahn und einer Bahnstrecke, konnte selbst hier, trotz guter Nachbarn und sehr guter Freunde (diese Freundschaften bestehen noch heute, nun bereits fast 50 Jahre) auch kein Heimatgefühl entstehen.Unsere Ausflüge und Wanderungen gingen deshalb weiterhin in die näheren oder auch entfernteren Mittelgebirge.
Als ich mich um eine neue Arbeitsstätte, (die Firma ging in Konkurs) umsehen musste, wollten wir aber, da wir auch mit einem Eigenheim liebäugelten, möglichst in eine uns besser ansprechende Landschaft ziehen. Jedoch musste man froh sein überhaupt Arbeit zu finden und so landeten und bauten wir am Rande von Leverkusen. Unsere Wanderungen konnten wir hier zwar oft von unserer Haustür aus ins bergige „Bergische Land" machen, jedoch zog es uns immer wieder in die Eifel, das Hohe Venn oder in die Ahrberge.
Wir haben 30 Jahre dort gewohnt, hatten gute Nachbarn, vielseitige Kontakte und haben uns nicht unwohl gefühlt. Aber so etwas wie Heimat oder ein Heimatgefühl haben wir, auch hier nach so vielen Jahren, nicht empfunden oder entwickeln können.
Als wir dann ins Rentenalter kamen, wuchs der Wunsch nach einem Ortswechsel, also in eine uns besser zusagende Gegend zu ziehen, immer mehr. Die Wahl fiel uns nicht schwer. „Die Eifel".
Da es unsere Kinder auch schon vor Jahren in die Vulkaneifel gezogen hatte, kam für uns selbstverständlich nur die Vulkaneifel in Frage. Eine Mittel-Gebirgslandschaft, genau so schön wie das Iser-Gebirge. Zusätzlich sogar noch mit etwas, was es im Iser-Gebirge nicht gab, nämlich die Maare.
Wir suchten und fanden in der Vulkaneifel ein kleines Häuschen und fühlten uns darin, und im Ort gleich sehr wohl, zumal wir auch das große Glück hatten, sehr gute, hilfsbereite und freundliche Nachbarn zu haben. Als wir uns nach einigen Monaten in unser neues Zuhause eingelebt und die herrliche nähere Umgebung ausgekundschaftet hatten, sprach meine Frau aus, (was auch ich schon lange spürte und empfand). Sie sagte:
„ Hier hab ich endlich wieder Heimat gefunden."