Die Eifel erinnert sie an ihre syrische Heimat

Die Flüchtlingsfamilie Alyonoes lebt seit einem Jahr in Gillenfeld

Brigitte Bettscheider, Kelberg-Zermüllen

„Sehr fantastisch" finden Mohamed Alyonoes und seine Familie die Unterstützung, die ihnen seit ihrer Ankunft in Gillenfeld im August 2014 zuteil wird. Die Hilfe für die muslimischen Flüchtlinge aus Syrien wird organisiert von dem Gemeindereferenten Stefan Becker von der Katholischen Pfarreiengemeinschaft und von dem vom Caritasverband Westeifel ausgebildeten Willkommenspaten Josef Mayer. Als im Sommer 2013 Bomben die halbe Stadt Qunaetir - sieben Kilometer von der syrisch-israelischen Grenze entfernt - zerstörten, verloren auch das Ehepaar Mohamed (48) und Nadya (43) Alyonoes und ihre Söhne Khirredin (16), Hamza (14), Owais (10) und Ahmed (4) ihre Lebensgrundlage. Ihr Haus lag am Boden, ebenso die Berufsschule, an der der Familienvater unterrichtet hatte. Sie flohen über den Libanon nach Ägypten, von dort im Sommer 2014 mit einem völlig überfüllten Schiff unter menschenunwürdigen Bedingungen nach Italien und mit dem Zug weiter über Frankreich nach Deutschland. Einige Wochen lebte die Familie Alyonoes in der Aufnahmeeinrichtung in Trier. Und erhielt dann die Nachricht, dass sie ein Haus in Gillenfeld in der Vulkaneifel beziehen könnten.
Ein knappes Jahr später schwärmt Mohamed Alyonoes: „Hier sind die Menschen so hilfsbereit, und die Landschaft der Eifel erinnert uns an unsere syrische Heimat." Seine Augen strahlen, als er den Bescheid mit der dreijährigen Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis zeigt. Wie der Gemeindereferent Stefan Becker und der pensionierte Verwaltungsbeamte Josef Mayer ins Spiel kamen? „Noch am Abend des Ankunftstages der Familie Alyonoes rief mich der Vermieter an und fragte, ob ich von kirchlicher Seite aus den Flüchtlingen helfen könne", erinnert sich Stefan Becker. Seine Praktikantin Franziska Bönneken beschaffte Schulranzen für Khirredin, Hamza und Owais sowie Anziehsachen aus der Caritas-Kleiderkammer in Daun. Dorfbewohner brachten Legosteine und Spiele, Fahrräder und eine Nähmaschine und was sonst eine kinderreiche Familie noch benötigt. Als Glücksfall erwies sich, dass Josef Mayer genau zu diesem Zeitpunkt vom Caritasverband Westeifel zum Willkommenspaten ernannt wurde. „Ich organisiere und übernehme Fahrten zu Behörden und zu den Integrationskursen", erklärt der Pensionär.
Mohamed und Nadya Alyonoes sind in einem Integrationskurs in Wittlich. Der älteste Sohn Khirredin absolviert in Neuerburg (Eifelkreis Bitburg-Prüm) einen Deutsch-Intensivkurs und lebt die Woche über dort im Internat. Hamza und Owais sind im Sportverein und besuchen die Gillenfelder Realschule plus. „Um den Jungen den Start zu erleichtern, haben ihnen Lehrer in ihren Freistunden Deutschunterricht gegeben", erzählt Stefan Becker. Und der vierjährige Ahmed sei in der Emmaus-Kindertagesstätte bestens aufgehoben, ergänzt er. Die Alyonoes-Kinder haben Freunde im Dorf und fahren zum Schwimmen ins benachbarte Steineberg. Ihr Vater hat einen Holzvorrat für den nächsten Winter angelegt, und er hat einen Ein-Euro-Job bei der Gemeinde. Sein größter Wunsch ist, dass er so bald wie möglich seine Familie selbst ernähren kann.
Im Januar 2015 kam sein 22-jähriger Neffe Mohammad auch nach Gillenfeld. In Syrien studierte er Maschinenbau; jetzt lernt er Deutsch in Daun und will bald möglichst eine Ausbildung im technischen Bereich beginnen. Drei Familien aus dem Alyonoes-Freun-des- und Verwandtenkreis sind inzwischen ebenfalls in Deutschland angekommen und möchten am liebsten auch in der Vulkaneifel leben - dort, wo die Landschaft sie an ihre bisherige Heimat erinnert.