Was einst unsere Vorfahren zu nutzen und zu schätzen wussten

Felicitas Schulz, Hillesheim

Viele bunte Pflanzen auf Wiesen und Wegen prangen, so Ampfer, Rainfarn, Gundermann, Silberdistel, Wilde Möhre und Thymian. Sie sind mit vielen anderen seit undenklichen Zeiten als Gemüsepflanzen und zum Heilen bekannt.
In einem Kräuterbuch aus dem Jahre 1511 ist vermerkt: „Unter allen Bäumen ist kaum einer, der den Saft im Frühling so bald an sich ziehe, als eben der Birkenbaum und solchen süßen Saft pflegen die Hirten in den Wäldern zu trinken und sich zu laben vielmals". Die Birke ist ein bewährtes Hausmittel gegen Wassersucht, Rheuma, Gicht, Blasen- und Nierensteine. Birkenzweige dienten in früheren Jahrhunderten nicht nur als Besen, sondern auch als Rute für störrische Kinder zur Züchtigung.
Die Braunelle mit ihren dunkelfarbigen Kelchen und Blüten erfuhr schon recht früh als Heilpflanze Anerkennung. Absude und Destillationen wurden besonders zum Gurgeln bei Entzündungen des Mundes und Halses empfohlen. In manchen Gegenden aß man die jungen Triebe des kleinen Lippenblütlers als Salat.
Vor der Einführung der Baumwolle wurden seit dem Mittelalter aus der Großen Brennnessel die Fasern zur Herstellung von Nesseltuch gewonnen. Gar manches Büschel dereinst mehrfach in den Suppentopf verschwand und auch zum Heilen die Pflanze Verwendung fand.

Der Dost ist eine angenehm duftende Pflanze, auch Wilder Majoran genannt, anzutreffen auf Wiesen und an Wegrändern. Ein Kräuterkissen aus frisch gepflückten und kurz abgebrühten Sprossspitzen wirkt bei Halsversteifungen wohltuend. Viele Heileigenschaften des Dosts beruhen auf seinem stimulierenden Einfluss auf das Nervensystem sowie einer schmerzlindernden Eigenschaft. Er gilt als schweiß-und harntreibend, ist magenwirksam und krampflösend. Im Mittelalter glaubte man, die Pflanzenart könne vor Teufel und Hexen schützen.
Die Esche gibt mancher Landschaft ihr typisches Gepräge. Ältere Stämme entwickeln häufig einen bräunlichen Farbkern. Nimmt diese Verkernung größere Ausmaße an, erinnert die Holzstruktur an die des nahe verwandten Ölbaumes und wird als Olivesche teuer verkauft. Die alte Wertschätzung des Baumes als Allheilmittel verdeutlicht ein Lexikon aus dem Jahre 1750, in dem es heißt, dass man sich so unglaubliche Dinge von der Esche erzählt und wenn nur die Hälfte davon wahr wäre, man bekennen müsste, in einem einzigen Baum eine ganze Apotheke zu finden. Die nahrhaften Früchte der Haselnuss sind im Herbst erntereif und dienten früher in vielerlei nützlicher Hinsicht, wie zur Linderung von Hustenreiz und zur Sättigung. Andere hielten sie, zerstoßen und mit Bärenfett gemischt, für ein gutes Haarwuchsmittel, wie Hildegard von Bingen (1098-1179) niederschreiben ließ. Der Strauch soll abwehrende Eigenschaften besitzen, denn mittels eines Haselzweiges konnte man, so alte Überlieferungen, sich Schlangen erwehren und Hexen in ihre Schranken weisen. In Mord- und Diebstahlsachen sprach man Haselruten die Fähigkeit zu, die Wahrheit zu offenbaren.

Die Kiefer ist als Überlebenskünstler bekannt und erhellte in früheren Jahrhunderten als ergiebiger Harzlieferant und Kienspan viele Stuben. Mit brennendem Kiefernpech wurden einst Bier- und Weinfässer „ausgepicht" (abgedichtet). Kiefernnadeln fanden vielfach Verwendung, aus denen ärmliche Haushalte nach einer wochenlangen Prozedur die „Waldwolle" in Kissen und Bettdecken stopften. Bei starkem Husten und Bronchitis verschaffte Kiefernsalbe als Einreibemittel auf Brust und Rücken Linderung und galt als volkstümliches Heilmittel gegen Lungenkrankheiten. Die Zapfen der Kiefer waren im Altertum aufgrund ihres Samenreichtums Sinnbild für Fruchtbarkeit und Reichtum.
Im Volksglauben befreite die Klette an Johanni die Menschen von Dämonen, und sie kamen in großer Zahl an die Wände von Viehställen, wo sie gut sichtbar aufgehängt die Tiere vor Hexerei und Unholden schützen sollten. Die nahrhaften Wurzeln wanderten früher in den Kochtopf und wurden zu Mus gekocht. Seine blutreinigenden, schweißtreibenden und entzündungshemmenden Eigenschaften waren schon im Altertum bekannt. Aus dem Samen wird zu heilkundlichen Zwecken ein fettes Öl gewonnen, welches als Klettenöl vor Haarausfall schützen soll.