Wanderbare Heimat

Diethelm Stump, Mürlenbach

Wäre Heimat nur der Geburtsort oder der Ort, in dem man aufgewachsen ist, dann würde dieser Begriff nicht mehr in die heutige mobile Gesellschaft passen, in der Kilometer zu überwinden nur eine Frage von kurzer Zeit ist. Familie und Freunde an einem Ort sind zwar einprägend schön, jedoch sollte die räumliche Umgebung mit betrachtet werden. So erklärte in den 50-er Jahren des letzten Jahrhunderts ein Eisenbahnbediensteter den Satz: „Heimat ist das Gebiet, das ich mit einer Fahrkarte für fünf Deutsche Mark erreichen kann." Bei einem Fahrpreis von 0,70 DM für zehn Kilometer und 6,80 DM für 100 Kilometer bedeutete Heimat ein Gebiet mit einem Radius von ca. 70 Kilometern um den Geburtsort. Bei näherem Betrachten - zum Beispiel von Gerolstein aus - deckt dieses so eingegrenzte Gebiet fast den kompletten moselfränkischen Sprachraum (unser Dialekt) ab. Die in den letzten Jahren neu geschaffenen Wanderrouten - Eifelsteig, Saar-Hunsrücksteig und Moselsteig, alle mit hohen Punktzahlen vom Deutschen Wanderinstitut versehen -durchqueren ungefähr diesen Raum. Ob auf dem Eifelsteig von Kornelimünster nach Trier, dem Hunsrücksteig von Perl nach Trier und anschließend bis Idar-Oberstein sowie auf dem Moselsteig von Perl nach Koblenz: überall (mit Ausnahme der Etappen des Eifelsteigs von Kornelimünster bis Blankenheim) ist eine Unterhaltung in „Platt" in Gasthöfen oder Cafés möglich. Welch eine grandiose Heimat, die an Vielfalt auf diesen Wegen kaum zu übertreffen ist! Ob pfeifende Winde auf den Eifelhöhen, urwaldähnliche Schluchten oder das mediterrane Klima an den Moselhängen: alles Heimat ohne Wenn und Aber. Fernweh kann der einheimische Wanderer leicht unterdrücken, wenn er diese zauberhafte und nie enden wollende Landschaft durchquert. Das Motto „Warum in die Ferne schweifen, denn das Gute liegt so nah" hat hier noch seine Gültigkeit. Die Eifelsteig-Etappen von Mirbach nach Hillesheim oder von Hillesheim nach Gerolstein zeigen in allen Facetten, mit welchem Wohlgefühl es sich in dieser Heimat leben, arbeiten und erholen lässt. Die Eifelsteig-Etappe von Gerolstein nach Daun eröffnet wieder neue Perspektiven und eine Fernsicht, die sich nicht hinter alpinen Aussichten verstecken muss. Ob tiefblaue Maare, blühende Ginsterhänge oder „Indian Summer" im alten Buchenwald - alles ist somit Heimat, die durch das gute Wegenetz verbunden ist und durchwandert werden kann. Trier, die älteste Stadt Deutschlands, von den Römern erbaut und Bischofsitz, ist der kulturelle Mittelpunkt des moselfränkisch sprechenden Raumes und richtigerweise in alle drei Wandersteige eingebunden. Im Landesmuseum Trier sind Fundstücke aus allen Epochen menschlichen Wirkens und dem heimatlichen Sprachraum ausgestellt oder archivarisch festgehalten. Die Vulkaneifel glänzt mit geologischen Besonderheiten, die Wanderer aus aller Welt anziehen und ehemals feuerspeiende Berge erlebbar machen. Die Premium-Wanderwege (Eifelsteig 313 Kilometer, Saar-Hunsrücksteig 223 Kilometer - ohne die im Mai 2015 dazu kommende Verlängerung - und Moselsteig 365 Kilometer) sind zusätzlich mit zertifizierten Partnerwegen ausgestattet, sodass auf heimatlichen Wan- dertouren ein noch abwechslungsreicherer Erlebnisraum abgedeckt wird. So wird das Gerolsteiner Land mit der Abteistadt Prüm und dem deutsch-belgischen Grenzgebiet durch den Schneifel-Pfad verbunden. Örtliche Wanderwege haben natürlich auch ihren Reiz, denn sie verzaubern mit ihrer Vielfältigkeit so manchen Liebhaber dieser Mittelgebirgslandschaft. Eifeler Imker nutzen Brachflächen am Moselsteig, die durch das nicht mehr Bewirtschaften von Weinberg-Parzellen entstanden sind, mit ihren Bienen-Völkern zur Honigernte. Das Anlegen von Themenwanderwegen wurde lobenswerterweise mit EU-Geldern gefördert. Der moselfränkische Sprachraum entwickelt sich immer mehr zu einem der besten Wandergebiete in der Bundesrepublik Deutschland, worauf Bewohner, die dieses Gebiet ihre Heimat nennen, stolz sein können.

Aussichtsturm Dietzenley, Gerolstein, Foto: Diethelm Stump

Tümpel am Eifelsteig zwischen Mirbach und Leudersdorf, Foto: Diethelm Stump

Kreuzweg an der Wehrkirche in Berndorf, Foto: Diethelm Stump

Auberg bei Gerolstein, Foto: Diethelm Stump

Buchenwurzel am Nerother Kopf, Foto: Diethelm Stump

Dronketurm bei Daun, Foto: Diethelm Stump