Erhard Schuffenhauer, Saxler
Saxler, eine der kleinsten Ortschaften im Vulkaneifelkreis Daun, da möchte man wie Nathanae(l1) bezüglich Nazareth fragen: „Kann aus Saxler irgendetwas Gutes kommen?"„Veni et vide!" antwortet Philippus: „Komm und Sieh!"
Die einstige Bedeutung von Saxler in kurfürstlicher Zeit wird in alten Karten deutlich. Auf der Karte2 (Ausschnitt) von Merian 1645 wird der Saxler Weiher weiter östlich von Saxler platziert, aber er ist unschwer als Saxler Weiher mit östlich angehängtem „Sack" zu erkennen.„Saxeler" = Saxler(3), wird als offenbar wichtig zu kennzeichnender Ort zwischen Daun, Ulmen und Manderscheid auf dieser Karte des Erzbistum Trier dargestellt, wahrscheinlich weil die Fische in den Weihern für die kurfürstliche Tafel bestimmt waren. Aber Glanz und Gloria, Plagen, Nöte, Fron und der einstige Reichtum, die Fischweiher, gibt es schon lange nicht mehr. Die Wendelinus Kapelle in Saxler wurde wohl vor 300 Jahren eingeweiht, wie aus dem Türbalken über dem Eingang der Kapelle zu ersehen ist. Zur Saxler Kirmes4 2016, soll dieser Geburtstag besonders gefeiert werden. Der Patronatstag des Hlg. Wendelin ist der 20.10. und der fällt 2016 auf einen Donnerstag. Als Termin der Feiern ist das Wochenende 22.-23.10.2016 vorgesehen.
Zur Entstehung des Baus der Kapelle in Saxler konnte bisher wenig Verlässliches gefunden werden. In Saxler gab es, vermutlich schon vor dem Dreißigjährigen Krieg,die beiden heute noch bestehenden Andachtshäuschen5 mit ihren Reliefs, einerseits die „Pieta" (die Mater Dolorosa, die Schmerzensmutter mit den sieben Schwertern, Maria's Herz durchbohrend) und andererseits die „Heilige Dreifaltigkeit" (Gott Vater hält die Welt [Weltkugel mit Kreuz] in seiner Linken und legt seine Rechte auf die linke Hand des Sohnes, der in seiner Rechten das Kreuz trägt; in der Mitte darüber senkt sich der Heilige Geist herab im Symbol der Taube). Abgetrennt durch die wolkige Mandorla sind unten die Apostel zu sehen: links anbetend der Evangelist Johannes und rechts Simon Petrus mit dem Himmelsschlüsse(l6).
Das Folgende ist eher eine nette Vermutung. Möglicherweise waren die
beiden Andachtshäuschen für den 1656 in Saxler geborenen Johann Florin
Borns zu wenig und er wünschte sich an seinem Geburtsort Saxler
vielleicht zusammen mit anderen Saxelaacher Bürgern eine Kapelle am Ort.
Florin Borns studierte in Trier, machte 1678 seinen Bakkalaureus und
1679 seinen Magister der Theologie. Im gleichen Jahr wurde er zum
Priester geweiht und erhielt die Pfarrei Mehren auf Vorschlag des Trierer Erzbischofs und des Kurfürsten
(Johann VIII. Hugo von Orsbeck, reg. 1676-1711) durch Thomas von
Quentel, den Offizial (seit 1664 im Amt) des Kölner Erzbischofs und
Kurfürsten (Maximilian Heinrich von Bayern, reg. 1650-1688) in Bonn7. Am 13.06.1695 wird er autorisiert, am gleichen Tag sowohl in Mehren
als auch in Weinfeld die Messe zu lesen. Zur Pfarrei Weinfeld (-
Schalkenmehren) gehörte als Filialgemeinde bis 1803 u.a. auch Saxler.
1716 wird die St. Wendelin Kapelle eingeweiht. Vermutlich war auch der
Priester M. Johann Florin Borns in Saxler bei der Einweihung der Kapelle
zugegen. 1728 tritt er in den Ruhestand, sein Grab befindet sich auf
dem Friedhof bei der Weinfelder Kapelle. Außer Pfarrer M. Joh. Florin Borns könnten die damals in Saxler
lebenden Familien an der Einweihung teilgenommen haben. (Familien
(Rekonstruktion) in Saxler8 um 1716 zur Einweihung der Kapelle (ca. 85
Personen) (xP) = Anzahl nachweisbarer Personen im Haushalt) Nikolaus ANNEN, (6P), Johann BONDI [Italiener], auch Bonde(9), (6P), Gerhard BONGART (4P), Johann Florian, Kaspar und Johann Matthias BORN [auch Borns, Borens, Berens, Borrens, Borenß, Bors oder Borsch](8P), Martin und Johann Adam GRAFFORST [auch Krafurst, Crafirst,
Crafurst], (3P), Philipp GROSS, (3P), Leonhard und Paul HAMMES [auch
Harnes, Hamers, Hermes] (3P), Apollonia, T.d. Leonhard KEMMER
(Kirchenschöffe, + 1710), (1P), Johann Adam KOMES, (3P), Johann MEURER,
[auch Maurer, Maurer, Meurs], Synodaler, (7P), Johann Peter MUCK, [auch
Much, Mück], Synodaler, j (7P), Johann MÜLLER (2P), Johann REICHERTZ,
[ab 1713 gen. Müller auf \ der Saxler Mühle], (5P), Josef SCHNEIDER,
(4P), Kaspar und Theodor WEBER, (10P), Kaspar WEIERSBACH, [auch
Weißbach, Weissbaag, vermutlich identisch mit Kaspar MÜLLER bzw. MOLITOR
ursprünglich von der Saxler Mühle], (8P), Philipp WELSCH, (5P). Diese Familien lebten auf den drei, vermutlich burgähnlich mit Mauern umgebenen Höfen10 in Saxler und der Saxler Mühle(11).
Saxler Kapelle vor etwa 100(15) Jahren und vor etwa 50 Jahren.
St Wendelinus wird der Schutzpatron der Saxler Kapelle(12)
Der Heilige Wendelin (Wendelinus, Wendel) soll nach einer Legende um
das Jahr 555 als Königssohn in Schottland geboren und 617 in Tholey
gestorben sein. Er wurde in „Basenvillare13" dem späteren St.Wendel
begraben.Auf einer Pilgerreise nach Rom sei er aber nur bis Trier gekommen und soll zu Zeiten des I Trierer Bischof Mangerich (566-597) gelebt haben und sei danach zum Abt im Kloster Tholey
gewählt worden. Unter den rund 1.500 St. Wendelin Patrozinien sind etwa
500 Kapellen. Der Patronatstag wird im Oktober, hauptsächlich am
20./21./22.10. gefeiert. In Saxler wird meist am 2. Oktoberwochenende
Kirmes5 (Kirchweihfest) gefeiert.Der Heilige Wendelin gilt als Patron der Hirten, Herden,
Schäfer und Bauern und wird mit der Hirtenschaufel, zu seinen Füßen ein
Schaf, dargestellt
Wiedereinweihung 1984
Die St. Wendelinus Kapelle
Die Kapelle selbst ist ein schlichter Bau von etwa 9 m Länge (mit
Apsis), knapp 6 m Breite und einer Turmhöhe mit gold -glänzendem Hahn
von etwa 13,50 m. 1983 nahm man eine Renovierung(14) in Angriff. Im Mai
veranstaltete die Freiwillige Feuerwehr Saxler ein Fest mit Tombola für
die Renovierungsarbeiten, außerdem wurde ein Sparschwein aufgestellt.
Tombola und Sparschwein ergaben einen Erlös von 801,20 DM. Nun konnte
auch die Decke der Kapelle in ihrem ursprünglichen Zustand
wiederhergestellt und nicht nur übertüncht werden. Am 13. und 14.10.1984
konnte die renovierte Kapelle wieder eingeweiht werden. Im Inneren
findet sich ein sehenswerter Altar mit dem Schutzpatron obenauf mit dem
Hirtenstab und einem Schäflein zu seinen Füßen zwischen den „Hörnern des
Altars(16)", begleitet unten rechts und links mit Statuen von St.
Nikolaus und St. Nepomuk. In der Mitte in einer halbrunden Nische von
goldenen Strahlen umgeben, Maria, die Muttergottes,mit einem Zepter in der Rechten und den Erlöser in der Linken. Darüber
ein Emblem mit den Buchstaben: „M(A) R" Maria Regina (=Maria (Himmels-)
Königin), rechts und links je eine schlangenförmig umwundene Säule,
getragen von je einem Engel über deren Kapitell je der Kopf eines Engels
schwebt, inmitten davor Christus am Kreuz.
Die Bauern - Kirchenbänke
Eine Besonderheit in der Kapelle sind die Kirchenbänke. Die Saxler Kapelle hat im Gegensatz zu fast allen Kirchen und Kapellen im Umkreis ihr Äußeres in 300 Jahren kaum verändert, so finden sich auch im Inneren die unveränderten Kirchenbänke. Das ist einzigartig in der Region.Die Glocken der St. Wendelinus Kapelle Die Kapelle St. Wendelin hat zwei Glocken, eine kleinere, ältere eiserne Glocke, die mit Seil per Hand zu läuten ist, und eine neuere von 1968, dem Heiligen Donatus geweihte Glocke, welche elektromechanisch zeitgesteuert betrieben wird. Gegossen wurde sie von der Glockengießerei August Mark in Brockscheid. Die „Donatus" läutet regelmäßig früh um 7:00, um 12:00 und um 19:00 Uhr.
S. DONATE ORA PRO NOBIS
„Heiliger Donatus(17) bitte für uns"
St. Donatus (von Münstereifel)
Er wurde in Rom ca. 140 AD geboren und starb ebd. vor 180 AD. Er war nach der christlichen Überlieferung im Krieg(18) gegen die Markomannen (172 AD) zu Zeiten des Kaiser Marcus Aurelius Heerführer der 12. Legion [Legio XII Fulminata]. Bei großer Trockenheit waren die Soldaten kurz davor zu verdursten. Nach der Bitte von D. und anderer christlicher Soldaten um Regen zog ein Unwetter mit Blitz, Donner und Wolkenbrüchen auf, welches das Lager der Markomannen zerstörte. Nach diesem Regenwunder soll Donatus Ehelosigkeit gelobt haben. Aber sein Gebet zu dem Christengott blieb wohl nicht verborgen, so dass er wegen Missachtung der römischen Götter zum Tode verurteilt wurde. Auch der Kaiser selbst hatte gebetet und glaubte, dass die römischen Götter seine Gebete erhört hätten. Donatus wurde schließlich in den Katakom-ben der Hlg. Agnes in Rom beigesetzt. 1646 wurde das Grab geöffnet und die Reliquien der Jesuitenkirche in Münstereifel geschenkt. Beim Lesen der Messe in Euskirchen schlug der Blitz beim Schlusssegen ein - Altar und der Jesuitenpater, namens Heerde, standen in Flammen. In größter Not rief der Pater den Hlg. Donatus um Hilfe an, die Schmerzen der Verbrennungen ließen nach und der Pater konnte noch nach Münstereifel den Reliquien nachreisen. Dieses Wunder führte insbesondere in der Eifel zu seiner Verehrung. Er gilt als Patron gegen Unwetter, Blitzschlag, Hagel und Feuersbrunst.
Die Kapelle - ein Hindernis?
Vielen, die mit ihren Fahrzeugen gern durch Saxler sausen, steht die Kapelle buchstäblich im Wege. Zwei Fahrzeuge dürfen sich an diesem „Nadelöhr" nicht begegnen.
Traktoren, LKW oder Busse müssen sich oft einigen, wem die Vorfahrt
eingeräumt wird, darauf achtend, dass weder Fahrzeug noch Kapelle
beschädigt wird. Man sollte sich nicht darüber ärgern und nur versuchen
unbeschadet vorbei zu fahren, denn die Kapelle lädt ein, zu entspannen, Hektik und Frust, den Stress des
Alltags zu vergessen und sich auf Wesentliches zu besinnen. Wie wäre esmit dem Mann am Kreuz?
Kann aus Saxler etwas Gutes kommen? Komm und sieh!
Anmerkungen
1 Johannes Evangelium Kap. 1, Vers 46; (Hieronymus Vulgata, BWS Pro 4)
2 J. Schramm: Die Eifel - Land der Maare und Vulkane - 1964
Burkhard-Verlag E.Heyer, Essen; zweites Vorsatzblatt: Archiepis-copatus
Trevirensis (1645) in Matth. Merian Topographia Germania, Ausschnitt
3 In Urkunden des 18. Jahrhunderts wird meist der Ortsname
„Sa-xeler" genannt, aber auch u.a. Sacslar (1235), Saxeller (1281),
Sa-ckeslare (1286), Saxlair (1414 [mit Dehnungs- „i" d.h. gesprochen
„Sagslahr"])
4 gewöhnlich wird, wegen terminlicher Überschneidungen mit
anderen Gemeinden, in Saxler am 2. Wochenende im Oktober Kirchweihfest
gefeiert und nicht am Patronatstag selbst.
5 diese Reliefs wurden in den 8o-er Jahren restauriert und zum besseren Erhalt hinterlüftet in den „Häuschen" aufgestellt.
6 Matth. Kap. 16, Vers 19
7 Hierzu ist zu bemerken, dass das Dekanat Daun, zu dem Mehren
gehörte, „zwei Herren dienen" musste. Einerseits unterstand es
seelsorgerlich dem Erzbischof in Trier, andrerseits aber in
kirchenrechtlicher Hinsicht dem Erzbischof von Köln (bis 1803). Der
Erzbischof von Köln jedoch hatte seit der verlorenen Schlacht bei
Worringen im Jahr 1288 in Köln selbst kein Residenzrecht mehr, er
residierte in Brühl oder Bonn. So amtierte der Offizial des Kölner
Erzbischofs eben in dieser Zeit in Bonn.
8 Nach A.Mayer Familienbuch der Pfarrei St. Martin in
Schalkenmehren - Weinfeld (1699-1899) Veröffentlichungen der
Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde e. V. (WGfK), Sitz Köln
2011, Bd. 270, sowie Familienbuch Mehren - desgl. Bd. 268, hierin finden
sich auch die vorg. biographischen Angaben zu Pfarrer Florin Borns
9 Die Schreibweise der Familiennamen ist in dieser Zeit noch
nicht standesamtlich festgeschrieben und kann stark variieren, man
schreibt, was man gesprochen zu hören meint.
10 In einer Archivalie vom Mai 1794 [Kurköln XII Officialat 88]
werden genannt der Brücker- und der Grafenhof (beide zehntpflichtig an
die erzbischöfliche Kellerei in Daun) sowie das Hofgut Saxler
(zehntfrei).
11 Neubau von 1551 (heutiges Fenstersims mit Wappen des Trierer
Erzbischofs, Johann V. von Isenburg, reg. 1547 - 1556) 12 Bilder, soweit
nichts Anderes vermerkt vom Autor 13 ursprünglich Basonisvillare nach
<www.sankt-wendelinus.de/ index.php?id=9> sowie
<de.wikipedia.org/wiki/Wendelin> 14 nach handschriftlicher Notiz
von Alt - Orts - Bürgermeister Helmut Hartmann im Album Hartmann
15 Der Dank gilt allen, die freundlicherweise Bilder überlassen haben.
16 Siehe Psalm 118, 27: Der HERR ist Gott, der uns erleuchtet.Schmückt das Fest mit Maien bis an die Hörner des Altars!
17 „Donate"ist im Lateinischen der 6. Fall, der Vokativ, der „Anredefall", von
Donatus, wie auch „Christe eleison" = Christus erbarme
Dich!
18 erster Markomannenkrieg an der unteren Donau 166 - 175 AD,
Gegenoffensive 172 AD von Vindobona (nahe Wien) aus nach Norden in
Richtung Elbe.